Donnerstag, 10.12.2015:
Eine lange Route
Früh im Bett, also auch früh wach: um 6:30 stehe ich auf und bin eine Stunde später abmarschbereit. Der Haferbrei schmeckt schon wieder langweilig, bringt mich aber gut durch den Tag.
Ich freue mich, dass nach 4 km ein größerer Campingplatz kommt, da gibt es Trinkwasser – und Wasserklosetts! Das Pumpsklo auf meinem kleinen Platz war so schrecklich, dass ich glücklich war, beim Chor volle Bauchatmung mit langsamer Ausatmung trainiert zu haben… (Für Chor-Insider: Die f-s-sch habe ich weggelassen)
Es geht weiter und weiter. Der Rucksack ist schwer, meine Beine sind müde, aber die Aussichten entschädigen mich immer wieder! Gedanken kommen, bleiben ein wenig, gehen wieder. Das Vertrauen wächst stetig – auch nach dieser Steigung geht es wieder runter! Was ebenfalls nicht unanstrengend ist, aber besser als hoch!
Den Spanier treffe ich auch bald wieder, ziehe aber heute das Allein-Laufen dem Smalltalk vor.
Insgesamt lege ich eine Strecke von ca. 20,5 km zurück. Der letzte Kilometer ist der Schlimmste: 700 m steil bergauf in praller Sonne, 500 m steil bergab, aber im Schatten. Selbst bergab-Laufen ist grausam, meine Beine wollen einfach nicht mehr.
Cleopatra- Pool – ein kleiner Abstecher auf der Wanderung
Ich hatte mir für diese Nacht wieder einen kleinen Platz ausgesucht, max. 10 Zelte haben Platz, davon 7 direkt am Strand. Versteckt, abgelegen, superschön. Nur – ich bin da ganz alleine. Gut, wieder eine neue Erfahrung, werde ich auch packen. Allein der Gedanke, den letzten Kilometer zurück zu einem großen Campground zu wandern, macht mich höchst mutig! Nach ca. einer Stunde kommen jedoch noch drei weitere Zelte mit jungen Leuten dazu. Zur Abwechslung gibt es heute Nudeln ohne Käse.
Um mich ein wenig abzukühlen, gehe ich im Pazifik mit den Beinen auf und ab und sehe einen großen schwarzen Stein im Wasser. Ich will näher rangehen – da bewegt er sich. Es ist ein Stachelrochen, er schwimmt an dieser kleinen Bucht auf und ab. Irre, so etwas in der freien Natur zu beobachten. Ich hole die anderen dazu. Der Rochen steckt zur Warnung den Stachel immer wieder nach oben, kommt eher näher als dass er flüchtet. Es ist beeindruckend!
An der Bucht
Morgen geht es nun auf den letzten Teil des Tracks, 12,5 km warten auf mich – und dann noch 200 m bis zum Café und Pizza o.Ä.!
Freitag, 11.12.2015:
Am Ziel- HURRA!!!!!
Ich hab’s geschafft!!! 12,5 km am Stück mit einer Viertelstunde Pause zwischendurch. Stolz, Stolz, Stolz! Eigentlich hätte am Ende des Weges ein Empfangskomitee stehen müssen, wie nach einem Marathonlauf. Ich bin zwar noch nie einen gelaufen – aber so muss es sein. Total am Ende, aber so stolz!
Direkt neben dem Ankunftspunkt ist ein nettes alternatives Café, da mache ich erst einmal Rast. Ein alkoholfreies Bier (aus Deutschland ) und eine Quiche – das habe ich mir verdient!
Gestern Abend im Zelt werde ich ziemlich mutlos. Ich lege mich bereits um halb 8 hin, kann aber nicht schlafen. Meine Beine sind von der Anstrengung zu angespannt, ich komme nicht zur Ruhe, selbst autogenes Training hilft nicht. Der Lärm der anderen stört mich auch noch. Dann bekomme ich zusätzlich Kopfschmerzen. Ich fühle mich am Ende meiner Kräfte, möchte schlafen, kann nicht. Wie soll ich das morgen schaffen? Ich beschließe schnell, eine Tablette gegen eine aufsteigende Migräne zu nehmen, und sie hilft sofort. Inzwischen ist es dunkel und die anderen sind auch in ihre Zelte verschwunden. Es wird endlich ruhig. Ich freue mich, nun schlafen zu können, drehe mich in meine Schlafposition atme zweimal durch – und habe mich zu früh gefreut! Plötzlich sind da neue Stimmen, Taschenlampen blitzen auf – was ist denn da los? Anders als früher, bekomme ich keine Angst (wieder vermerke ich einen dicken Pluspunkt auf meinem Gelassenheits-Wachstumskonto!), kapiere schnell, dass noch Wanderer angekommen sind, die einen Platz für ihr Zelt suchen. Wie sind die im Dunkeln den Berg runtergekommen??
Sie schlagen ihr Zelt am Strand auf, einen anderen Platz gibt es eh nicht – und schnacken und schnacken und hören gar nicht wieder auf. Wieder ein Typ, der seine Worte des Monats in dieser Nacht verbrauchen will. Ich bin genervt, finde Ohrenstöpsel im Rucksack, frage mich aber mal wieder, für wen die eigentlich erfunden worden sind. Ohne mir die Ohren zuzuhalten, bleiben die nicht drin – und wozu brauche ich dann Stöpsel? Ich drehe mich auf den Bauch, dann ist schon mal ein Ohr dicht, auf das andere lege ich meine Hand, und so schlafe ich gegen halb eins ein.
Morgens geht es mir gut, mein Kopf ist klar, meine Energie ist nahezu wieder da und reicht auf jeden Fall aus, um den letzten Teil anzugehen. Ich stehe um 7:00 Uhr auf. Während ich warte, dass das Wasser kocht, packe ich ohne Eile alles zusammen, frühstücke dann meine obligatorischen Haferflocken und mache mich auf den Weg. Vorher noch kurz mit dem einen Nachtankömmling geredet: „I hope, we weren’t too loud last night.“ Nö, nö, schon okay. Ist ja eh nur rhetorisch, aber er ist ein netter Kerl aus Neuseeland, leicht abgedreht. Lange möchte ich nicht schnacken, ich ziehe los. Habe mir vorgenommen, mehr Pausen einzulegen, gestern waren es einfach zu wenig.
Doch dann erweist sich der Weg nach dem anfänglichen Anstieg, der mir ja bewusst ist und morgens viel einfacher als gedacht, völlig moderat. Kaum hoch und runter, gut zu laufen, tolle Aussichten, wunderbar. So mache ich wieder nur eine kleine Pause und erreiche mittags mein Ziel.
Die Pause im Café erfrischt mich, nun fehlt nur noch eine Dusche! Wie sehr man die doch nach drei Tagen vermisst!
Ich laufe die restlichen 1,5 km zu meinem Auto, alles ist noch da und komplett, starte nur kurz den Motor und bleibe vor dem neben dem Parkplatz liegenden Campingplatz wieder stehen. Wäre doch gelacht, wenn man sich nicht mal eben in die Dusche schleichen kann. Schnell einmal die Örtlichkeiten auskundschaften, dabei schon mal den Müll des Tracks – Mülleimer gab es unterwegs nirgends – entsorgt, und dann duschen und Zähne putzen. Ach, wie frisch kann man sich fühlen! Für die Dusche muss man einen Dollar zahlen, das mache ich gerne und habe so das Gefühl, nicht gänzlich Verbotenes getan zu haben.
