21. – 31. Januar

Donnerstag, 21.01.2016

Wellington- Museum und Botanischer Garten

Es folgt wieder einmal ein Tag mit Kultur, mit viel Zeit und trotzdem irgendwann platten Füßen. Ich fahre morgens zeitig mit dem Bus nach Wellington rein, lasse mein Auto zum ersten Mal auf dem Campingplatz stehen. Was soll ich teure Parkgebühren bezahlen, überhaupt erst einmal einen Parkplatz finden in der mir fremden Stadt? Also habe ich mich gestern gleich nach den Busverbindungen erkundigt, einen Plan ausgehändigt bekommen und mache mich auf den 10- min Weg zur Haltestelle. Seit meiner Fahrt vom Flugplatz am ersten Tag ist dies meine erste Busfahrt und ich bin erneut angenehm überrascht, dass es in Neuseeland selbstverständlich ist, dass man beim Betreten des Fahrzeuges den bzw. die Busfahrer(in) begrüßt und beim Verlassen sich verabschiedet – und bedankt! Jeder macht das, es gibt auf meiner Fahrt von 35 min keine Ausnahme. Mir gefällt das genauso gut wie das häufige Fragen, wie es einem geht. Nicht so oft, wie in den USA, und natürlich möchte auch keiner eine ehrliche Antwort, aber es lockert auf, und ein „Es geht mir gut“ stimuliert ganz andere Zellen als ein einfaches „3,50 €!“ an der Kasse.

Bald (die nette Busfahrerin weist mich an, wo ich aussteigen muss) bin ich fast an dem von mir geplanten Museum Te Papa – übersetzt heißt das „der Ort der Schätze dieses Landes“. Ein „Muss in Wellington“ habe ich mir sagen lassen und wirklich – es ist sehr beeindruckend. Man könnte locker 2-3 Tage drin verbringen und hätte immer noch nicht alles gesehen. Wie auch die anderen von mir besuchten Museen ist es sehr interaktiv aufgebaut. Zwischendurch gibt es immer wieder Ecken für Kinder, in denen sie malen, das Gesehene nachspielen oder –bauen können. Je nach Interessenlage kann man sich die Besiedelung vom Anfang bis heute, den geologischen Aufbau der Insel, die Maorikultur, die Tierwelt oder auch Kunst auf sechs Ebenen ansehen. Übrigens alles (!) zweisprachig: Maori und Englisch! Und das alles auch noch kostenlos!

Zudem gibt es eine Sonderausstellung über den ersten Weltkrieg, zu der die meisten möchten und in der langen Schlange warten. Ich gestehe, der interessiert mich hier gerade nicht so sehr, bin schon so fast überfordert, mir für den Rest einen Plan zu machen. Immerhin – so stehe ich gleich an der Treppe und kann auch noch beobachten, wie nett der Wärter mit den Kindern umgeht. Die dürfen dann pünktlich um 10:00 Uhr das Band vor der Treppe öffnen.

Trotz eines Kaffees zwischendurch kann ich nach 3 Stunden nichts mehr aufnehmen und mache mich auf, um durch die wirklich beeindruckende Stadt zur Cable Car zu gelangen, einer Standseilbahn, die einen in wenigen Minuten zu dem 120 m hohem Botanischen Garten bringt. Eigentlich zu einem dort liegenden Stadtteil, aber eben auch zu dem angrenzendem Garten.

Als ich das Museum verlasse, sehe ich direkt am Hafen eine kleine Möglichkeit für Kinder zum Erfrischen: Vom Hafenbecken wurde ein kleines Stück abgetrennt und ein Sprungbrett aufgestellt – ein kleines unkompliziertes Schwimmbad ist eröffnet, nicht viel mehr als 20 m2.

Auf dem Weg zur Bahn

Zum Glück ist der Eingang zur Bahn auf dem Weg dorthin gut ausgeschildert, er liegt recht versteckt in einer engen Passage. Nachdem ich mir die Karte gekauft habe, bin ich überrascht, wie viele Menschen dort warten – es ist eben doch eine Attraktion! 100 Menschen passen in eine Bahn und derer fahren zwei, die sich in der Mitte begegnen und quasi die Spur tauschen. Zwei Bahnen fahren ohne mich. Aber ich wäre nicht Silke, wenn ich nicht schnell Leute zum Schnacken gefunden hätte und so vergeht die Zeit schnell. Ich bekomme sogar einen Sitzplatz und genieße die Fahrt beim gleichzeitigen Schäkern mit einem Vierjährigen, der mir mit seinen Großeltern gegenüber sitzt.

Oben angekommen mache ich zunächst Fotos, insbesondere von der nächsten ankommenden Bahn und den Anblicken der Stadt am Meer – tief unten. Ganz stressfrei ist nun ein Ich trinke einen Kaffee, bevor ich den Rückweg zu Fuß durch den Garten antrete, genehmige ich mir aber erst einmal einen Kaffee und genieße die Aussichten.

    

Meine Wege durch den botanischen Garten verlaufen kreuz und quer, es lohnt sich immer wieder, kleine Zwischenwege einzuschlagen. Hier findet sich noch eine Skulptur, dort ein schöner Rosengarten, ein kleiner See oder ein Busch, der offensichtlich am Abend beleuchtet wird.

Der Weg führt anschließend über einen historischen Friedhof wieder in die Innenstadt. Ich bin allmählich wirklich müde und weiß noch nicht so recht, wie ich nun weitermachen soll, d.h. wie ich mich ausruhen kann, ohne sofort auf den Campingplatz zu fahren.

Mehr aus Zufall als geplant (mein Orientierungssinn war auch vor „Google Maps“ im negativen Bereich) stehe ich plötzlich vor dem Hotel, in dem ich gestern Abend einen Tee getrunken habe. So suche ich mir dort wieder ein ruhiges Plätzchen, lege meine Beine hoch – sollte das jemand schlimm finden, er sieht mich ja nicht wieder – und entspanne beim Buch und bei etwas Video gucken. Dicht dran befindet sich ja die Wifi-Zelle. Bernd kann ich um diese Uhrzeit natürlich nicht erreichen.

Die Rückfahrt dauert sehr viel länger als gedacht – wir stehen lange in einem Stau. Ich bin froh, dass ich mein Buch auf meinem iPhone dabei habe und mich dementsprechend nicht langweilen muss. Ich habe nicht gezählt, aber ich vermute, dass 90% der Fahrgäste auf ihr Smartphone starren.

Irgendwann im Laufe des Tages hatte ich den Gedanken, abends noch einmal mit dem Auto in die City zu fahren, aber den verwerfe ich nach dieser Tour. Ich bin froh, als ich etwas gegessen habe und nun den Abend langsam aber sicher ausklingen lasse.

Freitag, 22.01.2016

Es kommt immer anders- schöne Erlebisse

Es ist ein typischer Neuseeland-Silke-Tag: es kommt ganz anders als gedacht, im besten Sinne.

Morgens wache ich etwas angespannt auf, ich habe nicht wirklich gut geschlafen. Das mag daran liegen, dass ich abends im Hotel zwei Kännchen grünen Tee getrunken habe, vielleicht aber auch daran, dass ich nicht wirklich weiß, wohin die Reise nun weitergeht und ich eigentlich gar nicht entscheiden möchte, wohin ich fahre. Zum Glück habe ich gestern schon mal geguckt, welche Richtung ich heute zunächst einschlagen werde und mir zwei Orte rausgeschrieben, die ich besuchen möchte. Mit einem „Naja- Gefühl“ fahre ich erst um 10:00 Uhr los, das ist für mich recht spät. Aber damit mache ich mir keinen Stress. Stress mache ich mir mit meinem sich schneller als gedacht leerenden Tank. Wieso habe ich nicht noch an der letzten Tankstelle schnell gehalten? Dieser Stress muss doch wirklich nicht sein. Erst als ich mir klar mache, dass es kein Weltuntergang ist und auch nicht das Optimum an Peinlichkeit, wenn ich zugeben muss, dass ich keinen Sprit mehr habe, dass das auch anderen passiert, bin ich der Sache näher und werde gelassener.

Immerhin bin ich nicht in einer einsamen Gegend! Und die Neuseeländer sind immer hilfsbereit! Ich bin noch nicht einmal im roten Bereich, als ich eine Tankstelle finde! Und werde auch insgesamt ruhiger.

Der Verkehr hier ist wirklich ein kompletter Gegensatz zu der Südinsel. Ich habe Wellington schon lange hinter mir, und trotzdem schleicht die Schlange an Autos die meiste Zeit. Überhaupt die vielen Autos, das bin ich gar nicht mehr gewöhnt!

Bevor ich meinen ersten gewählten Ort, einen kleinen Künstlerort laut Lonely Planet, erreichte, finde ich meinen Lieblings-Supermarkt und gehe erst einmal Vorräte aufstocken. Die gegrillten Hähnchen duften so verführerisch, dass ich mir ein kleines abgepacktes Stückchen mitnehme und bereits am Auto verspeise – sonst wird es ja kalt. Die Fahrerin des neben mir parkenden Autos kommt und fragt nach einem Blick in meinem Bus, ob ich auf einer Rundreise sei. Ich bejahe und erkläre, dass ich gerade so Appetit auf Hähnchen hätte, dass ich nicht warten könne. Sie zeigt auf ihren Einkauf und fragt mich, ob ich etwas Salat dazu haben möchte. Der von ihr verwendete Ausdruck ist mir fremd, so rupft sie mir einfach einen Teil ihres Eisbergsalates ab und reicht ihn mir. Zuhause würde ich nie ungewaschenen Salat essen, hier nun schmeckt mein Fleisch noch einmal so gut, und das besonders, weil ich mich so freue!

Weitere 10 km später erreiche ich den netten Künstlerort und trinke einen Kaffee.

