25.11.2018
So, morgen geht es los. Ich habe mich die ganze letzte Zeit so drauf gefreut, nun aber ist schon fast der Tag da – und irgendwie Neuseeland weit weg. Aber das wird sich spätestens am Dienstag Abend geben, denn dann sind wir am Flugplatz und bald darauf in der Luft. Ich bin gespannt, wie es sein wird, was für ein Auto wir finden und welche Erlebnisse wir haben werden.
Ich werde über das Land, über die Leute und vor allem über uns schreiben. und Euch Bilder hineinstellen, damit Ihr ein wenig mitreisen könnt!
27. November 2018
Genau drei Jahre nach meiner ersten Neuseeland-Tour sitze ich nun wieder am Gate und warte auf dem Abflug und wieder hole ich mein iPad raus,um schon mal mit dem Schreiben anzufangen. Bernd sitzt neben mir, liest gelangweilt ein Buch auf seinem iPhone, ich versuche, meine Aufregung in Schacht zu halten. Fliegen wird wohl nie meine Leidenschaft, aber ich wäre Schonfrist, wenn ich nicht das Gefühl hätte, die Welt geht unter und ich kann nichts machen. Hey, ich fliege FREIWILLIG in den Urlaub, nur hab ich das Gefühl leider gar nicht. Egal, mein Kopf weiß es besser und so beruhige ich mich ein wenig mit Schreiben – ein kleiner Jahresrückblick…
Das Jahr 2018 war/ist unglaublich aufregend:
Bernd beschloss Mitte des Jahres, den festen Job bei HamburgWasser aufzugeben und sich selbständig zu machen. Nach diesem Beschluss hatte ich einen entspannten Mann zu Hause – sehr angenehm! Wir genossen die Zeit im Garten, mit Planungen und dann entstand außerdem der Gedanke, dass wir doch in der Zeit zwischen Ende des Arbeitsverhältnisses und dem Neuanfang mit der Selbständigkeit einen großen Urlaub in Neuseeland einlegen könnten.
Den Sommer genossen wir noch zusätzlich mit einem nicht ganz so langem, schönen Urlaub in Österreich und Freiburg- dorthin „flüchteten wir vor dem vielen Regen in den Bergen. Unsere Jungs studierten inzwischen und zurzeit immer noch beide in Montreal. Beide wollten ein Auslandssemester einlegen, Sven zwei und Björn eines. Sven suchte nach der für ihn besten Uni, Björn wollte gerne seine Französisch-Kenntnisse erweitern. Und so landeten sie beide in Kanada. Weihnachten sind sie also beide sowieso nicht zu Hause…
Nun hieß es, in Hamburg die Wohnung aufzulösen, diverse Sachen in Worpswede unterzubringen, alles mögliche sortieren und nebenbei noch arbeiten. Die letzten Monaten waren intensiv und vergingen schnell.
An den letzten Wochenenden bekamen wir häufig Besuch unserer neuen Freunde – wir haben neue Nachbarn bekommen mit 5 Kindern im Alter von 6, 3 und 1 (sechs- und einjährige Zwillinge) die wir auf Anhieb alle sehr lieb gewonnen haben. Die drei älteren der Kinder besuchen uns gerne und wir genießen es! Sie sind auch wirklich zum Fressen! (@Rabea- nun ist es öffentlich….)
Und nun öffnet das Gate und bin dank des Schreibens wieder entspannter…. bald geht’s weiter….
29. November 2018
Den 28. November haben wir durch die Fliegerei und Zeitverschiebung völlig übersprungen…. nun ist hier also schon Donnerstag, ich sitze in Melbourne und warte auf den letzten Flug. Und schon wieder erhoffe ich mir durch die Schreiberei neue Kraft – ich bin nach den letzten beiden Flügen echt erschöpft. Dabei waren die wirklich prima, also objektiv gesehen. Nicht Silke-mäßig, die einfach immer mal wieder bei normalen Turbulenzen plötzlich Angst hat, dass das Flugzeug auseinander brach oder sonst was. Genau kann ich das gar nicht sagen, es hat eben nicht wirklich mit der Fliegerei zu tun. Dazu gibt es später noch genauere Informationen, es ist ja nicht so, dass ich nicht darüber nachgedacht habe.