Nun mache ich mich auf den Weg zurück nach Motueka, das Städtchen, in dem man sich mit allem eindecken kann, was man für die Wanderung braucht. Ich brauche nun ja einiges nach der Wanderung. Im Supermarkt fällt mir mal wieder die Kinderfreundlichkeit auf:
Nach dem Einkauf und dem Aufräumen meines Autos finde ich einen superschönen Campingplatz mit allem, was das Herz begehrt, und das ist in diesem Fall insbesondere eine Waschmaschine mit Trockner! Ich beschließe, hier zwei Tage zu bleiben.
Morgen werde ich einen ruhigen Tag einlegen, den ich sicherlich gut nutzen werde, um die letzten vier Tage Blog-technisch aufzuarbeiten…..
Samstag, 12.12.2015:
Ein ruhiger Tag 
Diesen Tag verbringe ich wirklich in aller Ruhe. Den Vormittag nutze ich zunächst zum Skypen mit Bernd, Auto aufräumen, einfach schön frühstücken – unter dem Dach an der Küche, während es regnet. Meine Güte, was hatte ich für Glück mit dem Wetter in den letzten vier Tagen! Anschließend fahre in die Bibliothek, um meinen Blog zu schreiben und Mails zu checken.
Leider bekomme ich inzwischen eine Menge Spam, ich hab meine Adresse wohl doch zu oft angegeben. Da freue ich mich dann immer besonders über Mails von Euch! Auch die Kommentare kommen ja als Mail zunächst bei mir an! Vielen Dank dafür! Bitte habt Verständnis, dass ich oft kurz oder gar nicht antworte – der Blog nimmt schon immer sehr viel Zeit ein, das Schreiben alleine ist es ja nicht, die Fotos sortieren, verkleinern, hochladen, einbauen. Und sich dann über das Ergebnis freue –
Neben der Bibliothek ist das Bürgerhaus, in dem Jugendliche gestern einen Weihnachtsbaum aufstellten sowie ein Plakat, das verkündet, dass heute Abend Christmas Party sei.
Gut, ich hatte mir vorgenommen, vieles auszuprobieren und stelle mich darauf ein, heute Abend Party zu machen. Ich lasse mich überraschen. Vielleicht gibt‘s ja ein wenig Weihnachtsstimmung? Oder einfach tanzen?
Nach meiner Mittagspause möchte ich mich aber zunächst ein wenig bewegen und suche die im Reiseführer beschriebene Pazifikpromenade. Mein Weg führt durch ein Wohngebiet – meine Güte, was müssen hier für reiche Leute leben! -, am Golfplatz vorbei und endlich ist da auch – Ebbe…. Vom Wasser keine Spur. Watt ist ja schön, aber ich wollte doch Wasser. Naja, ein kleiner Plausch mit einem Neuseeländer Hundebesitzer und ein wunderbarer Cappuccino im Museumscafé gleichen das locker wieder aus.
Auch die Tatsache, dass ständig eine schwarze Wolke vor mir herzieht und mit dem Abregnen so lange wartet, bis ich unter dem Terrassendach sitze, finde ich vorzüglich! Ich hatte beim Laufen schon immer den Blick darauf gehabt, welches Haus derzeit unbewohnt aussieht und ein schönes Vordach hat….
Viertel vor sechs ist es, als ich mich wieder aufmache. Es ist gerade an der Zeit, nun zum Bürgerhaus zu gehen. Dort stehen schon so einige Menschen, viele gehen hinein, alle scheinen sich zu kennen. Und der Schein trügt auch nicht. Ach, eigentlich habe ich auch gar keine Lust jetzt auf Party, mag auch nicht so neugierig gucken, was den Eintritt angeht und will mich wieder auf den Weg zum Campingplatz machen.
Oh nein, Silke, so nicht! Du wolltest etwas Neues kennenlernen, also dreh um und gehe hinein!! Sei mutig!
Der Eintritt beträgt eine Spende in Form eines „golden coin“ – also 1 oder 2 $. Gut, da kann ich es mir leisten, auch nur hinein zu gucken, und sollte mich die Musik oder anderes zu sehr nerven, wieder gehen. Habe nur ein 2$ -Stück, das ist okay.
Und was mich dann erwartet, haut mich völlig um – anstatt „Party“ sind in einem großen Saal reihenweise Stühle aufgestellt. Ich setze mich ziemlich weit nach vorne – wenn schon – denn schon! Überall toben Kinder herum, die Familien sind sicherlich alle aus dieser Kleinstadt – ach, wie cool ist das denn!
Ein Beamer wirft ist einen Countdown-Zähler auf eine Leinwand.
Es bleiben noch 5 Minuten, und dann beginnt das Fest. Eine Moderatorin, jung, dynamisch, sympathisch, führt uns durch den eineinhalb-stündigen Abend. Eine Band spielt und singt mit uns Weihnachtslieder, alle sind mir bekannt: oh come, all he faithful, silent night, joy to the world, feliz navidad, usw. Ich schmettere mit, was das Zeug hält, bin so glücklich über die tolle Liederauswahl und darüber, mit vielen zu singen! Alles leicht peppig poppig, klasse!
Eine Hochschwangere singt ein Solo – wie passend in der Weihnachtszeit! So eine schöne Stimmung! Ich fühle mich fremd, und natürlich auch ein wenig ausgeschlossen – aber es macht mir nichts, ich genieße! (ein weiterer Pluspunkt auf meinem Wachstums-Konto!).
Eine Maori-Gruppe führt einen Tanz auf, ein Kinderchor singt zur Hintergrundmusik. Es ist so goldig anzusehen – einem Mädel rutscht die viel zu große Weihnachtsmütze ins Gesicht, ein kleiner Junge gähnt herzhaft, einer flüstert dem anderen etwas ins Ohr.
Und dann wird wieder gesungen, dazu stehen immer alle auf. Zwischendurch kommt der Weihnachtsmann hineingestürmt, alle Kinder sollen nach vorne kommen, und dann wirft er mit Bonbons. Ich schätze, jedes Kind bekam so 5-8, mehr nicht. Wie es mir auf der Parade schon auffiel, es wird bei so etwas nicht so übertrieben. Was bringen unsere Kinder für Mengen an Süßem von den Umzügen mit nach Hause. Und wir Mütter müssen dann zu sehen, viel verschwinden zu lassen, ohne dass sie es merken…. (sorry, Jungs )
Der Pastor kommt ebenfalls auf die Bühne und liest die Weihnachtsgeschichte in der Originalfassung vor, bezieht aber immer die Kinder wieder mit ein – „na, ist euch schon langweilig?“ Kein Kind hört zu, die toben über den Boden, suchen nach weiteren Bonbons – aber sie dürfen, keiner stört sich daran! Ein Fest eben für Kinder!
Und auch die Väter werden angesprochen – wie schwer doch die Geburt für die Väter ist, er muss es wissen, hat er doch selbst 4 Kinder. Und ob wirklich einer glaube, dass Maria ruhig auf dem Esel gesessen hätte – hochschwanger. Er glaube doch mehr, dass sie Joseph angemault hätte, warum sie überhaupt hätten reisen müssen, dass er immer noch keine Bleibe gefunden hätte, und dann nur einen Stall, ein Hotelzimmer wäre ihr lieber….. ich hab so gelacht! Wunderbar gemacht!
Die gesammelten Spenden und dazu noch Gelder aus anderen Quellen, wie z.B. Banken oder von einzelnen Spendern, bekommt eine schwarze, ich denke mal Flüchtlingsgruppe. Oder übertrag ich da etwas von Deutschland? Auf jeden Fall kommt eine Männergruppe von ihnen nach vorne, bedankt sich sowohl für die Spenden, aber auch für die nette Aufnahme hier und die Akzeptanz (da ist meine Verknüpfung…) und beginnt mit schönem Akzentenglisch „Happy Christmas to you“ in der Melodie von „Happy birthday to you“ zu singen. Sie bekommen netten Beifall, haben die Jungs sich doch so bemüht – und dann fangen sie an, mehrstimmig zwei oder drei eigene Weihnachtslieder zu singen, wunderschön! Oh, was haben alle gelacht!