Hier befindet sich auch noch ein recht großer Park, der im Reiseführer beschrieben ist, doch ich habe noch keine Lust auf einen Gang, und gucke ihn mir deshalb nur kurz vom Auto aus an. Reicht, ich möchte mich nicht verzetteln. Da nehme ich mir lieber mehr Zeit in dem 20 km entfernten Nga Manu Nature Reserve, im Prinzip ein kleiner Tierpark in einem Naturreservat.

Alles ist sehr liebevoll gepflegt und den Eintritt zahle ich wirklich gerne! Die Mitarbeiterin legt mir mache, als erstes zu den Aalen zu gehen, weil die gerade gefüttert werden. Ich bin völlig fasziniert!

Habe ich auf der Südinsel Aale in der Wildnis gesehen, hier zeigen sie sich in ihrer ganzen Pracht. Der Mitarbeiter erklärt mir, dass sie in diesen kleinen Teich nur zum Füttern kommen, das kennen sie, danach schwimmen sie wieder in den großen daneben liegenden See. Sie aalen sich im wahrsten Sinne des Wortes, sie bewegen sich zum Teil wie Schlangen und vollführen kunstvolles Tanzen, um an die Küken zu gelangen, die zwei Kinder ihnen mit extra Stöcken hinhalten. Ich finde es klasse, dass die beiden Kinder dem jungen Mann „helfen“ dürfen, das werden sie sicherlich nicht vergessen.

Ich begebe mich nach gefühlten tausenden von Fotos zu den weiteren Einrichtungen. Zunächst besuche ich ein eingezäuntes Revier – auf der einen Seite ein Gehege mit den kleinen neuseeländischen Papageien sowie Haustauben, die größer und schöner als bei uns sind, auf der anderen Laufvögel, Namen habe ich gerade vergessen…

Während ich an dem Käfig mit den Laufvögeln stehe, kommt das eben noch fütternde 12-jährige Mädel dazu und geht wie selbstverständlich direkt in den Käfig, durch eine kleine Pforte, auf der „only staff”, nur für Mitarbeiter, steht. Ich weise sie vorsichtig darauf hin, da meinte sie, sie sei heute ein „staff“, sie würde heute hier mitarbeiten. Super! Ich spreche sie auf ihre Wunde im Gesicht an, die auffällt, ich denke, sie hatte einen Fahrradunfall, aber es ist ein Geburtsmal. Ich zeige ihr mein Muttermal, und schon haben wir etwas, was uns verbindet. Nun führt sich mich durch das Gehege, zeigt mir schlafende Kiwis, die ich ohne sie nicht entdeckt hätte.

Der ist natürlich ausgestopft, die Lebenden wollte ich nicht mit Blitz fotografieren…

Im Nachthaus: bei blauem Licht leuchten die hellen Streifen, und die Zähne

  

Mein erster Eindruck von ihr war ein etwas verzogenes nerviges Mädel, doch nun ist sie in ihrem Element und freut sich, dass die das, was sie heute gelernt hat, an mich weitergeben kann – in einer Weise, die alles andere als nervig ist. Ich habe sie gerne um mich und sage ihr das auch. Wir besuchen noch Keas, einen Schwan – einen weißen, für mich so normal, für Neuseeland ungewöhnlich – hier gibt’s fast nur schwarze. Mary fragt mich nach deutschen Liedern – und das einzige, das mir ad hoc einfällt, ist „Abend ward, bald kommt die Nacht“, mitten am Tag. Und den Text, den kann ich auch nicht mehr, was aber ja kein Problem darstellt, denn Mary kann kein Deutsch und so dichte ich einfach frei nach dem Motto „Reim dich oder ich fresse dich!“. Sie sucht nach einem englischen, das sie mir vorsingen kann, ich nach weiteren deutschen – mir fällt nichts ein! Ich bin baff! Im Auto nachher kommen alle möglichen wieder…

Am Ende unseres Rundganges gebe ich ihr 2$, die ich mir schnell zwischendurch in die Hosentasche gesteckt hatte. Sie mag sie nicht annehmen, will sie mir zurückgeben, das habe sie doch gerne gemacht, und dafür möchte sie doch kein Geld. Überhaupt, sie brauche doch keines. Ich mache ihr klar, dass ich auch Kinder habe und weiß, dass ein 12-jähriges Mädchebn den einen oder anderen Wunsch habe und – ganz Mutter-mäßig – „no discussion!“

Ihre Großmutter wartet schon mit ihrem Bruder auf sie, und glücklich erzählt Mary von ihrer Belohnung. Sie umarmt mich herzlich und geht sich ein Eis holen, das ihr die Großmutter spendiert hat. Wir erzählen noch ein wenig und bald gehen wir zu den Autos. Mary umarmt mich noch einige Male, ich glaube, es war für das Schönste, dass ich ihr zugehört habe, Fragen gestellt und ihr gezeigt habe, dass sie ein liebenswertes Mädel sei. Wir machen noch Fotos, Selfies, von uns beiden, und ich sage ihr, dass sie schön ist, als sie sich etwas ziert. Da stockt sie, und meint treuherzig und fast den Tränen nahe, das hätten bisher nur ihre Eltern und Großeltern gesagt, aber noch nie jemand anderes. Woraufhin ich nur erwidere, dass es außer Frage stehe!

Wie schön und leicht war es, dieses Kind glücklich zu machen. Ich bin so beschwingt, nicht nur deshalb, sondern weil einfach dabei der Funke übergesprungen ist und ich glücklich bin, dieses Mädchen kennen gelernt zu haben. Sie hat mir ihre Mailadresse aufgeschrieben und so werde ich ihr die Bilder schicken, sobald ich Wifi habe.

Mein Tag steht nun aber unter dem Stern „ach, ist das alles klasse, cool, und superschön!“ und ich fahre beschwingt weiter.

Als ich – damals – in Worpswede meine Sachen gepackt habe, gab Sven mir ein Schreiben für eine Familie auf der Nordinsel mit, bei der er mit seinem Freund und seiner ihn besuchenden Cousine zu Gast war. Ich habe die ganzen sieben Wochen erfolgreich penibel darauf geachtet, dass es bloß nicht geknickt würde und nun schrieb Sven mir gestern eine SMS mit dem Ort, in dem sie wohnen- mein nächster angepeilter Punkt. Endziel ist spätestens morgen früh ein Campground, auf dem eine junge Frau derzeit arbeitet, die ich im Flieger kennen gelernt habe. Wir schreiben uns immer mal eine „WhatsApp“ und halten uns so auf dem Laufenden, was die andere gerade so treibt. Und sie ist ca. 1 Stunde von Jane, der ich das Schreiben geben soll, entfernt.

Als ich das Städtchen erreiche, rufe ich Jane an und frage nach der genauen Adresse. Anstatt sich überfallen zu fühlen, freut sie sich aufrichtig. Wir trinken einen Tee, obwohl sie kaum Zeit hat, denn sie hat dann noch einen Kurs. Spontan bietet sie mir aber an, ihr Haus zu benutzen, für alles, was ich brauche oder möchte. Und natürlich könne ich auch gerne ein paar Tage bleiben!

Wäre ich nicht verabredet – wir wollen morgen Kanu fahren – hätte ich es angenommen und gerne mit Jane noch den Abend verbracht. Die Stunde verfliegt mit ihr, die Chemie stimmt wie selten.

Ich bringe sie anschließend bei der Bücherei vorbei, und fahre dann weiter. Ganz bewusst habe ich mir die längere Scenic-Route ausgesucht, und ich werde wieder nicht enttäuscht! Wieder einmal zeigt sich eine neue Landschaft, die mich zum Staunen und zu Ausrufen bringt.

      

Ich glaube wirklich, wenn mein Auto abgehört werden würde – ein freier Aufenthalt in der psychiatrischen Anstalt wäre drin. Aber es ist auch so was von schön, die Berg- und Tal-Landschaften, plötzlich wieder tiefe Schluchten, nebenbei steht der fast volle Mond schön dick am Himmel, die Sonne blendet, so tief steht sie, kurzum, es ist fast kitschig, sooo schön!

Es ist nahezu dunkel, als ich den Campingplatz erreiche. Bevor ich nichts mehr sehe, mache ich mir ein Käsebrot mit Tomaten und trinke etwas Wein! Wie geht es mir gut!

Angekommen….

Samstag, 23.01.2016

Mangaweka- Soft-Rafting

Oh weia, die Nacht war ein wenig schwierig. Jugendliche hörten ziemlich laut Musik. Ich war so müde, konnte aber schwer schlafen. Na gut, nicht schlimm, das muss ich mir einfach einreden, und es klappt. Nach einem schönen Frühstück in der Sonne bin ich wach, packe meine Sachen zusammen und fahre auf die andere Seite des Flusses ins Office, um Melanie zu suchen. So wird sie hier genannt. Kay, unter dem Namen habe ich sie kennengelernt, kennt hier keiner, doch schon kommt sie um die Ecke. Ich freue mich, sie wieder zu sehen. Und sie klärt mich über ihre beiden Namen auf, die sie wechselnd benutzt.

Heute Morgen wollen wir eine Rafting–Tour machen, ich bin gespannt, und auch ein wenig aufgeregt. Rafting hört sich ziemlich gefährlich an.

Wie so eigentlich alles, geht’s gemütlich zu, nur keinen Stress. Wir sollen uns so anziehen, dass wir nass werden können, Wertsachen können wir in einen wasserdichten Sack von Dane, unserem „leader“, packen und schon geht es zunächst mit einem Bus an die Stelle am Fluss, von der wir starten.

Melanie und ich sitzen mit zwei Engländern und Dane, der alle Zügel in der Hand hält, in einem Schlauchboot, 4 Kajakfahrer fahren hinter uns her. Welch schöne Aktion! Die Aussichten sind einfach nur wundervoll, wir haben bestes Wetter und gleiten so dahin. Dane erklärt mit auf meine Frage hin, dass es „Scenic-Rafting“ sei. Dann und wann kommen ein paar Stromschnellen, aber es geht eher ruhig zu. Ich genieße es wahnsinnig, mache ein paar Bilder und schnacke während des Natur-Aufsaugens mit Kay-Melanie.