Auf jeden Fall habe ich es gut gemeistert. mir wurde gleich am Anfang bewusst, dass von Emirates noch keine Maschine abgestürzt ist. Und das konnte dann gut anwenden! Den zweite Flug, immerhin 14 Stunden am Stück, ging ich ganz ruhig an, das hielt auch ein paar Stunden, aber dann war meine Kraft einfach nicht mehr da und ein bis zwei Panikattacken kamen doch. Aber- ich will ja nicht zu viel erwarten…. ich konnte mich trotzdem immer wieder entspannen, langweilen und manchmal auch lesen. Meine liebe Freundin Birgit begleitete mich auf dem Flugmonitor, und als ich oben dann auch WLAN hatte, und mit ihr schrieb, fühle ich mich sofort sicherer. Was die Psyche doch ausmacht… bei Silke…. Die ja auch glaubt, wenn die Flugbegleiter ihr versichern, Bescheid zu sagen, dann was nicht in Ordnung wäre, und dann schlafen kann….
Das Wegfahren aus Worpswede fiel mir dieses Mal extrem schwer! Und habe ich doch vor 10 Jahren noch gedacht, irgendwann auch noch einen Neuanfang zu starten, irgendwo in der Welt, ist das schon lange kein Thema mehr, weder für mich noch für Bernd, was die Sache vereinfacht! Dass das Dorf durch so viele Neubauten zunehmend verschandelt wird, ist zwar blöd, aber es zählt das, wenn ich an die vielen tollen Menschen denke, die in meiner Wahlheimat leben -und mir mein Leben bereichern! Ganz zu schweigen von unserer Moorrübe! Nicht nur Bioladen, das wäre schon cool, nein – auch Treffpunkt für einen kurzen oder auch längeren Plausch interessanter, offener Menschen.
Das muss doch mal gesagt werden. So konnten wir auch erst nach einem finalen Kaffee uns auf diesen Weg ans andere Ende der Welt machen.
So, der nächste Eintrag kommt nun wirklich aus Neuseeland!
29. November 2018: We arrived in Christchurch
In Melbourne warteten wir auf unseren Flug, als wir plötzlich in einer Durchsage unseren Namen vermuteten. Da er englisch ausgesprochen wurde und wir den ganzen Kontext nicht verstanden, abgesehen davon, es auch nicht glauben zu können, gingen wir sehr zweifelnd zum Schalter und erfuhren, dass wir noch nicht richtig eingecheckt waren. Die Boardkarten hatten wir aber schon in Hamburg bekommen. Egal, die Leute waren super freundlich und schon bald darauf waren wir an der wesentlich kleineren Maschine (die anderen beidenMaschinen waren A-380 er, richtig groß auf zwei Stockwerken). Meine Nerven waren nach der ganzen Fliegerei sowieso auf einem recht niedrigen Level und als der Steward mir dann noch antwortete, dass wir größere Turbulenzen zu erwarten hätten, war ich kurz davor, wieder auszusteigen. Was nützt mir das Wissen, dass es völlig sicher ist und nie ein Flugzeug durch Turbulenzen vom Himmel gekommen ist, wenn ich trotzdem drei Stunden Panik habe. Ich griff auf das einfachere Mittel zurück – und nahm eine “Scheiß-egal”-Pille, eine Valium. Nun fühlte ich mic him wahrsten Sinne todesmutig- und es kamen nur kleine Turbulenzen. Trotzdem war ich froh, sie genommen zu haben, ich konnte richtig entspannen und war bei der Ankunft gar nicht so ko.
Achtung, hier wird’s persönlich…
Diejenigen, die mich nicht so gut kennen und den letzten Blog nicht verfolgt haben, wundern sich wahrscheinlich, welche große Rolle das Fliegen spielt und wie viele Worte ich darum mache.
Ängste und Paniken spielten schon in meinem ganzen Leben eine große Rolle – alles darüber hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen und hätte damals in der Schule ein “Thema verfehlt” erhalten. Es geht schließlich um Neuseeland. Aber in meinem Leben geht es eben auch immer um meine persönliche Weiterentwicklung und dazu gehören meine Paniken.