Es war eine gelungene Veranstaltung, ich spende am Ausgang noch etwas mehr, nun weiß ich ja wofür, und gehe glücklich wieder zu meiner Bleibe. Den Abend verbringe ich mit Essen, Schreiben und Schnacken mit einer sehr netten Frau aus Kanada („I love Canada!“) und gehe dann viel später als gedacht in meinen Schlafsack. Zwischenzeitlich kommt ein (sympathischer) Nachtwächter und bittet uns, wegen der Nachtruhe leiser zu sprechen, in den meisten Wohnmobilen ist es auch schon dunkel.
Ja, da verbringt man einen ruhigen Tag und erlebt doch so viel, dass es zwei Seiten füllt…
Sonntag, 13.12.2015:
einfach Sonntag
Der nette Pastor von gestern hat natürlich auch gleich für seinen Gottesdienst heute um 10:00 Uhr geworben – die Band würde wieder spielen, außerdem gäbe es den besten Kaffee der Stadt! Als er das sagte, beschloss ich, dieses Mal außerhalb des Heiligen Abends in die Kirche zu gehen.
Sehr früh bin ich trotz des späten Schlafens wach, genieße den Sonnenschein und nutze die Zeit, den Rest meines Blogs vom Notizbuch auf den Rechner zu übertragen. Das Zelt kann nun auch trocknen, ich hatte es gestern neben meinem Auto ausgebreitet, gerade bevor es zu schütten begann… nachts dann aber noch schnell unter das Dach der Küche gehängt.
Nach einem kleinen Chat mit meinem Mann breche ich so auf, dass ich gut viertel vor zehn an der Kirche bin. Ja, da bin ich – draußen scheint die Sonne, will ich mich wirklich reinsetzen? Nö, eigentlich nicht, und so bleibe ich noch ein wenig in der Stadt, genieße dort einen –ebenfalls guten- Kaffee und setze restliche Teile ins Netz. Zwischendurch wechsle ich in mein Auto, wo ich es mir schön bequem mache, Tür offen, genug WLAN. Wunderbar. Wieder einmal alles richtig gemacht, finde ich.
Nun geht‘s weiter. Mein Ziel ist grundsätzlich der weitere Westen, zunächst der Norden davon, auch wenn ich diese Strecke genauso zurückfahren muss. Aber wenn mir das doch von meinen Jungs nahegelegt wird… und sich die Region zudem noch „Golden Bay“ nennt!
Kilometerlang geht es in Serpentinen bergauf. Damit ich nicht die Konzentration verliere – ich würde ja so gerne mehr die Umgebung bewundern – kommt mir in fast jeder engen Kurve ein Auto entgegen. Also brav aufpassen!
Nahezu oben gibt es einen schönen Aussichtspunkt, zu dem ich hinwandere. Dort treffe ich auf zwei Berlinerinnen, mit denen ich ad hoc auf einer Wellenlänge bin und mich amüsiere. Gemeinsam steuern wir das nächste Café an, 300 m weiter, und haben es sehr nett. Eine der beiden studierte an Kunsthochschule Ottersberg – natürlich kannte sie Worpswede.
Solche Geschöpfe lebten hier früher, wurden aber schon von den Maoris ausgerottet…. Diese Skulptur steht an dem netten Café
So komme ich zwar später als geplant im nächsten Ort Takaka an, aber so what! Es ist Sonntag, später Nachmittag, der Ort ist wie ausgestorben. Dabei sei es doch ein Hippie-Ort, wurde mir gesagt. Die Auslagen in den Schaufenstern weisen schon darauf hin, aber sonst? Ich fahre weiter – alles was ich heute fahre, brauche ich morgen nicht und kann dann eher wandern gehen. Kurz hinter Takaka sprudeln die ergiebigsten Süßwasserquellen Australasiens, die Te Waikoropupu Springs, kurz „Pupu“ genannt. Angeblich die reinsten der Welt. Ca. 14000 l Wasser strömen pro Sekunde durch unterirdische Öffnungen!
Der Weg dorthin ist super angelegt, und in der Abendsonne wunderschön zu laufen – und diese Quelle ist einfach unglaublich! So ein klares Wasser, wie tief kann man sehen! Und was für Farben! Dazu sprudelt es natürlich überall, und trotzdem strahlt dieses Gewässer eine seltene Ruhe aus. Für die Maori hat diese Quelle eine wichtige religiöse Bedeutung, was zu Beginn des Weges sehr anschaulich dargestellt wird. Ich hab es fotografiert, aber noch nicht alles durchgelesen. Aus Respekt zu dieser Religion wird gebeten, nicht mit dem Wasser in Berührung zu kommen. Nicht immer halte ich mich an Regeln, aber diese ist auch mir heilig und so kann ich leider nichts über die Wassertemperatur sagen….
In einem Motel in Collingwood kann ich übernachten, also draußen in meinem Auto, aber Küche, Bad, alles da. Es ist zwar mit 30$ (18,50€) ziemlich teuer, aber immerhin stehe ich am Wasser, es ist ruhig, und nachts sogar dunkel! Neben mir parkt ein Wohnmobil älteren Jahrganges – dessen Insassen ebenfalls nicht mehr die Jüngsten sind. Sie gehen streng auf die 70 zu, haben vor 2 Jahren geheiratet, Wohnung und alles aufgegeben und leben in diesem Mobil. Unglaublich, was für Menschen ich treffe. John arbeitete als Juwelier und war unter anderem auf Messen in Deutschland unterwegs. Von einer Fahrt erzählte er, dass er mit einigen Kollegen von Düsseldorf nach Bochum in einem falschen Zug saß, der nämlich nicht in Bochum halten würde. Er schaffte es, den Schaffner zu überzeugen, weil sie doch Kiwis seien, den Zug ausnahmsweise kurz halten zu lassen. Noch in leichter Fahrt hatten sie wenige Sekunden, um laufend rauszukommen. So erfahre ich weit von meiner Heimat entfernt, dass die Deutschen ja auch mal locker sein können…. Am nächsten Morgen gibt mir seine Frau Judith ihre Visitenkarte, „if you need any help, call us!“ Wie nett!
Bevor ich schlafen gehe, mache ich noch einen Gang durch den Ort Collingwood. Er besteht aus 2 Straßen, und ich glaube, es dauert nicht mehr lange, da ist es nur noch eine. In der anderen ist nämlich mehr als jedes zweite Hause „for sale!“ und die sind nicht einmal schick. Wenn man da wohnt oder wenn man eines kaufen würde – und alle Nachbarn ziehen weg … – Schon bei dem Gedanken bekomme ich Verlassenheitsgefühle. Aber – was soll man auch in so einem kleinen Ort machen? Der ist so lütt, da bekommt man noch nicht einmal einen Chor zusammen, wenn alle mitsingen! Die Lage – fantastisch! Direkt am Meer, hinter einem die Berge. Fantastisch zum Urlaub-machen, grauenhaft zum Wohnen.
Das war nicht zum Verkauf
Montag, 14.12.2015:
Ein Tag, an dem man aus Quieken vor Freude gar nicht wieder herauskommt
Mein Tag beginnt, abgesehen von der heißen Dusche, mit einem Luxus-Frühstück: Müsli mit hiesigen Erdbeeren, Banane und einer Clementine (ebenfalls von hier), draußen an meinem Auto. Es ist bereits warm genug!
Dann breche ich auf, Ziel Puponga, Wharariki Beach. (Es gibt tatsächlich Menschen, die können sich diese Namen merken, ich nicht!)