Zwischendurch sehen wir ein paar Fliegenfischer, die nicht so erbaut von der Unterbrechung sind, und irgendwann fragt Dane, ob wir schwimmen wollen. Klar, also schnell umziehen, Bikini haben wir unter unseren Klamotten! Nein, nein, einfach so, in den Schwimmwesten und vollen Montur. Hm, Melanie und ich haben den Kopf eingeschaltet, sollen wir, dann sind wir doch danach so nass und werden kalt…. Der Engländer, ein etwas korpulenter Mann Mitte 60, lässt sich hinterrücks ins Wasser plumpsen, seine nicht minder gebaute Frau tut es ihm nach. Melanie und ich sehen uns an – und schon sind wir im Fluss. Was für eine Erfrischung, was für ein Spaß! Und dann noch das Gefühl, in den Klamotten zu schwimmen, bzw. sich mit der Schwimmweste treiben zu lassen.

Dane hilft der Engländerin ins Boot, und bei dem Anblick beschließe ich, dass ich das alleine kann. Und schaffe es auch. Und kalt ist mir auch nicht, es ist wundersuperklasse!

Zu der Tour gehört hinterher im Bistro des Campingplatzes ein kleiner Snack, und das erste Getränk zum halben Preis. Cool! Nebenbei frage ich die Besitzerin des Campingplatzes nach dem Preis für eine Nacht. Sie sagt ihn mir zwar, meint aber, ich würde doch Melanie besuchen und so könnt ich doch vor dem Woofing-Haus parken und schlafen, da brauche ich nichts zu bezahlen. Wie nett ist das denn!! Ich revanchiere mich ein wenig, indem ich Melanie etwas bei ihrer Arbeit helfe und ein paar Fenster in der Bar putze. Gemeinsam kochen wir am Abend im Haus der Campingplatz-Betreiber und haben es nett.

Ich freue mich auch, einfach den Tag zu genießen, ohne zu fahren und klettere abends nach einem netten Abend in der Bar im Kreise der Campingplatz- Familie und deren Freunde zufrieden in meinen Bus. Ob ich morgen weiterfahre oder noch bleibe, da frage ich meinen Bauch morgen früh!

Sonntag, 24.01.2016

Wanganui- ein Fest und Open-Air-Kino

Mein Bauch sagt ganz deutlich: weiterfahren, ohne wenn und aber. Ich bin ausgeschlafen und werde für einen Einkauf die nächste 20 km entfernte kleine nächste Stadt anfahren und dann mich in Richtung Wanganui aufmachen. Unterwegs geht es über kleine Steigungen, und jedes Mal rutscht die Temperaturanzeige weiter nach oben und geht runter, sobald ich das Gas wegnehme. Mist, ich werde Wasser nachfüllen müssen.

Also besorge ich im Ort erst einmal Eis für meinen Kühlschrank, nutze die Wifizelle und fahre dann zur Tankstelle, um mein Wasser aufzufüllen. Ich entdecke schnell eine Gießkanne, frage nach dem Wasserhahn und kippe dann erst einmal 5 l nach. Nebenbei hat die Tankstelle ein nettes Café, eine Aufladestation für Smartphones o.Ä. und freies Wifi, und so bleibe ich ca. 2 Stunden, um meinen Blog wieder halbwegs zu aktualisieren. Es tut mir mal wieder supergut. Denn so richtig glücklich bin ich nicht. Ohne den Grund zu wissen, und ohne Lust, darüber nachzudenken, versuche ich hinzunehmen, dass ich auf Knopfdruck losweinen könnte. Ich denke inzwischen, das gehört nicht nur zu mir, sondern auch zu dieser Reise. Ich konzentriere mich darauf, dass ich stolz bin, so lange schon alleine unterwegs zu sein, alles selbst zu meistern – sogar Kühlwasser auffüllen kann ich jetzt!

Um nach Wanganui zu kommen, muss ich die gleiche Strecke zurückfahren und anschließend weitere 90 km. Ich stelle mir ein Hörbuch mit englischen Lektionen an.

Ansonsten ist die Fahrt ohne viele Aha- und Wow-Erlebnisse, eher ein wenig langweilig. Dann aber erreiche ich diese niedliche historische Stadt und bin gleich voll im Trubel: ein großes Fest ist voll im Gange, auf einem kleinen Platz am Wanganui-River. Viele sind im Stil der, ich würde sagen, Jahrhundertwende (also Ende 18. Jh) gekleidet, drei Dampfmaschinen bieten für wenig Geld kleine Rundfahren an und es gibt Live- Musik.

Ein paar Kinder führen einen Tanz auf, rund herum sitzen Familien auf ihren Decken und machen Picknick. Hier und da werden Kunstgegenstände verkauft. Es ist warmes, schönes Sommerwetter!

Ich mache eine Dampfmaschinen-Rundfahrt durch die Stadt, gucke mich ansonsten ein wenig um, entdecke auf einem Plakat die Voranzeige für eine Freiluft-Kino-Veranstaltung heute Abend und trinke eine leckere Eisschokolade, draußen mit Blick auf ein paar Oldtimer, die auf das Fest fahren.

Ach, es geht mir ja schon um einiges besser. Trotzdem ist es bald genug für mich und ich suche mir einen guten Campingplatz und bereite mich auf den Abend vor: duschen, essen, mich auf den Kinofilm „Grease“ freuen!

Ab 19:00 ist Einlass, meine gewaschene Wäsche braucht ein wenig länger, und si bin ich gegen viertel vor acht da. Während ich esse, kommt eine Frau zu mir und fragt, was es denn bei mir zum Dinner gäbe. Ich versuche gar nicht erst zu antworten – mit total vollem Mund. Worauf sie gleich meint, das mache sie immer so, Fragen stellen, solange der andere nicht antworten kann. Ich meinte anschließend auch nur, dass sie sicherlich nicht scharf auf eine Dusche mit Müsli sei.

So kommen wir ins Gespräch, ich erzähle von meiner Reise und den abendlichen Plänen. Wen wundert es, dass es mich unglaublich glücklich macht, als sie mich am Arm nimmt und meint, sie sei so stolz auf mich. Eine fremde Frau + ein kurzes Gespräch = richtig gute Laune.

Das Open-Air-Kino findet auf einem riesigen Sportplatz statt. Ich kann nicht abschätzen, wie viele Menschen sich dort niedergelassen haben, 800, 1000? Es sind wirklich viele, alles Menschen von hier, die sich zum Großteil kennen. Die Kontrollen am Eingang sind unerwartet scharf – Alkohol darf sowieso nicht mit hineingenommen werden, aber auch keine Flaschen sonstiger Art. Ich habe zum Glück eh nichts dabei, wundere mich trotzdem über die strengen Maßnahmen- es ist immerhin nur ein Film und kein Rugby-Spiel.

Ich glaube, ich bin die einzige, die hier alleine sitzt – aber es stört mich mal wieder nicht. Das sind einfach tolle Erfahrungen, die ich hier mache, und ich betrachte es als wirklichen Lernerfolg: mich in einer Menge von Leuten, die alle Kontakt haben, mich nicht einsam oder allein – oder mich – wie früher – ausgeschlossen zu fühlen. Ich habe nicht einmal Ambitionen, mit Leuten zu schnacken, sondern sitze auf meinem mitgebrachten Stuhl, habe mir beim Hereinkommen ein Bier geholt und gucke mich erst ein wenig um und lasse die Eindrücke auf mich wirken. Viele sind in „Verkleidung“ in Anlehnung an die Filmpersonen gekommen, tanzen schon ausgelassen nach der Filmmusik und bringen Stimmung auf den Platz. Viele sitzen aber auch einfach nur normal auf ihren Decken oder Stühlen, haben ein kleines Buffet vor sich ausgebreitet und begrüßen sich. Ich lese in meinem Buch, bis der Film beginnt.

Ich verstehe längst nicht alles beim Film, habe ihn aber in meiner Jugend so häufig gesehen, dass es ich sämtliche Inhalte kenne und die Musik wie die meisten mitsingen kann. Ich habe Spaß!

Während die meisten ihre Picknickdecke und diverse Inhalte nach dem Ende einpacken müssen, schnappe ich mir meinen Stuhl und begebe mich schnell zum Ausgang – das Warten am Anfang hat mir gereicht.

Montag, 25.01.2016

Ein weiter Tag in Wanganui mit Besuch aus Worpswede und ein Vogelpark-Besuch

Weil ich gestern nach dem Film noch lange mit Bernd geskypt und danach noch im Schlafsack bis halb zwei gelesen habe, schlafe ich heute Morgen einfach ein wenig länger. Zum Glück habe ich mein Auto gestern Nacht unkomplizierterweise auf einen „powered site“, also einen mit Stromanschluss, gestellt, weil ich so im Schatten zweier Bäume stehe und mein Auto nicht so heiß wird. Ich bin ausgeschlafen und guter Dinge, das lange Gespräch mit Bernd in der Nacht hat mir gut getan. Es ging vorwiegend darum, dass ich immer noch nicht weiß, wie ich mein Leben weiterhin gestalten möchte. Rein theoretisch hatte ich ja nicht den Anspruch, dass das ich nach meinem Aufenthalt hier einen perfekten Plan habe – aber schön wäre es ja doch! Nur – es gibt so viel, was mich interessiert, und die Richtungen kann ich noch nicht unter einen Hut bekommen. Ich suche weiterhin nach Schnittstellen, vielleicht kommen mir ja bei weiteren Wanderungen demnächst so kleine Erleuchtungen. Mir reichen schon Feuerzeug-große, die ich dann erweitern kann.