Vor meiner letzten Neuseeland-Reise hatte ich eine Hypnose gegen die Flugangst gemacht. Es war mir schon lange klar, dass ich als Kind Dinge erlebt habe, die ich nicht verarbeiten konnte – über-sensibel wie ich bin. Dazu gehören Nierenbeckenentzündungen mit sehr hohem Fieber, mehrere Krankenhausaufenthalte, bei denen meine Mutter nicht dabei sein durfte, jedenfalls nicht so viel, wie ich sie brauchte (also immer), Untersuchungen, die schmerzhaft und zum Teil schamhaft waren – einfach viele Momente, in denen ich mich ausgeliefert und ohnmächtig gefühlt habe. Meine Eltern kamen so oft es ihnen möglich war, und sie machten wirklich viel möglich! Auch wenn zuhause noch meine Geschwister versorgt werden mussten, besuchte einer mich täglich kurz, meist meine Mutter, obwohl es verboten war – Besuchszeiten waren zwei mal eine Stunde in der Woche. Für die Schwestern und Putzfrauen gab es immer wieder selbst gebackenen Kuchen und Kaffee, damit die Tochter jedenfalls ein paar Minuten besucht werden konnte! Trotzdem reichte diese Zeit natürlich nicht, ich wollte nach Hause, wollte da nicht sein, hatte Heimweh und so viel Angst vor allem was auf mich zukam. Und das war viel – Blutentnahmen, Katheter-Wechsel, Röntgen, Fäden-ziehen (für mich fast so schlimm wie die OP, in der Vorstellung jedenfalls vorher…).
Ausgeliefert zu sein – das scheint der ausschlaggebende Grund für die Angst vor dem Fliegen zu sein. Ich kann nicht einfach gehen, wenn ich Angst habe, wenn mir etwas komisch vorkommt. Mein Kopf weiß natürlich, dass die Idee da oben in 12000km Höhe auszusteigen auch nicht wirklich gut wäre, aber der erreicht meinen Bauch, mein Unterbewusstsein, nicht. Im Flieger wurde mir das noch mal richtig bewusst – ich sah das kleine Mädchen, das ich damals war, wieder im Krankenhausbett, nüchtern und darauf wartend, zur OP abgeholt zu werden. Dann kam eine (bestimmt nette) Schwester, die mir eine Beruhigungsspritze gab, die so gar nicht half und mich kurze Zeit später dann mit dem Bett zum OP-Saal schob. Ich erinnere einfach zu gut, wie ich am liebsten rausgesprungen wäre, welche unglaublichen Ängste ich hatte- doch ich konnte nicht weg. Im OP wurde ich dann auf den OP-Tisch gelegt und an den Armen angeschnallt. Nun war ich auch noch festgebunden- ich glaube, jeder kann sich vorstellen, dass das Narben hinterlässt. Nur scheint das Wissen darüber nicht auszureichen, das erreicht das Unterbewusstsein nicht. Zum Glück habe ich in der Nähe von Worpswede eine Therapeutin, mit der ich auch schon einmal EMDR gemacht habe, eine Form, direkter ans “Weggepackte” zu kommen, und das werde ich auch weitermachen. Das eine Mal war zwar hilfreich, aber offenbar noch nicht genug.
So, das war der Ausflug in die Kindheit.
Wir landen also wohlbehalten in Christchurch. Am Flugplatz muss jeder genau angeben, was er/sie an Outdoorsachen mit hat und natürlich kommen wir in die Spur derjenigen, die ihre Sachen vorzeigen müssen. Ein Zelt kann immerhin diverse Sporen etc. an sich haben, die Neuseeland nicht haben möchte!
Ein älterer Mann, bei dem wir an der Reihe sind, fragt nur, wo das Zelt zuletzt benutzt wurde, und bei meiner Antwort “here in New Zealand three years ago” freut er sich und schickt uns zum Ausgang.