Es verschlägt mir den Atem bei der Schönheit, die mir sich immer wieder zeigt, als ich mit meiner Wanderung beginne. Ich laufe zunächst durch feinen Sand am Strand, bewundere die Strukturen, die der Wind geschaffen hat.
Die Felsen im Meer, die ich von Bildern kenne, sind aus der Nähe und in der Realität ja noch viel beeindruckender, besonders der tosende Pazifik, der sich Löcher in die Felsen frisst. Ich gehe den Strand noch ein wenig weiter, einfach mal sehen, ob sich noch etwas in den Buchten versteckt. Manchmal sind es ja einfach die Zufälle, die begeistern. Und auch dieses Mal:
Ich beschließe, einen Teil des Bergwanderweges zu laufen, habe immerhin genügend Wasser dabei und hoffe, dass der Weg mit Sportschuhen zu machen ist. Erst einmal ein ganzes Stück durch den feinen Sand, dann Schuhe ausziehen zur Bach-Überquerung.
Es geht steil bergauf, über Gras – so schön! Ich merke nun auch, dass meine Beine, überhaupt mein ganzer Organismus immer trainierter sind, die Steigungen fallen mir nicht mehr so schwer wie zu Beginn. Einen richtigen Weg gibt es nicht, man kann manchmal leicht ausgetretene Pfade erahnen. Ich richte mich nach den roten Pfählen, die den Wanderweg markieren und mir immer wieder grandiose Aussichten bieten. Zu Beginn stand ein Schild mit dem Hinweis, dass der Weg an Klippen vorbeiführt, und man auf seine Kinder – und auf Windböen achten solle. Von Böen kann man heute hier oben nicht sprechen – es stürmt die ganze Zeit richtig – und es ist lange her, dass ich über jedes einzelne Kilo auf meinen Knochen dankbar war! Zum Teil halte ich mich an den Stäben oben fest, wenn ich ein Foto machen möchte.
Es gibt Stellen, da geht es neben mir steil bergab, aber es sind wenige, und ich bin achtsam. Es gibt weitere sehr steile Abhänge, allerdings nicht zur Küste hin und mit Gras bewachsen, und das einzige, was mir da passieren könnte, ist, dass ich wieder hochkraxeln müsste. Es juckt mich schon in den Fingern, Rucksack abzulegen und einfach mal so einen Abhang hinunter zu kullern. Kein anderer Wanderer ist in der Nähe – aber ich müsste ja alles wieder hinauf.
Die Ausblicke sind unbeschreiblich! Immerfort könnte ich quieken, so schön ist es. Das Laufen macht Spaß, die Temperatur ist genau richtig. Gut, etwas weniger Wind wäre nicht schlecht, aber da will ich mal nicht so sein – es ist einfach grandios!
Am Ende erreiche ich einen Aussichtspunkt, zu dem die meisten mit dem Auto fahren – ach nein, was wäre mir alles entgangen! Ich gebe allerdings zu, dass es mit Wanderschuhen leichter gewesen wäre, steil bergab ist mit Joggingschuhen auch auf Gras nicht so angenehm. Man hat viel weniger Halt. Der Bergweg geht eigentlich noch weiter, aber ich muss ja auch irgendwie und irgendwann wieder zum Parkplatz zurück, auf dem mein Auto steht.
Und so gehe ich über die Schotterstraße zurück, und meine Beine sind glücklich, als wir ankommen. Direkt am Parkplatz ist ein supernettes Kaffee mit Tischen, die um Bäume gebaut wurden, Baumstümpfe als Sitze, ein kleines Hexenhäuschen als Theke. Es würde so gut in unser kleines Künstlerdorf Worpswede passen!
Trotzdem sagt mir irgendwas, dass hier ein Kaffee für mich nicht richtig ist, und langsam lerne ich, auf meinen Bauch zuhören. Ich esse etwas bei mir am Wagen – und erschrecke plötzlich total, als ein bettelnder Pfau neben mir steht! Da ahnt man nichts Böses…
Als erstes zücke ich schnell die Kamera und gebe ihm anschließend von meinem Mahl etwas ab. Ich bin sicherlich nicht die erste!
2 km hinter diesem Platz gibt es einen weiteren kurzen Wanderweg – 1,5 km zum Lighthouse. Eigentlich mag ich noch nicht wieder, aber ich liebe doch Leuchttürme! Also los, keine Müdigkeit vortäuschen! Der Weg ist, was die Steigung angeht, zum Glück ziemlich moderat, allerdings rutscht man auf dem Belag, der zum Teil einfach aus Kullersteinen besteht, leicht aus. Egal!
Das Lighthouse ist enttäuschend! Aber ein Stück weiter ist die Aussicht über den langen Strand wieder einmal unglaublich! Ich kann nun schon sehen, dass ich da gar nicht weiter raufgehen werde, weil ein Sandsturm herrscht, der dann doch keinen Spaß mehr macht. Es sieht fast so aus, als läge diese Halbinsel im Nebel. So hat sich diese Wanderung also doch noch gelohnt.
Puponga besteht eigentlich nur aus der Touri-Info sowie einem kleinen Café/Restaurant, alles in einem Haus. Mein Bauch hat es gewusst: hier ist nun der richtige Platz, um sich hinzusetzen. Auf einem Balkon mit Blick auf das Watt des Pazifiks und auf grüne Wiesen trinke ich meinen Cappuccino, kann in Ruhe und windgeschützt schreiben und entspannen. Wieder ein Grund zum Quieken!
Anschließend gehe ich noch eine kleine Runde am Strand spazieren, möchte eigentlich auch noch zum „Fossil Point“, aber der geht über diverse Weiden – und bereits auf der zweiten steht und liegt eine ganze Kuhherde vor dem Übergang. Mit den Kälbern. So sehr interessieren mich Fossilien dann nun auch nicht, also trete ich lieber den Rückweg an, bevor mich mit der Herde anzulegen.
Der Plan ist, heute noch über den Berg zurück zu fahren und dann einen Platz zum Schlafen zu suchen. Doch in Takaka, dem leicht abgedrehten Städtchen bleibe ich hängen. Ich wandere einmal durch die Hauptstraße, die Geschäfte haben schon wieder alle geschlossen, aber es wirkt nicht so tot. Eine Kirche lädt zur Besichtigung ein – und es ist die erste, in der ich einen Teppich(!) habe liegen sehen. Also Auslegeware, in Blau! Auf den Bänken liegen zum Teil Kissen und Decken, ja, wenn die Predigt langweilig wird, kann man ein kleines Nickerchen machen. Mitdenken tun sie, die Menschen in Takaka!
Ich finde einen kostenlosen Campingplatz sehr nahe am Städtchen. Direkt am Fluss, allerdings auch an der Straße. Doch bei der Bevölkerungszahl hier habe ich keine Bedenken, dass es laut werden könnte, da sind mir die jungen Männer weiter hinten hier schon eher ein Dorn im Auge. Ich habe nun ja schön öfter festgestellt, wie die Männer hier reden können, wenn die Sonne untergeht….
Übrigens sitze ich hier gerade gemütlich in meinem Autochen und schreibe. Es kann mir kaum besser gehen – na gut, ein Gläschen Wein würde es noch toppen – aber für den Preis von Alkohol kann ich auch gleich ins Hotel gehen:-).
Am nächsten Morgen:
Die Jungs hinten bleiben ruhig, dafür kommen drei Deutsche, die sich schön neben mich stellen, ihre Musik laut drehen und über das Essen streiten – klasse! Aber selbst ist die Frau: ich klettere hinters Steuer und parke meinen Wagen um.