Zunächst aber frühstücke ich und mache mich dann auf den Weg in das Zentrum von Wanganui. In der Mittagszeit werde ich mich mit Els, einer befreundeten Nachbarin aus dem Luck (für die mir unbekannten Leser: die Straße, in der ich in Worpswede wohne) treffen. Sie hatte ihren Besuch hier in NZ, wo ihre Tochter lebt, schon länger als ich den meinen geplant, und so hofften wir, dass ein Treffen auf der andern Seite von Worpswede klappen würde. Bis gestern sah es nicht so aus, weil ich auf dieser Reise eben nichts planen wollte, sie aber mit ihrer Tochter nicht nur in Wellington, sondern auch noch an einem Urlaubsort war. So trifft es sich super, dass sie sich auf dem Rückweg von New Plymouth nach Wellington befinden und einen Zwischenstopp hier in Wanganui einlegen können. Um die Mittagszeit wollen wir uns treffen. Wunderbar!

     

Ich parke meinen Wagen auf einem Schattenplatz, und wandere ein wenig durch die Stadt. Ich  besuche ein kleines Museum, eine kleine Galerie und trinke schon mal einen Cappuccino. Heute ist ein Feiertag – Wellington-Birthday, der bis hierher ausgedehnt wird. Dadurch haben nur wenige Cafés offen. Das, in dem ich Els mit Tochter und deren Familie treffen wollte, steht leider dementsprechend nicht zur Auswahl. Im Endeffekt machen wir ein kleines Picknick am Fluss, denn die kleine Enkeltochter, fast 10 Monate alt und total goldig, muss sich ein wenig bewegen.

Dafür habe ich sowieso vollstes Verständnis, und wir sitzen schön am Wasser und haben es nett. Zwischen den Sprachen wechseln wir hin und her, damit sich der Mann von Kareen, Els Tochter, nicht ausgeschlossen fühlt.

Nach einer Stunde bricht die Familie wieder auf, sie haben noch einiges an Fahrerei bei wahrscheinlich recht vollen Straßen vor sich.

Ich beschließe, dass die Zeit für einen Besuch im „Bushy-Park“ reicht. Eine halbe Stunde Fahrt, dann bin ich so um 15:15 da, um 17:00 schließt er laut Internet. Bei diesem Park handelt es sich um ein Vogel-Schutzgebiet, in dem man viele der einheimischen Vögel zu sehen bekommen soll, frei lebend. Und die Vogelwelt hier ist durchaus beeindruckend – nur kann man sie so schwer sehen, denn sie verstecken sich gut in dem ganzen Grün der Bäume.

Ich erreiche das Haupthaus, in dem man sich auch einmieten kann, gegen halb vier. Vorher muss ich eine Autoschleuse passieren: vor einem großen Tor halten, aussteigen, Knopf drücken, Tor öffnet sich, durchfahren, warten, bis das Tor zu ist. Wieder aussteigen, nächsten Knopf drücken, zweites Tor öffnet sich, endlich bin ich drin. Ich überlege, warum diese Sicherheiten eingerichtet sind, die Vögel können ja locker drüber hinweg fliegen. Wahrscheinlich geht es aber darum, gewisse Tiere aus dem Schutzgebiet rauszuhalten, in erster Linie das Possum und das Wiesel, beides echte Vogel-Killer.

Ich bezahle meine 10$, bekomme einen Plan über die Spazierwege und erfahre, dass ich solange, wie ich möchte, bleiben kann.

   

Der Park wird nicht abgeschlossen, ich kann mir Zeit lassen. Ein schönes Gefühl, und bleibe wirklich ganze drei Stunden. Wandere die Wege ab, bleibe immer wieder stehen, einfach um zu warten, dass sich die Vögel zeigen und um sie zu fotografieren.

Ich gehe an einem langen Zaun entlang, an dem ich auf der anderen Seite Schafe sehe, hier jedoch nur wenig Vögel. Hier ist Raum und Zeit für Gedanken, Gedanken über die Meinungsfreiheit, über das Stehenlassen anderer Meinungen, wieweit ich Einstellungen anderer ändern kann, oder überhaupt will. Selbst beim Schreiben dieser Zeilen beginnt das Gehirn wieder zu arbeiten bezüglich des Themas. Ich genieße diese Zeit des Denkens und der Ruhe.

Ich bin alleine unterwegs. Andere Besucher kamen gerade zurück, als ich mit meinen Rundwegen begann. Ein kurzer Blick auf mein iPhone zeigt mir, dass ich ausreichend Empfang habe für den Fall, dass ich mir dank der vielen Wurzeln oder Unebenheiten ein Bein brechen sollte. Das ist damit auch geklärt. Teilweise erinnert mich der hohe Zaun an den damaligen Grenzzaun zwischen Ost und West, nur nicht vermint und bewacht. Auch der soll bestimmt vor dem Eindringen der oben genannten Tiere schützen, fragen kann ich keinen mehr, die Zuständigen haben längst Feierabend, wenn ich wieder zu meinem Auto komme.

Bevor ich den letzten Teil des Gebietes erkunde, das Feuchtgebiet, esse und trinke ich eine Kleinigkeit am Auto. Erst kann ich mich schwer aufraffen, noch einmal einen kleinen Wanderweg zu gehen. Doch die Trägheit wird besiegt – und ich befinde mich auf einem unglaublich schönen Weg! Er geht hinunter an einen kleinen Teich mit mehreren Stegen, alles noch recht neu angelegt. Auf jeder Holzpaneele ist der Spender eingraviert. Ich setze mich auf einen Steg, mache mir keine Gedanken darüber, dass ich noch nicht weiß, wo ich heute Abend schlafe und lasse einfach alles auf mich wirken.

Ein Eisvogel fliegt gleich zweimal über das Wasser, leider kann ich ihn nicht fotografieren, ich finde ihn nur mit dem Auge, nicht mit dem Objektiv. Auch andere Vögel zeigen sich aus der Nähe, ich bewege mich möglichst nicht. Im Teich kommen kleine Fische an die Oberfläche – auch nur, solange ich ganz ruhig sitze. Eine Bewegung, und schwups, sind sie wieder weg. Irgendwann beschließe ich, dass es Zeit zum Aufbruch ist.

Auch zurück geht es natürlich durch diese Schleuse und dann entscheide ich, die nächste Nacht auf dem gleichen Platz wie die letzte zu verbringen. Etwas Fahrerei, aber da weiß ich, was ich habe! Und was ich morgen früh machen werden: eine Yoga-Stunde am Fluss in Wanganui.

Vor einem Laden , und das ist eher die Regel!

Dienstag, 26.01.2016

Auf in Richtung Mt. Taranaki- inkl. vieler netter Gespräche

Ich habe mir den Wecker auf 7:00 Uhr gestellt und bin doch etwas entsetzt, als ich 2 min vorher aufwache und noch so müde bin. Also hänge ich noch eine halbe Stunde dran, dann wird es langsam warm im Auto, und ich bin auch ausgeschlafen. Ein kurzes Frühstück, schon geht’s zur nächsten Wifizelle und danach in die Stadt zum Yoga-Zentrum. Sven hatte mir davon erzählt. Gestern bin ich schon einmal hin gegangen und habe entdeckt, dass heute um 9:30 ein Kurs für Anfänger stattfinden würde. Vielleicht darf ich ja mitmachen.

Viertel nach neun bin ich da und frage nach. Ich fühle mich sehr mutig. Kein Problem, sehr gerne, ob ich schon mal Yoga gemacht hätte, und dass die Figuren sich ja nicht geändert haben. Die größte Überraschung ist der Preis: ganze 12$ soll ich bezahlen, das sind man gerade 7,15€! Ich denke erst, ich habe mich verhört, aber es stimmt. Unglaublich! Ich nehme mir eine Matte und Utensilien wie Decke, Block sowie ein Kissen, und bald fängt es an. Es ist eh schon sehr warm, und es dauert nicht lange, da läuft mir das Wasser aus allen Poren. Mit dem Verstehen habe ich große Schwierigkeiten, zu fremd sind die Worte, ich werde ein Yogabuch brauchen, um alles nachzuschlagen. Na ja, mal sehen. Ich gucke einfach immer wieder zu meiner Nachbarin oder zur anderen, je nach Seite. Die Leiterin erklärt, geht rum und korrigiert, macht vor. Es ist eine angenehme Stimmung, selbst der manchmal auftauchende Auto- oder Baulärm von draußen stört nicht. Und es tut so gut. Anstrengend ohne Ende, alles wird gedehnt und ich fühle mich rundum wohl! Nach der Stunde erzähle ich noch ein wenig mit dem Ehepaar, die sich dieses Yogazentrum inklusive eines Cafés aufgebaut haben. Leider können sie das Café zurzeit nicht betreiben, da sie sich zusätzlich um kranke Eltern kommen müssen. Schade, dass ich weiterfahren möchte, und das möchte ich trotzdem, aber ich wäre auch gerne noch 2 Tage geblieben, um noch einmal teilnehmen zu können. Und mal wieder gilt: wie gut, dass ich mich getraut habe! Nach wie vor ist das noch nicht selbstverständlich. Auch währenddessen komme ich mir ein wenig blöd vor, dass ich nicht alles verstehe- bis ich mich selbst zur Ordnung rufe! Von wegen blöd! – Klasse, dass du trotzdem mitmachst! Und woher sollst du die Worte wissen?

Ganz beschwingt gehe ich noch ein wenig in die Stadt, finde eine Bank im Schatten mit Wifi und beginne mit meinem Einstellen des Vor-Vortages. Zwischendurch setzt sich eine alte Frau mit Rollator zu mir, wir erzählen ein wenig, danach spricht mich eine Frau an- die mit in der Yogastunde war. Die Städtchen in Neuseeland sind genau so klein wie Worpswede! Man trifft sich immer wieder. Irgendwie bin ich dem Phänomen schon öfter begegnet! Auch mit ihr schnacke ich noch ein wenig und bald danach löst der Hunger und die Lust auf einen Kaffee den Spaß am Schreiben ab und ich genehmige mir erst einmal einen Cappuccino und einen Pie. Ich nehme bewusst einen, den ich schon länger ausprobieren wollte: Minz. Ich kann mir schwer einen Pie im Zusammenhang mit Minze vorstellen, aber das kann ich ja ausprobieren. Hört sich außerdem vegetarisch an. Als ich den Pie aufschneide, kommt eine durchaus leckere, aber eindeutige Rindfleischsauce zum Vorschein. Wieso Minze???