Dort werden wir bereits erwartet: bei meiner letzten Reise hier lernte ich ein sehr nettes Ehepaar kennen, die mich einluden, sie in Christchurch zu besuchen, sobald ich in der Stadt sei auf meinem Rückweg. Kennen lernte ich sie in Te Anau. Das tat ich auch und war fasziniert von der Gastfreundschaft. “Fühl dich wie zuhause “ war keine Floskel, sondern ein Befehl. Beim Abschied damals hoffte ich schon, mit Bernd eines Tages herfahren zu können und es war klar, dass wir uns dann Wiedersehen würden.
Als ich ihr dann mitteilte, dass wir kämen, fragte sie sofort, wann wir landen würden, sie würde uns abholen.
Und da steht sie nun, glücklich uns zu empfangen und bringt uns zu sich. Es ist ein bisschen wie “nach Hause” kommen, so selbstverständlich weist sie Bernd ein! Zeigt ihm, wo er was findet. Und auch fühlt sich hier frei und wohl. Mit ihrem Mann essen wir gemeinsam am Abend, unterhalten uns angeregt, wobei mir viele Worte nicht einfallen. Mein Gehirn fühlt sich an wie Kaugummi, ich bin einfach müde, welch Wunder… und um acht liegen wir glücklich in unserem Bett.
Es war schon vorher klar, dass Iarene und Bob am nächsten Morgen für zwei Tage wegfahren würden und wir allein im Haus sein würden. Aber dass sie uns auch noch das Auto überlassen, so ganz selbstverständlich, ist schon der Wahnsinn!
So, morgen schreibe ich über heute – denn ein Auto haben wir bereits heute erstanden. Nur – ich bin müde und gehe nun in die Waagerechte…
30.11.2018
Ich schlafe nahezu wie eine Tote in dieser Nacht und bin die erste Stunde nach dem Aufstehen auch ausgeschlafen. Danach hätte ich mich gleich wieder hinlegen können – aber wir wollen auf Autosuche gehen. Bernd meint – zu Recht- dass ich ja nun mehr Erfahrung mit dem Linksverkehr habe und so setze ich mich ans Steuer. DieMüdigkeit ist verflogen bei so viel Konzentration, auf der richtigen Seite zu bleiben und nicht immer Angst zu haben, dass einem gleich ein Auto entgegenkommt. Bobs Wagen piept in einer Tour, wir wissen nicht warum. Schon beim Zünden piept es, als befänden wir uns im Raumschiff enterprise – ich werde morgen abend mir genau erklären lassen, was das Auto mir sagen wollte.
Zunächst kaufen wir uns in einem großen Einkaufszentrum neue SIM-Karten, damit wir regelmäßig mobile Daten haben. Ich hatte schon beschlossen, mit dem gleichen Anbieter wie beim letzten Mal zu bleiben und so war das ganze schnell gemacht. Während eines ausgiebigen Kaffees nahm ich Kontakt mit mehreren Auto-Anbietern aus einer dafür gegründeten Facebook-Gruppe auf und verabredete mehrere Termine.
Schon der erste überzeugte uns – insbesondere weil er von einem Holländischen Paar verkauft wurde, die ersten sehr sympathisch und zweitens vertrauenserweckend aussahen. Außerdem mögen wir Holländer!
Der Wagen ist voll ausgestattet – die beiden fliegen weiter nach Thailand und können dementsprechend nicht viel mitnehmen. Decken, Kissen, Kochplatten – ach, Ihr werdet Bilder bekommen!
und nun sind sie fertig:
Heute Mittag treffen wir uns, um die Übernahme zu machen – einen gemeinsamen Gang zur Post und ein oder zwei Formulare ausfüllen. Das wars.
Anschließend guckten wir uns ein wenig in der Innenstadt von Christchurch um – es hat sich so viel getan in den drei Jahren. Eine neue Innenstadt ist entstanden, die Container sind verschwunden. Die Kathedrale ist nach wie vor unangetastet – es ist immer noch keine Entscheidung gefallen, sie abzureissen oder wieder aufzubauen. Neben ihr ist eine wunderschöne Bibliothek entstanden, vier Stockwerke hoch. Oben hat man die Möglichkeit, auf eine Art Terrasse zu gehen und hat einen wunderschönen Blick auf die Kathedrale – bzw. was noch übrig ist.
Anschließend fahren wir nur noch ins Haus, machen uns etwas zu essen und einen kurzen ruhigen Abend — wir sind todmüde!