Ich möchte mich eigentlich ans Wasser stellen, wo noch ein anderer Caravan steht. Es ist mehr als genug Platz, also peile ich den an. Gerade auf dem Weg dorthin läuft ein älterer Herr. Ich erwarte, dass er nun Platz machen wird, aber weit gefehlt. Er bleibt stehen – und starrt mich an. Ich blicke zurück, lasse mich nicht mehr einschüchtern, die Zeiten sind vorbei (hoffentlich!). Stattdessen mache ich ihm ein deutliches Zeichen, dass ich da hinten hin möchte. Er verzieht keine Miene, starrt mich weiter an. Ich halte seinem Blick immer noch stand, da dreht er sich um und geht weiter. Na endlich, denke ich, und fahre weiter. Von wegen – wieder bleibt er stehen, gleiches Spiel. Hallo?? Was wird das? Hier gibt es keinen Aufseher, das weiß ich. Es wird mir zu blöd, ich stelle den Motor aus, nachdem ich vorher noch (wirklich!) versehentlich auf die Hupe gekommen bin und öffne die Tür, um zu sagen, was ich möchte; nämlich auch auf den Platz, da stände noch ein Wagen und ich möchte mich dazu stellen. Kann ich denn ahnen, dass DER Wagen ihm gehört? Er macht mir unmissverständlich klar, dass er da steht und alleine bleiben will. Nichts da, von wegen ich auch noch. Ich überlege, ob ich mich durchsetzen soll, ahne aber, dass ich mich in seiner Nähe nicht wirklich wohlfühlen werde – und lege den Rückwärtsgang ein und stelle mich auf einen anderen Platz. Als ich wieder gen Wasser schaue, entdecke ich, dass er meiner friedlichen Tat nicht traut, und seinen Van in die Einfahrt gestellt hat. So, nun kann da keiner mehr auf den Platz. Irgendwie amüsiert mich dieser Kauz dann doch – und ich habe ich eine ruhige Nacht!
und hier schreibe ich heute morgen:
Es gibt schlechtere Orte- hinter mir ist zwar die Hauptstraße, dafür aber auch der WLAN- Router…..
Dienstag, 15.12.2015:
Nelsen Lake Nationalpark
Ich schlafe wunderbar, wache früh auf, und setze mich gleich hinter das Steuer, um zu dem Parkplatz vom Visitor Center zu fahren – da kann ich gut frühstücken und es gibt Toiletten und Wasser zum Frischmachen.
Tja, nicht schwer zu erraten, wer 2 Minuten vor mir losfährt und wen ich eben auf diesem Parkplatz treffe… Der „freundliche“ Herr geht an mir vorbei mit dem nettesten Gesicht: „Lovely place here, isn’t it?“ Er muss mich erkennen, so lange wie er mich gestern angestarrt hatte! Ich erwidere brav und schiebe seine gestrige Griesgrämigkeit auf mindestens sagenhafte Zahnschmerzen oder Tinnitus oder……
Mir geht‘s gut, ich habe mein Müsli und einen Becher Tee und sitze in der Sonne! Also kann ich locker freundlich sein.
Anschließend setze ich mich nahe der Wifi-Telefonzelle, und verbringe die nächsten 1,5 Stunden mit Schreiben bzw. Korrigieren und Reinsetzen. Und wieder einmal tut es mir so gut, die Tage auf der Tastatur noch einmal Revue passieren zu lassen.
Nun kann ich meine Reise fortsetzen. Sie führt ja zunächst den gleichen Weg zurück, den ich gekommen bin. So lande ich also erst einmal wieder in Motueka, wo ich deren Wifi nutze, um mit Bernd zu skypen – bei einer schönen Tasse Cappuccino. Gleich darauf noch ein paar Worte mit Björn, nun ist aber Schlafenszeit für die dort auf der anderen Seite.
Nach einem kleinen Einkauf verlasse ich diese Region – etwas wehmütig. Ich war gerne hier – und kaum bin ich irgendwo ein paar Tage länger, fühle ich mich sicherer, und gebe das nach wie vor nicht so gerne auf. Ich werde es sicherlich noch oft üben!
Nach ca. 1,5 Stunden Autofahrt möchte ich das gerade gekaufte Melonenstück nicht warten lassen und steuere die nächste ausgeschilderte Picknickstelle an. Sieht nicht so toll aus, denke ich, habe aber ja die Erfahrung gemacht, dass man manchmal nur ein wenig weiter hineinfahren muss. Und so ist es auch: es eröffnet sich mir eine riesige Wiese, von Bäumen umsäumt, ansonsten einfach eine große grüne Fläche, mit einigen Picknicktischen hier und da.
Ich fahre auf einen Schattenplatz, koche mir einen Tee, esse Melone und Brot (richtig leckeres!) mit einer Schoko-Karamell-Creme. Diesen Aufstrich hab ich eben erst geöffnet – aber es ist eine fast angemessene Entschädigung für das fehlende Lakritz in diesem Land. Echt lecker!! Nun komme ich auch endlich mal ein wenig zum Lesen, beim Wandern geht das nie, und abends ist es so schnell dunkel. Das Licht im Auto mag ich kaum nutzen, weil ich nicht weiß, wie viel die Batterie verkraftet.
Inzwischen ist ein weiteres Auto gekommen und stellt sich mitten auf den Platz. Alle Achtung, der scheint aufgeheizte Autos zu mögen. Da es ein Van ist, bin ich überzeugt, dass es sich ebenfalls um einen Backpacker handelt, und umso erstaunter bin ich, als ein junger Mann mit Metalldetektor die Rasenfläche abläuft. Immer mal hält er inne, schneidet ein Stückchen Grassohle hinaus, besieht sie sich und legt sie wieder hinein. Komisch. Dann sehe ich ihn länger nicht mehr, widme mich wieder meinem Buch – einer Neuerwerbung aus der Gebraucht-Bücher-Abteilung der Bibliothek.
Als ich zusammenpacke, ist der Schatzsucher wieder da und nicht weit von mir zugange. Ich gehe auf ihn zu und frage ihn, wonach er denn suche, Gold? Nein, er suche nach Münzen – meistens im Auftrage von Museen, manchmal auch nur für sich. Also alte Münzen. Dieser Bereich hier liefert aber nicht viel, eine hätte er bisher gefunden, und die ist auch noch nicht wirklich alt: einen Half-Penny von 1955. Die schenkt er mir dann. Oh, wie ich mich freue! So was von nett!!
Nun benötige ich noch ca. 1 Stunde bis zu meinem heutigen Ziel – dem Nelson-Lake-Nationalpark, der zwei riesige Seen umgeben von gewaltigen Bergmassiven verspricht. Bei der dortigen I-Site, der Touristen-Information, hole ich mir zunächst Vorschläge für eine angemessene Nachmittagswanderung, nicht zu lang, nicht zu anstrengend. Hier erfahre ich auch, dass die Saison hier noch nicht begonnen habe, und dass der eine Campingplatz auch noch geschlossen hat. Eigentlich möchte ich zu einem DOC-Campground an dem zweiten See, von dem Sven so begeistert war, aber ich habe die Vermutung, dort ganz allein zu sein. Also wähle ich den hier, der auch direkt am See liegt, kann mich aber nicht anmelden, weil das nur über die Touristen-Information geht – mal sehen, ob die morgen früh genug öffnen.
Erst einmal habe ich einen netten Platz, werde von meiner Nachbarin zu einem Glas Sekt eingeladen und kann sogar duschen, weil ich auf dem vorletzten Camp-Motel zwei „Token“ für Warmwasser bekommen hatte. Offenbar sah ich so aus, als reiche eine Dusche nicht aus. Wie gut, dass ich die zweite Münze nicht zurückgeben konnte, beim Losfahren morgens hatte die Rezeption noch nicht auf und so hatte ich sie noch – und sie passt auch hier! Cool!