Das Geheimnis lüftet sich, als ich kurz danach die Straße wieder hinuntergehe: MINZ bedeutet: Made In New Zealand…. Und schon wieder etwas dazugelernt!

Nach Fertigstellung des Blogs begebe ich mich zum Auto- und treffe dabei meine Zeltplatznachbarn, ein Schweizer Ehepaar, bei denen ich das Gefühl hatte, dass ich sie auf dem Campingplatz bloß nicht ansprechen sollte. Selten so abweisende Gesichter gesehen. Wie anders ist es dann, wenn man sich zufällig wiedersieht! Ach, ihr ward doch meine Zeltnachbarn, wo kommt ihr her? Schweiz? Okay, weiter geht’s in meiner Muttersprache. Der Mann wird zusehends lockerer, die Frau braucht ein wenig länger, ist dann aber auch sehr gesprächig. Prima, dass ich noch mal kurz meine Meinung ändern kann!

Mein Auto steht immer noch im Schatten. Ich hatte versucht, darauf zu achten, und nach einem kurzen Tank- und Eiswürfel-Kauf- Stopp geht’s nun endgültig raus aus der Stadt, die mir so gut gefallen hat!

Ich bin noch nicht lange unterwegs, da entdecke ich ein Schild, das ein Café auf einem Erdbeerhof verspricht. Es ist kurz nach drei, also absolute Kaffeezeit. Bei einer großen Schale Erdbeeren und einem Kännchen grünen Tee lese ich im Reiseführer und beginne diesen Teil zu schreiben.

 

Neben mir fallen einer älteren Frau zwei Schalen Erdbeeren auf den Boden, ich helfe ihr aufsammeln – und schon sind wir im Gespräch. Erst nur kurz, dann sitzt jede wieder an ihrem Tisch, ihr Mann hat ihr inzwischen ein Eis gebracht. Danach setzte ich mich noch zu ihnen und wir schnacken ausführlicher. Es ist so nett. Sie erzählen, woher sie kommen, wo sie leben und dass sie schon über 80 seien. Er zeigt mir mit verzückten Augen sein neues Smartphone und freut sich noch mehr, als er meine Begeisterung vernimmt! Wie schnell man doch beim Allein-reisen mit den Menschen ins Gespräch kommt, und wie unterschiedlich sich die Gespräche entwickeln. Ich erfahre, wie sie sich kennengelernt haben und erzähle natürlich auch einiges über mich. Wir alle drei finden es bedauerlich, dass sich unsere Wege nun wieder trennen, aber sie fahren in die Richtung, aus der ich gerade komme, und dann bis Wellington. Als würden wir uns schon lange kennen, nehmen wir uns fest in den Arm. Sie winken aus dem Auto, bis sie mich nicht mehr sehen. Hätte ich mir doch Ihre Mail-Adresse notieren sollen? Nein, es war eine supernette Begegnung, mehr geht einfach nicht. Ich kann doch nicht mit allen netten Leuten mailen.

Oh nein, ich bin nicht betrübt, im Gegenteil. Ich mache mir Musik aus meinem iPhone an und singe laut Seemannslieder von der Gruppe „Santiano“ mit. Die kann ich jedenfalls. Von „Gott muss ein Seemann sein“ über „Auf nach Californio-o-o-o“ bis „Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit“ schmettere ich alles mit. Gestern noch wollte ich meine kleinen Boxen, die ich beim Autokauf von einem Typen bekommen habe, verschenken, hab dann aber noch rechtzeitig erkannt, dass ich mein iPhone daran anschließen kann, und nun – Hurra! Nur mein Auto ist ein wenig laut….

In einem kleinen Nest an der Küste habe ich mir einen Campingplatz ausgesucht, den ich bald darauf ansteuere. Ich weiß nie, woran es genau liegt, aber ich fühle mich dort nicht wohl. Ich suche den Grund auch nicht, sondern lege den Rückwärtsgang ein und fahre weiter.

Eine kleine Pause noch mal am Meer, so schöne Ausblicke möchte ich auf mich wirken lassen…

Ich hab eh schon, was man unschwer merkt, supergute Laune, da fahre ich um eine Kurve und plötzlich ist er da: der Mt. Taranaki, ein Vulkan, der vor über 350 Jahren zum letzten Mal ausgebrochen ist. Ich krieg mich kaum wieder ein vor Verzücken! „Leinen los! Volle Fahrt, Santiano!“ singe ich noch lauter mit!

Wenn ich doch in diesen Block malen könnte, stellt euch bitte einen Vulkanberg vor, der unterhalb der verschneiten Spitze von einer dünnen Wolkenschicht verdeckt wird. Darunter wieder ganz klar. Wunderschön!

In Hawera steuere ich nun den kleinen Campingplatz an, und jetzt weiß ich erst recht, warum ich weitergefahren bin: der Besitzer, ein Maori, ist supernett, alles ist sauber, modern und gepflegt. Ich bin so froh, hier gelandet zu sein. Von hier ein schöner Blick zum Berg:

Seit meiner Yogastunde schreit mein Körper nach einer Dusche und Gemüse zum Kochen hab ich mir auch gekauft. So genieße ich eines nach dem anderen. Und das nicht alleine, eine kleine Katze hat sich zu mir auf „meinen“ Rasen gesellt.

Zum Abschluss des Abends begebe ich mich noch einmal ins Zentrum, zu Fuß, und bin doch ein wenig entsetzt, wie ärmlich diese Stadt wirkt. Viele Geschäfte stehen leer, Häuser sind ungepflegt. Einige Fassaden hingegen sind durchaus noch ansprechend.

So ganz im Dunklen möchte ich mich hier nicht aufhalten. Doch als es zunehmend dämmerig wird, gehen viele Lichter an, und schon fühle ich mich wieder sicherer. Trotzdem mache ich mich auf den Rückweg, setze mich da noch ein wenig nach draußen und freue mich, dass es noch so milde ist.

Bei meiner Ankunft, dann bereits im Dunkeln, erfreue ich mich an einem dicken Hasen, der mitten auf dem Campground sitzt. Wahrscheinlich gehört er hierher, so fett-gefüttert wie er ist. Und nett ist es, ihm so unvermutet zu begegnen.

Mittwoch, 27.01.2016

Auf zum Mt. Taranaki

Ein Müsli mit vielen Erdbeeren, Aprikosen und Birne, das ganze draußen mit heißem Tee – ein Tagesbeginn könnte schlechter sein! Es ist zwar grau, aber trocken und warm genug. Noch weiß ich nicht wirklich, wie ich den Tag gestalte, so fahre ich erst einmal in die Stadt, die am Tage jedenfalls etwas freundlicher wirkt. Während ich skype, kommt der Campground-Besitzer an den Platz und grüßt mich überrascht. Gestern sah ich ihn nur sitzen, heute sehe ich, dass er eine Beinprothese trägt. So selbstverständlich in kurzen Hosen, richtig klasse. Mit langer Hose hätte ich nichts bemerkt, denn er bewegt sich ganz normal.

Ich mache mich auf den Weg in Richtung New Plymouth, und vorher einen Stopp in Stratford. Inzwischen reget es „cats and dogs“. Direkt vor diesem Städtchen befindet sich ein Freilichtmuseum, d.h. der Wiederaufbau vieler historischer Gebäude. Zunächst gehe ich ins Café, bewaffnet mit meinem Buch.

Einen Cappuccino und etliche Gläser Wasser später beschließe ich, mir das Museum anzusehen, es ist mit 12$ gut finanzierbar, und bei dem Wetter habe ich auf eine Wanderung noch keine Lust. Die Frau bewaffnet mich mit einem Schirm, und so wandere ich von Haus zu Hause- Schirm auf, Schirm zu. Es ist toll gemacht und ich habe Spaß, mir alles anzusehen. In der Mitte ist ein kleiner Teich mit einem angeschlossen Bach, an dem eine Wassermühle läuft. Zwischendurch grasen ein paar Schafe und dann treffe ich auf freilaufende, und zwar richtig freilaufende Hühner samt Hahn. Es ist wirklich sehr idyllisch, und ich bereue keine Sekunde, mir alles angeguckt zu haben.

In Stratford frage ich in der I-Site nach Wanderwegen am Berg, und die nette Dame zeigt mir zunächst die Wettervorhersage. Der Mt. Taranaki hat es in sich und sollte gerade von nicht so erfahrenen Wanderern nur bei gutem Wetter erklommen werden. Zu schnell wechselt die Sonne zu Schnee… Doch zu den Wasserfällen könne ich auch heute noch, der Weg sei nicht lang und die Anfahrt wären mit 23 km auch ok. So mache ich mich auf den Weg, es ist fast trocken, und ich freue mich auf ein wenig Bewegung. Doch mit zunehmender Strecke dichtet sich der Nebel, bald kann ich noch gerade 20 m sehen, gefühlt noch viel weniger. Ich überlege, ob die Weiterfahrt Sinn macht – und drehe um. Im Nebel zu wandern, da kann ich mir doch Netteres vorstellen. Der ausgesuchte Campingplatz liegt unweit von New Plymouth, und auf dem Weg dahin klärt es sich mit einem Mal auf und der Berg zeigt sich in voller Größe. Oh, wie ich mich freue! Und wie gut, dass ich umgekehrt bin. Ich mache einige Bilder und erreiche dann bald den Platz. Irgendwie habe ich aber heute, und eigentlich nicht nur heute, zu wenig Bewegung gehabt. Es ist trocken, und ich ziehe mir meine Sportklamotten an und laufe eine Runde. Es tut so gut! Währenddessen beginnt sich langsam endlich ein wenig meine berufliche Perspektive zu klären. Während ich auf den Berg zulaufe spüre ich, was ich möchte und was ich nicht mag. Wie ich mir einiges vorstellen kann, und wie es vielleicht umsetzbar ist. Sobald sich meine Gedanken gefestigt haben, werde ich auch hier davon berichten, noch ist es zu unsortiert.

Der Campingplatz ist einfach, aber in Ordnung. Es gibt keinen Raum, in dem man sich aufhalten kann, so gehe ich früh in meinen Schlafsack, frisch geduscht und mit einer Paprika im Bauch. Zu mehr hat das Licht und das Wetter nicht gereicht: wieder Regen und es ist dunkel.

 

Anfang und Ende des Lebens als Symbol —– dann den Deckel descSargs anheben

……

Donnerstag, 28.01.2016

Ein Berg, der Taranaki und der forgotten world HWY

Bei meiner jetzigen Wanderung spüre ich plötzlich: der zweite Berg ist eigentlich abgearbeitet. Das „eigentlich“ setze ich lieber noch dazu, so ganz traue ich dem Frieden noch nicht. Aber ich habe keine Angst mehr vor dem Alleinsein! Ich genieße es und weiß nun, dass ich es kann! Dass mir hier immer wieder zwischendurch liebe Menschen über den Weg laufen, und dass furchtbar liebe Menschen zu Hause sind und sich freuen, wenn ich wiederkomme, das fühlt sich richtig gut an. Und ich freue mich auch auf sie! Das eine schließt das andere in keinem Fall aus. Es ist ein Unterschied, ob ich Angst davor habe, alleine dazustehen und mich dann an Menschen klammere, insbesondere natürlich, als ich kleiner war, naja, sagen wir mal lieber jünger…. Die Hürde ist schon länger geschafft, aber nun habe ich mir doch bewiesen, dass ich es kann, dass ich selbständig zurechtkomme, und— dass ich es genießen kann. Und mich trotzdem auf meine Familie, meine Freundinnen und noch weitere viele liebe Menschen in und um Worpswede freue. Ich freue mich darauf, und fürchte mich auch ein wenig davor, viele meiner Gedanken umzusetzen, offen zu bleiben und Dinge nicht zu ernst zu nehmen, die ich sowieso nicht ändern kann oder die es nicht wert sind.

Der Mt. Taranaki scheint besondere Kräfte zu haben, denn diese Gedanken kommen auf meinen Wanderungen heute Vormittag. Grau aber trocken zeigt sich das Wetter, als ich aufwache und gleich mache ich mich auf, weil ich zumindest einmal so weit an den Berg möchte, wie ich mit dem Auto fahren kann. Als ich da bin, am Ende der Straße, befindet sich dort ein großes Visitor-Center. Der Himmel hat sich aufgeklärt, der Berg ist gut zu sehen- warum sollte ich eigentlich nicht eine kleine bis mittelgroße Wanderung machen?

Ich lasse mich beraten und entscheide mich für einen mittellangen Weg, 3-4 Stunden. Ich denke, ich kann mir den gut merken- aber die Entfernungen sind auf der Karte ganz anderes als zu Fuß und schon bald bin ich verunsichert, weil sich die Ausschilderung ändert. Wieso habe ich die Karte nicht abfotografiert? Mach ich doch sonst immer…

Ich gehe den Loop, über Stock und Stein, viele Stufen- und bin nach einer anstrengenden Stunde wieder an der I-Site. So war das zwar nicht geplant, aber mit dem Planen in Neuseeland ist es ja eh so eine Sache. Bevor ich klar denken kann, wie ich weiter vorgehe, gönne ich mir erst einmal einen Cappuccino. Nach einer dreiviertel Stunde bin ich erfrischt und gehe den von mir eigentlich geplanten Weg von der anderen Seite hoch. Ohne Stufen, angenehmer zu laufen, und ich habe Zeit für meine Gedanken.


Es ist anstrengend und ich lasse mir offen, nicht den ganzen Weg zu gehen. Und wirklich, zwischendurch setze ich mir ein Ziel, das ich erreichen möchte, und dort kehre ich um. Der obere Bereich zieht sich immer mehr zu, und abgesehen davon, dass es dann auch zu gefährlich wird, reicht es mir und meinen Beinen auch. Wir sind stolz auf den gegangenen Weg und freuen uns, dass es bergab geht, und nicht mal quälend. Auf halben Weg fängt es an zu regnen, ich hole meine Regenjacke heraus ebenso die Schutzhülle für den Rucksack und finde alles klasse. Heute werde ich mir einen Sekt kaufen, um zu feiern!

An einem nahegelegenen See, den ich zufällig auf der Fahrt zu der Straße, die ich nun gen Osten fahren möchte, entdecke, mache ich eine Müsli-Pause, unglaublich idyllisch. Nicht zu lange, denn der „forgotten world Highway“ umfasst 155 km, ohne Tankstelle und großartiger Zivilisation. Das heißt voll tanken, Wasser auffüllen, endlich auch einmal Öl prüfen, und dann geht’s los.

An der Straßenseite sehe ich einen Polizeiwagen stehen und fahre umso konzentrierter. Exakt 50, lieber bremse ich ein paar Mal ab. Ich habe die Ortschaft gerade verlassen, als er mit lautem Blaulicht hinter mir herfährt. Ich fahre langsamer, in der Hoffnung, er folgt einem Einsatz, aber nein, er meint mich. Links ranfahren, aussteigen, lächeln…. Wir sind ja nicht in Amerika. Ich grüße den sympathischen Mann und frage, was ich denn falsch gemacht habe. Gar nichts, ist seine Antwort, ob denn meine Zulassung aktuell sei (Danke, liebe Keine-Ahnung-was, die mich in Picton darauf aufmerksam gemacht hatte!) – und dass ein Bremslicht kaputt sei. Das alles wirklich nett! War dafür Blaulicht, hier ja Rot-Blau-Licht, mit Sirene nötig? Dieses Schwerverbrecher-Gefühl? Oh, das wusste ich natürlich wirklich nicht, wie soll ich das alleine sehen… Ich bedanke mich und sage, dass ich mich darum kümmern werde. Dass mein Kümmern zunächst darin besteht, nicht mehr zu bremsen, wenn ich Polizei hinter mir sehe, behalte ich für mich und fahre weiter.

Zunächst ist es erwartungsgemäß nicht aufregend, erst langsam wird es unbewohnter und die Berge netter. Es geht von einem Bergkamm zum nächsten und immer wieder sind die Aussichten gigantisch. Ich wusste, dass ich für die Strecke mehr als 3 Stunden brauchen würde: Wenn ich 60 km/h fahre, fühle ich mich rasant! Meistens liegt der Durchschnitt bei ca. 35 km/h wegen der engen Kurven. Aber die Aussichten – wunderschön!

Ungefähr auf der Hälfte erreiche ich ein kleines historisches Dorf, in dem ich einen Kaffee trinke und mich ein wenig entspanne. Das viele Kurven-fahren ist schon anstrengend.

Die zweite Hälfte wird noch schöner. Zunächst mache ich einen Abstecher zu einer Geisterstadt, die sich aber nur teilweise lohnt. Ich hatte es mir „geisterhafter“ vorgestellt, dabei wohnen dort Menschen und es gibt einen einfachen Campingplatz. 6 km einfache Strecke, das ist in Ordnung. Gerade als ich mich am Ende trotzdem kurz frage „Hat es sich gelohnt?“ fliegen genau über mein Auto zwei kleine bunte Papageien. Und prompt: „Ja, ja, ja! Es hat sich gelohnt!“

Auf dem Weg in die Geisterstadt…

Kurz danach erreiche ich einen schon vor 36 km angekündigten Tunnel. Ich merkte unterwegs schon, dass alleine das Wort „Tunnel“ immer noch eine gewisse nicht wirklich angenehme Wirkung auf mich hat, aber ich bin ja mutig geworden, jawohl! Als ich ihn dann sehe, habe ich wieder einmal einen Grund zum Amüsieren: es ist doch eher ein Tunnelchen.

Bald erreiche ich eine Strecke von 14 km „Graveled road“, Schotterpiste. Sie führt durch eine bewaldete Schlucht. Durch die vielen Bäume sehe ich den Fluss, der tief links neben mir rauscht, nur selten. Trotzdem, dieses Grün, diese Felsen links und rechts neben mir, es ist so schön! Ich versuche, nach Vögeln Ausschau zu halten, sicher leben hier viele Papageien, doch es wäre schon ein besonderer Zufall, die aufzuspüren. Zu viel Platz haben sie….

Die letzten 30 km sind wieder „normale Straße“ und schnell abgefahren. Inzwischen plagen mich die drei Grundbedürfnisse eines Menschen: müde, Hunger und eine volle Blase. Trotzdem mache ich noch Bilder, die bekräftigen, dass man Schilder mit Steinschlag-Warnungen immer ernst nehmen sollte.

Überhaupt – dieser forgotten world Highway ist vielleicht von der Welt vergessen, aber ganz sicher nicht von Neuseeland. Was die hier an Straßenarbeit leisten! Ich denke, bestimme Straßen werden täglich kontrolliert – immer wieder brechen ganze Abschnitte weg, teils durch Erdbewegungen, teils durch Auswaschungen. Immer wieder Absperrungen, damit nichts passiert. Und dicke Brocken auf der Straße, Felssteine, mal mehr, mal weniger groß! Meistens schön zur Seite geräumt, oft noch auf der Straße, eben ganz frisch! Beim Aufnehmen meiner Bilder rieselt es die ganze Zeit neben mir und ich beeile mich, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich größere Steine selbständig machen, ist nicht so klein, wie die Straße mir zeigt.

Spät gegen halb neun erreiche ich Taumarunui und steuere sofort den ersten Mc Donalds an, zum ersten Mal hier in Neuseeland. Der Salat ist frisch, der Burger lecker, solange ich nicht darüber nachdenke, wie das chicken wohl gelebt hat, und das schalte ich aus. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, bis es dunkel ist, und noch habe ich keinen Schlafplatz. So fahre ich trotz teilweise nicht so guter Kritiken den nächsten Platz an und bin angenehm überrascht. Wieder einmal ein netter Besitzer, der mir von seinen zwei Jahren in Deutschland erzählt. Und dass seine Frau, die ihn besuchte, dachte, dass es in Deutschland die weltgrößte Stadt gäbe – namens „Ausfahrt“. Bernd meinte später, das sein ein alter Witz, aber ich glaube, er meinte es ernst, seine Frau kommt auch noch dazu und bestätigt es…. Egal. Und sauber ist auch alles.