Mülltrennung überall! Und noch penibler als bei uns
Mittwoch, 16.12.2015:
An der Westküste
Heute Morgen werde ich wieder einmal früh wach – nun ja, kein Wunder wenn man um halb elf schläft – und mache mich schnell auf die Socken. In der Küche greife ich von dem geliebten neuseeländischen Wasserboiler heißes Wasser ab und fahre in den Ort. Ich nutze kurz das Internet und schon geht es weiter an den nächsten See. Ich bin leicht unruhig, habe furchtbar geträumt. Das fällt mir bei meiner ersten kleinen Wanderung wieder ein. Irgendetwas von der Judenverfolgung im Dritten Reich. Nach dem Aufwachen wusste ich noch alles, nun ist es fast ganz weg. Ich weiß nur noch, dass es mit viel Aktionismus war, aber auch mit viel Zusammenhalt. Lange grübele ich darüber nach, wie ich auf das Thema in meinem Traum kam. Irgendwann stellt sich eine Vermutung ein: Ich habe gestern Abend noch länger mit einer Frau aus Israel gesprochen, allerdings nicht über politische Themen. Trotzdem war bei mir das Thema der Judenverfolgung während des Gesprächs sehr präsent. Und das hat offenbar alleine ein wenig weitergearbeitet.
Nun gut, bei dem zweiten See, dem Lake Rotoroa, also angekommen, mache ich oben genannte Wanderung.
Über Stock und Stein, Silke bricht sich nicht ein Bein….. es geht wirklich über Wurzeln, ich klettere über liegende Bäumen oder auch unter durch, wate durch kleine Bäche und durch Matsch – ich muss sehr konzentriert sein, um heil durchzukommen. Und es macht irre Spaß. Jedenfalls eine ¾ Stunde lang, dann drehe ich um.
Es kommen mal wieder viele Gedanken, irgendwie bemerke ich das Gedankenwirrwarr immer besonders, wenn ich am Wandern bin oder längere Autofahrten mache. Einerseits fehlt mir der Austausch mit Bernd und Freundinnen, andererseits kommen so auch viel mehr Gedanken und Gefühle an die Oberfläche – wahrscheinlich, weil sie nicht sofort ausgesprochen werden können. Sie gehen über die Relativität von Zeit, Einsamkeit und Alleine-sein, Freiheit, Lebewesen als solche bis hin zum profanen „Was esse ich heute“ und „wie weit fahre ich“. Die Frage nach dem nächsten Cappuccino lässt sich leicht beantworten: Im nächsten Städtchen Murchison ist sicherlich ein Café.
Dieser Gang hat schon sehr gut getan, nun reicht mir die Gegend hier auch und ich fahre weiter.
Hier spiele ich ein wenig Klavier
Ein Café ist schnell gefunden und ich setze mich schön in die Sonne und lese ein Stückchen meines Buches weiter. Das geht ja nicht so schnell, weil ich immer wieder so einige Worte nachschlagen muss. Nun sind es noch 100 und ein paar km bis nach Westport, meinem nächsten Ziel. Weiterhin bin ich unruhig. Dabei ist die Strecke so umwerfend schön, aber ich kann mich eben nicht nur immer freuen, das wäre nicht Silke. Ich versuche es, so gut es eben geht, und lasse es auch zu, dass ich nicht so gut drauf bin.
Gegen Mittag erreicht mich eine SMS mit Chorgesang! Ich war lange empfang-los, und so trudelt sie jetzt erst ein. Ein so schönes Lied, das der Kukuk-Chor singt, das ich natürlich gut kenne – und sofort mitsingen möchte. Es geht nicht, mir kommen sofort die Tränen. Ich fahre mal lieber rechts, quatsch links ran und warte ein wenig ab. Bin so gerührt und verspüre auch Heimweh. Ganz anders als früher als Kind, denn jetzt ist das traurige Gefühl auch schön: Weil ich diese tiefe Verbundenheit spüre, die eben auch 18.000 km nicht zerstören können. Ach, war der Gesang schön, und nach und nach kann ich zumindest ein wenig vor mich hin singen.
Westport ist eine etwas größere Stadt mit einer ziemlich langen Einkaufsmeile, nicht wirklich schön, aber nette alte Häuser zwischendurch. Und einer Bibliothek, das hatte ich schon im Reiseführer gelesen. Alle Bibliotheken in NZ haben freies Wifi! Und bei meinem Nicht-sooo-gut-draufsein hab ich überlegt, was würde ich denn nun zu Hause machen, so am liebsten… einfach ein wenig „Schmuseschmalz“ gucken, jo, das würde ich.
Gut, die Library hat Wifi, ich habe iPad und Kopfhörer, hole mir einen Tee und mache es mir in der letzten Ecke der ziemlich leeren Bücherei richtig gemütlich. Ach, wie gut das tut! Ein gemütlicher Sessel, Beine hoch auf einem anderen Stuhl und los geht’s. Zwischendurch nehme ich mir dort noch einen Kaffee – ist das cool, wenn in der Bibliothek auch noch Kaffee angeboten wird, zum Selbstkostenpreis!
Nach dieser Stunde bin ich ein neuer Mensch – ne, ne, was ich geguckt habe, wird hier nicht veröffentlicht :-)!
Ich fahre an den Zipfel der Küste, kurz hinter der Stadt und mache einen weiteren wunderschönen Walk an der Pazifikküste. Ziel ist eine Robben-Kolonie, 3 km entfernt. Der Weg ist moderat, die Aussichten immer wieder gigantisch. War es noch den ganzen Tag meist bewölkt mit mehreren Schauern, kommt nun die Sonne heraus und zeigt den Pazifik in all seiner Macht und Schönheit.
Bei den Robben angekommen, denke ich erst, dass die alle in den Fluten schwimmen – es ist aufsteigendes Wasser. Aber weit gefehlt, die Natur spielt hier mit mir „Wer findet die meisten Robben?“ Die Tiere sind auf den Steinen schwer auszumachen, aber nach und nach entdecke ich immer mehr. Hören kann man sie auch gut! Und sie haben viel Junge, das eine wird gerade gesäugt. Als es satt ist, macht es sich wieder auf, seine kleine Welt zu erkunden.
Im tosenden Meer erblicke ich auch hier und dort mal einen schwarzen Kopf oder ein paar Flossen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass die Robben entweder nicht an die diversen Felsen im Meer geschleudert werden oder das mit ihrer Fettschicht abkönnen, womöglich sogar noch Spaß dran haben. Sonst würden sie ja nicht bei den Wellen baden gehen, denke ich mal.
Glücklich und mit vielen Schritten auf meinem Schrittzähler (der läuft ja immer automatisch mit) möchte ich nun noch ein paar Kilometer Richtung Süden zurücklegen und dabei die Augen für einen Campingplatz offen halten. In der Stadt möchte ich dieses Mal nicht schlafen, lieber dichter am Meer. Einen Berg überquere ich, dann kommt ein Campground, der nicht einladend aussieht – und dann gar nichts mehr. Mist, war ich doch zu wählerisch? In der Karte ist auch nichts eingezeichnet, Empfang auf dem Handy hab ich nicht. Was soll’s – zur Not stelle ich mich irgendwo hin, ich brauche ja wirklich nichts weiter als einen Parkplatz. Und den finde ich bald: mehrere andere Camper stehen dort bereits, es gibt kein Übernachtungs-Verbotsschild und ich stelle mich dazu. Gegenüber mache ich schöne Fotos vom Meer, esse noch etwas Obst, schenke mir einen Schluck kalten Weißwein ein (den habe ich mir nun doch mal gegönnt) und mache es mir gemütlich. Wie habe ich es gut!