Kurz bevor ich ins Auto gehe, kommt er noch mit zwei Flaschen Bier, das solle ich probieren, das sei fast so gut wie das deutsche. So setzen wir uns draußen auf die Bänke vor der Küche und trinken Bier und erzählen.

Freitag, 29.01.2016

Einladung auf eine Farm….

Manche Menschen trifft man öfter – auch wenn man das gar nicht möchte. Bei meinem Frühstück begegnet mir die Schweizerin aus Wanganui wieder. Vorher auch ihr Mann, doch den habe ich wieder nicht erkannt und mir die gleiche Frage wie beim ersten Mal Sehen gestellt: ist das eine männliche Frau oder ein weiblicher Mann? Dass ich zur ersten Variante tendierte, mag ich nicht gerne zugeben, aber das rote Shirt und die rote kurze Hose, gut, und der kleine Busenansatz, gaben den Ausschlag. Nach ein paar Worten mit ihr kommt er auch dazu und meint, er habe mich ebenfalls nicht erkannt. Was mag er über mich gedacht haben? Ich vermute nichts, denn sein Blick ging eher zum höchst interessanten Fußboden….

Über diesen Ort steht nichts im Reiseführer, dementsprechend weiß ich auch noch nicht so recht, was ich hier soll, möchte aber auch nicht gleich weiterfahren. Genau mit dieser Fragestellung gehe ich in zum Informationszentrum: gestern angekommen, keine Ahnung, was ich möchte, kann man hier schön laufen? Die ältere Dame ist kompetent, zeigt mir drei schöne Wanderwege auf, beschreibt sie so, dass ich sie mir gut vorstellen kann, hört mir zu und fühlt sich hinein. Sie empfiehlt auch noch eine Lavendelfarm mit einem schönen Café, an der forgotten route, unweit von dem einen Wanderweg. Wunderbare Idee!

Bestes Wetter lädt auf die gestern Abend schon geschlossene Farm ein, und es ist nicht weit! Ich suche mir auf der idyllischen Terrasse einen Platz in der Sonne, Blick auf die dunkelviolett blühenden Lavendelpflanzen und freue mich an einem Cappuccino und einem Scone.

Eigentlich möchte ich schreiben, doch schon bald bekomme ich Gesellschaft in Form einer netten älteren Frau, an meinen Tisch setzt – nachdem ich sie dazu aufgefordert habe. Bevor sie sich wieder auf den Weg macht, lädt sie mich zu sich nach Hause auf ihre Farm ein. Wir verabreden, dass ich am späten Nachmittag kommen werde, denn vorher möchte ich noch diesen wirklich wunderschönen Walk machen.

Ich erwerbe noch ein paar Kleinigkeiten in dem einladenden Shop, gehe kurz aufs WC – und dann erneut in den Shop, weil die Handcreme am Waschbecken einfach bestechend war. Sie möchte so gerne mit nach Deutschland!

Der Wanderweg liegt unweit des Cafés, mein Auto ist das einzige weit und breit auf dem Parkplatz. Diese Gegend ist wirklich nicht sehr touristisch – und doch sehr ansprechend. Und ich erlebe wieder dieses für mich noch immer berauschende Gefühl, allein in der ziemlichen Einsamkeit zu sein, auf dem ganzen Weg keine Menschenseele zu treffen und dabei mich sicher und angstfrei zu fühlen! Ich erfreue mich an dem satten Grün der unterschiedlichen Bäume, an den Klängen der Vögel, schlichtweg am dem wunderschönen Weg!

Gegen 17:00 treffe ich auf der schwer zu findenden Farm ein. Zum Glück hatte mir Phyl eine gute Beschreibung gesimst, ich hätte sie nicht einmal telefonisch nach dem Weg fragen können – ca. 5 km vor der Farm gab es keinem Empfang mehr.

Sie lebt im Paradies, weit oben mit grandiosen Aussichten, 12000 Schafen, 3000 Lämmern, 40 Pferden. In ihrem Alter von ca. 70 Jahren macht sie selbst aber nur noch die Buchführung, immerhin! Morgen Vormittag habe sie noch einen Kurs zu geben, aber danach können wir gemeinsam Lunch einnehmen und wenn ich möchte, kann ich dann ja die Wanderung machen, aber ich könne natürlich auch noch bleiben! Ich solle mich bitte ganz frei fühle, das sei nun auch mein Haus. Lernen die Neuseeländer das in der Schule? Diese unglaubliche Offenheit und Freizügigkeit!

Vor dem Abendessen macht sie mit mir einen kleinen Rundgang, zeigt mir die Ställe, die Größe der Farm und das Nachbarhaus, in dem eine Familie lebt, die sich um diverse Arbeiten kümmert. Bei Salat und Fisch (nach ausgiebigem Gebet….) erfahre ich dann, dass sie schon seit 5 Jahren verwitwet ist und alleine in diesem Haus lebt.

Ach ja, als ich mit ihr anstoßen möchte, wir trinken Weißwein, lehnt sie ab – mit der Begründung, dass im herkömmlichen Sinne das Anstoßen dazu diente, den Gott des Weines Bacchus zu ehren, und das wolle sie nicht. (Dass man den gar nicht genug ehren kann, umso mehr, weil der Wein gut ist, behalte ich für mich!)

Auf meine Frage hin, was sie morgen für Kurs halten würde (es gibt Fragen, die sollte man nicht stellen!), erzählt sie mir, dass sie den Leuten die Bibel erklären würde. Ich habe einen Stein losgetreten! Achtung Steinschlag, rette sich wer kann! In Kurzfassung: Phyl ist eine Zeugin Jehovas, in der Bibel steht alles, was wir über die Welt und ihre Zukunft wissen müssen, und ist es nicht toll, dass sie an die Tür kommen und klingeln, um den Menschen von Gott zu erzählen? (Ne??) Oh, wie komme ich hier wieder weg, dieses Gespräch löst einen sofortigen Fluchtreflex aus! Aber: erst einmmal den Ball flach halten, freundlich bleiben. Einigem gegenüber bin ich ja gar nicht vollständig abgeneigt, ich würde es anders nennen und ausdrücken, aber dass alle Anderen irren, Unrecht haben, finde ich dann doch recht anmaßend. Nur die Bibel zählt, da steht alles drin! Alles, was in der Welt passiert, ist dort vorhergesagt. Ich möchte mich auf solche Diskussionen nicht einlassen, und schon gar nicht in einer fremden Sprache, da kann ich nur verlieren. Und so schaffe ich es, mit einigen allgemeinen Sätzen sie langsam zu anderen Themen zu bringen. Sie merkt, dass ich eine andere Meinung habe und besinnt sich offenbar auf ihre Gastfreundschaft. Und mal wieder: es lebe das Smartphone, in diesem Falle das iPhone, sie hat das 6s (Oh, und das ist nicht nur größer, es kann auch Dinge, die echt cool sind!!!). Und ich zeige ich Funktionen, die sie noch nicht kennt, wir laden ihr die Sterne –App runter und gehen in den Garten, um sie auszuprobieren. Es ist zwar wolkig, trotzdem haben wir unseren Spaß.

Und können den Abend dann doch noch gut beschließen. Irgendwann zwischendurch am Abend habe ich schon gesagt, dass ich doch früh fahren werde, weil ich gerne die Wanderung machen möchte. Sie hat vollstes Verständnis, aber wenn ich möchte, sei ich herzlich danach wieder willkommen. Ich bedanke mich, sagte aber, dass meine Route danach weiter in den Osten gehen würde……

Samstag, 30.01.2016

Auf zum Tongariro

Ich wache früh auf, habe unruhig geschlafen, fühle mich absolut unwohl und bin froh, dass ich gleich nach einem kleinen Frühstück losfahren kann. Erst mag ich mich unten an der Wifi-Zelle gar nicht lange aufhalten, ich weiß ja nicht, wo Phyls Kurs stattfindet, und mag nicht gesehen werde. Dann beschließe ich aber, mich davon nicht beeindrucken zu lassen und skype ausführlich, frühstücke etwas mehr und überlege, dass ich mich nun weiter auf den Weg mache – zum Tongariro-Nationalpark.

Die Fahrt dorthin ist nicht spektakulär, abgesehen von einem am Straßenrand stehenden Polizeiwagen, der aber auf Geschwindigkeiten und nicht auf fehlende Bremslichter achtet (deren Benutzung ich natürlich tunlichst vermeide…)

Ich mache eine lange Teepause zwischendurch in einem sehr netten Kaffee, danach bin dank des Schreibens richtig entspannt und fahre weiter mit Blick auf Wifi-Zellen! Die einzige, die ich finde, funktioniert nicht, das finde ich sehr bedauerlich. So muss ich einen weiteren Tag warten, denn die nächste ist kilometermäßig in weiter Ferne. Ach, woher ich das weiß? Nun, von Sparks, dem Betreiber dieser Zellen, gibt es eine App, die mir anzeigt, wo eine steht.

  

Im Whakapapa-Village, von wo aus die Touren zum Tongariro starten, suche ich mir einen Campingplatz und mache dann am Nachmittag noch eine kleine Wanderung zu einem netten Wasserfall. Eine Stunde hin, eine zurück, alles sehr moderat, sehr angenehm. Etwa nach der Hälfte treffe ich auf zwei nette junge Deutsche, mit denen ich zurücklaufe.

      

Da die beiden schon eine lange Strecke hinter sich haben, ist das Tempo langsam, und ich entschleunige, was mir gut tut. Wir wollen eigentlich noch gemeinsam eine Pizza essen gehen, doch die einzige Pizzeria beherbergt eine geschlossene Gesellschaft und so trinken wir in einem nahe gelegenen Hotel nur ein Bier.

Für morgen habe ich das Tongariro-Crossing geplant, eine 19,5 km lange Wanderung hoch zum Vulkan, leider kein Rundweg, aber mit der Möglichkeit, sich von einem Shuttle zum Parkplatz zurückfahren zu lassen. Ich lasse mir noch offen, nach der Hälfte umzukehren und dann wieder am Auto zu sein, der zweite Teil soll eher etwas langweilig sein. So stelle ich mir den Wecker auf 6:00, um 7:00 möchte ich los.

Sonntag, 31.01.2016

Tongariro-Crossing- wunderschön und sooo anstrengend!

Kurz überlege ich ja doch, ob ich aufstehen oder noch eine Runde weiterschlafen soll, ich habe so gut geschlafen! 6:00 ist wirklich früh! Doch dann bekomme ich mit, dass neben mir in den unterschiedlichen Campervans auch schon Leben ist, und stehe auf.

Was für ein schöner Morgen! Ich bereite mir ein ordentliches Frühstück in Form eines Müslis, das ich leider nur halb schaffe, fülle meine Wasserflaschen auf, packe meinen Rucksack und fahre los zum Start-Parkplatz. Ich bin aufgeregt, wie immer vor solchen Aktionen, auch wenn dies ein sehr beliebter Wanderweg ist und ich alles andere als alleine sein werde. Und wirklich, vier Busse kommen mir auf den letzten Schotterstraßen-Kilometern entgegen, haben viele Wanderer ausgespuckt. Auch der Parkplatz ist schon gut belegt, ich schätze, in einer halben Stunde bekommt man hier keinen Parkplatz mehr….

Fast drei Liter Wasser werden reichen, eine kleine Packung Kräcker, ein paar Nüsse, Regenzeug, einen Pullover. Ich mache mir keine Gedanken darüber, dass der Körper mehr Kalorien braucht, um weiterzumachen….

Die ersten beiden Kilometer sind flach und gleichen einer Völkerwanderung. Erst später wird sich das ein wenig verlaufen, aber leer wird es erst auf der letzten Strecke werden. Nach einer Stunde Wanderung sind auf einer weiten Fläche einige Toiletten aufgestellt, wo nun die Mengen Schlange stehen. Ich habe zum Glück kurz vorher eine Abzweigung zu einer Hütte genommen und kann nun an allen vorbeiziehen, nehme aber noch einen Abstecher zu einem 500 m entfernten Wasserfall, der sehr schön ist, aber nicht unbedingt nötig gewesen wäre.

Nun beginnt der eigentliche Aufstieg, doch die Kraft ist noch da und somit ist er noch gar nicht so schlimm. Nur – es wird immer steiler. Wie eine Ameisenstraße sehe ich die Wanderer nach oben laufen, es wird zunehmend anstrengender. Hunderte Treppenstufen, steile Wege dazwischen, die Beinmuskulatur wird herausgefordert. Je länger ich laufe, umso öfter halte ich an zum Verschnaufen, um den Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen. Es sind immer wieder die gleichen Menschen, die erst mich überholen und anschließend ich sie, alle sind am Schnaufen. So habe ich jedenfalls nicht das Gefühl, dass alle fit sind, nur ich nicht, das tut immer gut. Außerdem kann ich beim kurzen Entspannen die Aussichten genießen, das sollte bei der Anstrengung ja auch nicht zu kurz kommen…

Die letzten Meter vor dem höchsten Punkt müssen wir uns an Drahtseilen festhalten und hochziehen. Ich blicke lieber nicht nach rechts und links, stelle mir nicht vor, was passieren würde, ließe ich mich jetzt los. Es wäre kein Sturz in die Tiefe, aber steil bergab, mit viel Geröll, das wäre bestimmt nicht ganz witzig. Doch oben werde ich mehr als belohnt! Drei Kraterseen, zwei kleine, ein großer, blaugrün, wunderschön! Dann der Blick in einen Krater, die Zunge eines Lavastroms, die Farben der Felsen- ich spüre förmlich die Kraft der Erosionen, ich sehe sie. Und ohne diese Kraftanstrengung wäre das nicht möglich, wie schön, dass ich das geschafft habe.

Ich komme mit einem Hannoverschen Ehepaar in meinem Alter ins Gespräch, und gemeinsam setzen wir die Wanderung fort. Inzwischen habe ich beschlossen, den Weg ganz zu gehen – denn zurück das steile Stück abwärts zu gehen, traue ich mir definitiv nicht zu. Auch jetzt geht’s erst einmal bergab und es ist nicht einfach, aber immerhin nicht gefährlich. Ich vermisse Wanderstöcke! Und bin froh über meine guten Wanderschuhe! An dem größeren See machen wir eine kleine Pause, und die beiden bieten mir ein Brötchen an – mit Wurst und Käse. Wie nett von ihnen! Ich merke durchaus, dass es sinnvoll gewesen wäre, sich mehr Essbares einzupacken. Trockene Kräcker sind nicht so der Kracher, und die paar Nüsse hab ich schon aufgegessen.

Es gibt noch einen steilen Aufstieg, dann geht’s fast nur noch bergab- über 8 km, die sich zum Ende hin in die Länge ziehen. Meine Waden schmerzen, jede Treppenstufe kostet Überwindung. Überall sehe ich es dampfen, aus zwei Stellen richtig heftig. Das zeigt, wie aktiv die Berge um mich herum sind. Ein Ranger, der den Weg ausbessert, erzählt uns, dass der Nachbar-Vulkan zuletzt 2012 ausbrach. Das ist fast gestern…. Der Tongariro 1975, der ist eigentlich bald wieder dran…. Aber nicht heute!

3 km vor Schluss setze ich mich von den Hannoveranern ab, weil ich merke, dass ich ein wenig schneller gehen muss als die beiden. Der eigene Rhythmus ist schon wichtig.

Wie froh bin ich, als ich am Parkplatz bin, blicke in diverse müde, fertige Gesichter, alle sind nach der Strecke erledigt, wahrscheinlich haben alle schmerzende Beine. Es ist viertel nach drei, 7,5 Stunden habe ich mit dem Wasserfall-Abstecher gebraucht.

Der Shuttle kommt sofort, ich zahle mein letzten Bargeld, 30$, und freue mich, zu sitzen. Die Fahrt zu meinem Parkplatz dauert viel länger als ich erwartet habe, und zwischendurch habe ich schon Angst, dass der Fahrer mich doch nicht richtig verstanden hat und direkt nach Whakapapa fährt. Das Schloss kann ich nämlich schon sehen. Doch kurz vorher kommt die Abfahrt, und er nimmt sie, und ich bin wieder beruhigt.

Die Autos parken nun am Rand weit in die Straße hinein, wie erwartet hat der Parkplatz hinten und vorne nicht gereicht. Und der Fahrer fragt immer wieder, ob einige hier geparkt haben – das finde ich sehr mitdenkend – doch wir stehen alle auf dem Hauptplatz. Apropos Mitdenkend: als ich ihm beim Einsteigen erklärte, wo ich hin wollte und fragte, ob er der richtige Shuttle sei, fragte er mich nach dem Autoschlüssel. Ich bin sehr erstaunt und forsche innerlich nach dem Sinn seiner Frage. Ob er prüfen möchte, ob ich sozusagen eine Berechtigung zu habe? Nein, er habe es erlebt, dass jemand das Auto für den Rest der Gruppe holen wollte, aber den Schlüssel vergessen habe. Und dann doppelt zahlen musste, das wäre doch ärgerlich! Wie nett!

Schon im Bus beschließe ich, eine weitere Nacht auf dem Platz zu bleiben, ich bin zu müde, um weiterzufahren. Telefonisch reserviere ich gleich meinen Platz, nun kann nichts mehr schiefgehen- es sei denn, ich kann nicht mit Karte bezahlen. Doch das ist kein Problem!

Nach einer ausgiebigen Dusche fühle ich mich fast erfrischt, dann mache ich mir etwas zu essen und nutze das Internet, das um diese Uhrzeit noch nicht so überlastet ist. Immer mehr Wanderer kommen zurück, machen sich etwas zu essen und mich nerven bald die Gerüche und die laute Stimmen-Vielfalt. Allerdings ist es erst 18:00, zum Schlafen noch etwas früh. Ich begebe mich zum Schloss, an dessen Seite ein nettes Restaurant mit angrenzender Bar ist, in der man sehr gemütlich sitzt. Dort mache ich es mir bei einem Pfefferminztee gemütlich, bevor ich dann um 21:00 schlafen gehe. Ich bin so fertig, weiß kaum noch, wie ich heiße. Nach zwei Stunden wache ich mit Migräne und Übelkeit auf, bin frustriert, dass ich nach einer Wanderung immer gleich so fertig bin. Wohl wissend, dass mit Hilfe einer Migräne-Tablette bald alles besser sein wird, zwinge ich mich zur Ruhe und schlafe nach einer Stunde auch wieder ein.

Erst heute Morgen wird mir im Gespräch mit Bernd klar, dass ich auf solchen Wanderungen genügend essen müsse, dass das wahrscheinlich der Grund war, dass mein Körper so ausgelaugt war. 21,5 km mit ca. 1400 Höhenmeter- da reichen nicht nur Wasser und ein paar Kräcker. Und nur kleine Pausen. Eigentlich so logisch….

Nun sitze ich bereits wieder seit ca. 2 Stunden in diesem Café, bestelle mir ab und an aus Anstand einen Cappuccino oder Tee und erhole mich. Einen Flüssigkeitsmangel werde ich heute sicherlich nicht erleiden: zwei Kannen Tee (ca 1l, hier gibt’s immer größere Kannen mit ca. 4 Tassen), fast 2 l Wasser (gibt’s hier ja immer dazu, soviel man möchte) und einen Cappuccino ….) Meine Nerven, die bei Skype noch voll neben der Rolle waren, sind auf einem guten Weg nach oben!

zurück