Genau richtig hab ich es gemacht, mit meiner längeren Bücherei-Pause. Mit einfach ein wenig Bildschirm gucken, ohne Nachdenken, nur konsumieren. Dabei kommt mir der Gedanke, den ich auch öfter beim Wandern o.ä. habe: ich möchte mehr dahin gucken, was ich „richtig“ gemacht habe, und nicht auf das, was eben nicht. Da ist schon so einiges, abgesehen von heute Nachmittag: klar, dass ich diese Reise mache, war richtig, egal wie sie ausgeht. Alleine die Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe… Es war richtig, dass ich Svens Kamera zu Hause gelassen habe. Er hatte sie mir angeboten, und ich hatte lange überlegt und mich dann dagegen entschieden. Sie wäre mir hier eindeutig zu viel gewesen, mit Aufpassen, mit noch etwas Extra-Gepäck, mit Bildern machen. Meine Kamera macht natürlich nicht tolle Fotos wie seine Spiegel-Reflex, aber für meine Erinnerungen werden sie reichen. Die Klamotten, die ich mithabe, sind richtig ausgesucht, usw. Ich könnte die Seite füllen, mir fällt genug ein. Ans Falsche denke ich nicht so – da ist auch nicht viel. Was ich wirklich falsch gemacht habe, ist, dass ich ohne Fernglas reise. Das vermisse ich oft, wenn ich alles Mögliche beobachte.
Also merken für Zuhause: Gucken, was ich gut oder richtig oder beides gemacht habe, aus den Fehlern hoffentlich lernen, dann aber weg damit aus dem Gedankenpool!
Donnerstag, 17.12.2015:
Arthurs Pass oder nicht Arthurs Pass?
Wie kann eine erwachsene Frau so rumquaken! Silke nöhlt den ganzen Weg zum Arthur’s Pass. „Meinst du, es lohnt sich? Wollen wir nicht lieber umkehren? An der Küste war jedenfalls gutes Wetter, guck mal, nun fahren wir direkt ins Graue, und dann ist es kalt. Und ich weiß wirklich nicht, was wir da wollen!“ So geht das die ganze Zeit, immer wieder bin ich kurz davor umzudrehen.
Aber dann macht die Straße eine Rechtskurve und ich fahre direkt auf schneebedeckte Berge zu – und in die Sonne hinein.
Auf dem ersten Aussichtspunkt begrüßt mich gleich der erste Kea, von dem ich bisher nur gelesen habe. Meine Güte, die sind nicht nur zahm, sie sind superfrech! Sofort macht er sich an meinen Gummidichtungen am Auto zu schaffen. Und denkt nicht dran abzuhauen, was ich wiederum gut finde, um Bilder zu machen. Toll sehen sie aus, in ihrem Naturgrün, und wenn sie fliegen, sieht man die roten Federn am Schwanz und an den der Flügelunterseite. Es gibt sie nur auf der Südinsel von Neuseeland.
Manchmal ist es nicht so einfach mit den Entscheidungen. Aber gerade beim Alleinreisen muss ich die eben alleine treffen. Auch eine gute Übung für mich! Nach wie vor tue ich mich schwer damit, Umgebungen, an die ich mich gewöhnt habe, wieder zu verlassen und mich auf Neues einzulassen. Dabei – ich hätte auch zurückfahren können, eine Stunde ist es zum Meer. Wie gut, dass ich noch ein paar Wochen habe, um auch das zu vertiefen: mich hoffentlich irgendwann locker auf Neues einzulassen.
Nun sitze ich in einem Café namens „The Wobbly Kea“ – wobbly: schwankend, wackelig. Da es zusätzlich auch um eine Bar handelt, gilt sicherlich „Nomen est Omen!“
Angeblich gibt es Schutzprogramme für die Keas, die eben nicht gefüttert werden sollen und auch dementsprechend nicht gezähmt – aber dieses Dorf habe ich eher im Verdacht, die Vögel hier abends reinzuholen und für ihre Dienste zu belohnen. Besser können die Besitzer die Touristen gar nicht in ihre Cafés/Restaurants bekommen!
Aber erst einmal der Rückblick:
Mein Tag ist sehr nass gestartet, der Regen prasselt nur so vom Himmel – und ich bin mal wieder mehr als glücklich, nicht in einem Zelt zu schlafen. Schlafen ginge ja noch, aber das Abbauen, wenn es nass ist! So klettere ich hinters Steuer und fahre aus dem Regengebiet raus – ab zu den „Pancakes“, einer Steinformation, die eben aussieht wie aufgeschichtete Pfannkuchen, allerdings mit riesigen Löchern zum Teil, durch die das Wasser bei Flut schießt.
Ein kleiner Wanderweg führt drum herum, die Aussichtspunkte übertreffen sich jedes Mal. Denke ich noch beim Ersten „Gut, nett, kann man, muss man nicht gesehen haben“, bin ich beim Letzten schon ganz anders: „Meine Güte, was hat die Natur da geschaffen!“ Knips, knips! Ich sollte bald mal einen Computer ansteuern, um meine Bilder zu sichern!
Dass ich früh bin, habt ihr euch wahrscheinlich schon gedacht, und so bin ich nahezu alleine auf diesem Weg. Als ich ihn beende, und lang ist der eben nicht, sind ganze Busse eingetroffen – alle für die Pfannkuchen! (Was anderes gibt es hier außer der Touri-Info auch nicht.). Es hat sich absolut gelohnt – gerade das hier ohne Menschenmengen zu erleben!
Ich fahre weiter die Küste entlang, rechts das Wasser, links die Berge – und ich muss auf die Straße gucken… ein klarer Pluspunkt bei einer Reise mit Bernd, da kann ich meine Blicke schweifen lassen :-).
Greymouth ist die nächste Stadt, die ich erreiche, und sie kann sich auch schon Stadt nennen. Ich suche mal wieder die Bibliothek, um Ihr wisst schon was, esse eine Kleinigkeit und fahre weiter – bis zur Kreuzung, an der es zum Arthur’s Pass geht.
Und nun hab ich ihn erreicht und werde nach diesem Kaffee erst einmal sehen, was er außer den tollen Aussichten und Keas noch so zu bieten hat. Direkt gegenüber der I-Site, so werden die Touri-Infos hier genannt, befindet sich ein kleiner Campground – inklusive einer riesigen Hütte zum Abwaschen und Essen, leider ohne Stromanschluss, und direkt am Bahnhof liegend. Sanitäre Anlagen: Toiletten, immerhin. Morgen werde ich aber dann mal wieder einen größeren Campingplatz aufsuchen, denn die Sehnsucht nach einer Dusche wächst. Nun ja, Kosten für diesen Platz: 6$ = 3,70€… ich hoffe nur, dass nachts nicht so viele Güterzüge fahren.
Freitag, 18.12.2015:
wieder an der Westküste – Hokitika
Es ist unglaublich, aber in der Nacht hat es gefroren! Ich werde um 5:00 wach, weil mir so kalt ist, dabei waren doch 5°C angesagt und das sollte mein Schlafsack gut meistern. Ich ziehe mir Klamotten an, sprich Hose und noch einen Pullover und döse dann noch eine Stunde, bevor ich aufstehe. Das Auto ist total beschlagen – von außen, und die Frontscheibe so gefroren, dass es weit unter 0°C gewesen sein muss.
Ich kann nichts frei kratzen, habe keinen Kratzer, öffne beide Seitenfenster und fahre so zur Küche. Dort mache ich mir erst einmal einen heißen Tee und koche Couscous – etwas Warmes braucht der Mensch (wofür die Werbung war, fällt mir gar nicht mehr ein…).
So werde ich langsam wieder warm, die Scheiben tauen auf und der Tag kann beginnen – für mich erst einmal mit einer kleinen Wanderung zu einem Wasserfall. So werde ich am ehesten richtig warm werden – und stimmt, bei fast 300 Treppenstufen plus zusätzlichen „up-and-down-Wegen“ kann ich meine Handschuhe ausziehen. Der Weg endet an dem Aussichtspunkt zum Wasserfall, ich klettere noch etwas weiter höher, um zum kleinen See zu gelangen, in den das Wasser als erstes fällt.
Ich komme mir schon mutig vor, ganz alleine, mit Warnung vor Geröll von Steinen, aber es lohnt sich auf alle Fälle. Der Weg ist schmal und führt durch diverse Vegetationen, und meine Hose ist nass danach – aber es hat Spaß gemacht. Und ich kann erleben, wie schnell der Stoff auch wieder trocknet. Wie schon bei der „über Stock-und Stein“-Wanderung habe ich auch hier den Effekt, dass ich auf dem Rückweg manches anders sehe. Was aufwärts so schwierig aussieht, und ich überlege, wie ich da dann wieder heile runter komme, ergeben sich abwärts ganz neue Wege, die ich vorher nicht wahrgenommen habe. Manchmal ändern sich die Perspektiven, wenn man von der anderen Seite schaut – das braucht nicht als Punkt bei meinen Lebensweisheiten zu erscheinen, das versuche ich schön länger bei meinen Gedanken anzuwenden – witzigerweise aber nicht so sehr im praktikablen Leben…. nun gut!
Mit vielen Bildern und so einigen Schritten mehr auf dem Zähler erreiche ich mein Auto wieder und bewegte es ca. 300 m weiter, um dann erst einmal in Ruhe einen Cappuccino zu trinken, inkl. Wifi und Strom, um die Geräte aufzuladen.
Ich beschließe hiernach, diese Gegend zu verlassen und mache mich auf den Rückweg zur Küste. Der erste Teil ist identisch mit dem Hinweg, danach entscheide ich mich für einen Umweg, der an einem See vorbei geht.
Zunächst aber halte ich in einem kleinen Dorf, bestehend aus 3 Häusern plus ein paar mehr Ferienhäuschen, um Fotos zu machen. Es ist so urig – der Besitzer sammelt alte Maschinen und Kutschen und sonst was.
Ich gehe rum, staune, knipse, und werde dann ins Café, das eigentlich geschlossen hat, hineingerufen.
Nein, was kann man alles erleben: Der Besitzer ist dabei, zwei kleine, richtig kleine Rehkitze mit einer Flasche zu füttern. Sie seien gerade mal eine Woche alt. Ich hab ihn nicht gut verstehen können, aber eine Mutter gibt es dementsprechend nicht, und er möchte sie zähmen wie einen Hund. Oh, hoffentlich überleben die beiden überhaupt, ich bin mir da nicht so sicher.
Das eine ist unsagbar dürr. Und ich habe auch meine Zweifel, ob die beiden Kleinen verlassen worden sind und es also eine Heldentat dieses Mannes ist, sie aufzupäppeln – oder ob er es aus Eigennutz macht, um ein wildes Tier zu zähmen. Oder womöglich die Mutter erschossen – nein, so weit will ich nicht denken. Es belastet mich schon so ein wenig, dass ich nicht genau weiß, wie der Hergang des Fundes wirklich ist. Später auf der Fahrt hab ich noch überlegt, ob ich hätte anbieten sollen, sie mit zu füttern, aber aufgrund der Sprachbarriere (die Dorf-Einheimischen sprechen noch kaudawelschiger als die Normal-Einheimischen!) habe ich eben nur gestaunt und ein paar Fragen gestellt.
Der Umweg verlässt bald die feste Straße, führt aber durch einen wunderschönen Wald und direkt an einen großen See. Meistens bin ich ganz alleine und fühle mich sehr mutig:-). Schon zum zweiten Mal an diesem Tag, klasse! Nach kurzer Suche entdecke ich eine Stelle, die etwas versteckt liegt, und kann mich ein wenig frisch machen Eine heiße Dusche kann ich somit wieder einmal verschieben. Zum Glück hab ich extra biologisch abbaubare Seife für solche Fälle dabei. Hach, tut das gut, und weiter geht es. Bald bin ich wieder an der Küste und habe schon wieder ein traumhaftes Wetter. Das ist deshalb erwähnenswert, weil es hier an 200 Tages im Jahr regnet. Nicht umsonst ist alles so herrlich grün!
Hokitika ist ein nettes Städtchen, direkt am Pazifik, das heißt, von der Innenstadt hat man einen direkten Zugang zum Meer. Ich wandere erst einmal durch die Geschäftsstraßen, setze mich eine Weile in die Bibliothek, nehme dann mein Auto und mache es mir direkt am Wasser bequem und esse mein Müsli. Kann das Leben schön sein!
Nun bin ich ein wenig ratlos, wie ich weitermachen möchte. Für einen Campground ist es mir noch zu früh, also nehme ich meinen Lonely Planet vor und forsche, was es hier noch so zu machen gibt. Die Autoren schlagen den Hoketika Gorge vor – 36 km entfernt. Es soll eine wunderschöne Schlucht sein. Also los geht’s. Der Weg ist gut zu fahren, der Wanderweg wunderbar zu laufen – und mal wieder die Aussichten grandios! Ich weiß nicht, ob ich jemals so blau-grünes Wasser gesehen habe? Über eine Hängebrücke geht es über die Schlucht und auf dem Rückweg sehe ich noch, wie zwei junge Männer sich aus der Höhe ins Wasser stürzen. Und ich wette, jeder der Zuschauer beneidet heimlich den Mut der beiden!
Ein gelungener Ausflug! Ich fahre zurück, überlege nochmals, ob ich noch irgendetwas in der Stadt machen sollte, entscheide mich dann aber für den Campingplatz ca. 10 km südlich. Ich erwarte einen kleinen DOC-Campground mit mehr Bäumen und Mücken als Camper, dafür günstig. Stattdessen? Eine riesige offene Wiese direkt am See, gut, das mit dem See, das wusste ich, aber See ist ja nicht gleich See! Abwaschmöglichkeit, Toiletten, und das noch irre günstig! Was will ich mehr?
Witzigerweise treffe ich zwei Männer wieder, die in der letzten Nacht schon mit mir auf demselben Platz übernachtet haben. Netter Zufall, denn so kommen wir gleich ins Gespräch. Erst heute Nachmittag ist mir aufgefallen, dass ich seit drei Tagen nicht mehr mit Menschen geredet – es aber auch nicht sonderlich vermisst habe. Dass ich manchmal Selbstgespräche führe, lassen wir mal dezent unter den Tisch fallen. Das bekommt ja auch keiner mit – selbst wenn mich im Auto jemand beobachtet, denkt er, dass ich telefoniere, und das brav mit der Freisprechanlage! Tja, früher hielt man die Leute, die im Auto mit sich reden, für leicht bekloppt, heute für unglaublich wichtig…. Sollte man mal überdenken!
Ganz real und nicht wirklich wichtig schnacke ich mit den beiden nun eine nette Runde. Dann mache ich mir eine Champignon-Suppe warm, und mir wird klar, dass ich bisher nur, wenn schon warm, Nudeln gegessen habe.
leicht übertriebene Weihnachtsdekoration
Nun bin ich schon fast drei Wochen hier. Ich will nicht sagen, dass die Zeit schnell vergangen ist, sie ist sehr intensiv. Inzwischen laufen die Tage schneller, was sicherlich mit daran liegt, dass ich mich an das Vagabundenleben gut gewöhnt habe, und es nicht mehr so aufregend ist wie noch am Anfang. Das Alleinsein gefällt mir, ich liebe es, meine Gedanken kommen zu lassen und frei entscheiden zu dürfen, was ich als nächstes mache. Auch wenn mir die Entscheidungen nicht immer leicht fallen. Ich bin und bleibe gespannt, wie die Wochen so laufen und was sie mit sich bringen werden.
lieber nicht genau übersetzen….
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