Einmal Norden und zurück
Angeblich, laut einer Bewertung, kommt zwischen acht und halb neun in der Früh jemand, der prüft, ob man auch eine Toilette an Bord hat. Leider sind wir zu früh – wir wären so gerne kontrolliert worden. Doch wir haben keinen Hunger, frühstücken dementsprechend noch nicht, machen unser Bett, sprich packen alles so, dass wir losfahren können und sagen diesem wunderbaren Platz „Auf Wiedersehen“. Einmal umzu fahren – und schon stehen wir vor dem Toilettenhäuschen, das vom Platz aus nur zu Fuß zu erreichen ist. Poller verhindern, dass man einfach hinfahren kann – und damit einen weiteren Teil als Campingplatz nutzen würde. Und wir haben noch keine Lust gehabt, sooo weit zu laufen.
Ich nutze die Gelegenheit, dass dort noch keiner ist, ziehe mich ganz aus und reinige mich unter der Außendusche. Die ist zwar kalt, aber mit etwas Duschgel fühle ich mich danach nicht nur nicht mehr klebrig und salzig- sondern wie eine echte Heldin! Und wach bin ich nun auch! Als ich dann Leute kommen sehe, beeile ich mich mit dem Abtrocknen und Anziehen.
Heute soll es zum nördlichsten Punkt gehen, zur Cape Reinga. Dorthin sind es etwas über 100 km und je nach Belieben wollen wir dort in der Nähe bleiben oder fahren zurück, das lassen wir uns offen. Die erste Strecke dorthin ist langweilig zu fahren und ich lese meist ein wenig in meinem Buch, das mich immer mehr fesselt. Inzwischen muss ich nicht mehr so viele Worte nachschlagen, so dass es einfacher ist. In den Kurven gucke ich einfach nach vorne.
Irgendwann haben wir dann doch Kaffeedurst und steuern das letzte Kaffee an, das es bis zum Insel-Ende gibt. Es ist das erste, bei dem wir kein Wasser dazu bekommen, das solle man sich kaufen. Außerdem recht unfreundliche Zettel von wegen Toilette nur für Benutzer, die nächsten öffentlichen wären da und da – das ist ja in Ordnung, aber man kann es netter schreiben – kein Wifi, und Aufladen von Geräten nicht erlaubt, alles klingt unfreundlich, so, als wollen sie eigentlich keine Gäste haben. Nun ja, wir haben unseren Kaffee geordert, nutzen das Klo und wissen, dass wir da auf dem Rückweg sicherlich nicht noch einmal halten werden.
So fahren wir weiter und kommen endlich oben an – und werden vom Nebel begrüßt. Das ist doch nicht zu fassen, das fährt und fährt man, um etwas Schönes zu sehen und dann ist da nur Nebel Ich glaub’s nicht! Wir wandern natürlich trotzdem Richtung Leuchtturm und immerhin läßt der weiße Schleier immer mal wieder Lücken zu, so dass wir Bilder machen können. Der Leuchtturm als solches ist nämlich nicht interessant, sondern es ist der Wasserstrudel, der daraus entsteht, dass hier das tasmanische Meer mit dem Pazifik zusammen trifft.
Außerdem haben die Maori hier viele religiöse Kultstätten, die auf Tafeln entlang des Weges beschrieben werden. So befindet sich benachbart zum Leutturm eine Insel mit einem Baum drauf, die man nicht betreten soll: im Glauben der Maori gehen hier die Seelen in die Ewigkeit. Und der Beweis ist der Baum, der unter den Widrigkeiten überlebt. Leider können wir keinen anderen Wanderweg hier gehen, man würde nicht mal sehen, wenn man die Klippen hinunterstürzen würde.
Also gehen wir wieder zum Auto – es ist man gerade Mittagszeit. Mir ging es letztes Mal nicht anders – danach haben wir das Gefühl, nicht zu wissen, was wir weiter hier machen sollen und beschließen, zwar noch die berühmte Sanddüne zu besuchen, uns dort ein Brett zu leihen und einmal oder öfter herunter zu düsen und dann wieder von der Halbinsel hinunter zu fahren.
Und so machen wir es. Gar nicht so weit von Cape Reinga befindet sich die Düne und wir fahren hin. Wenn man schon einmal die Möglichkeit, mit einem Board eine Düne hinunter zu fahren, wollen wir es auch machen. Zumindest Bernd, ich selbst habe meine Zweifel. Es ist mir zu heiß, um da ganz hoch zu laufen, und ich weiß ja – wer nicht? – wie anstrengend es ist, im feinen Sand bergauf zu gehen. Man geht einen schritt vorwärts, einen halben zurück – jedenfalls nicht andersherum. Ich höre nicht auf meinen Bauch, sondern leihe mir auch ein Brett und wandere, und wandere, und wandere. Habe bald das Gefühl, ich komme nie an. Blödes Gefühl! Ich bin eigentlich schon ko, bevor es überhaupt steil bergauf geht. Aber tapfer ächze ich weiter und weiter und weiter. Einen Schritt hoch, einen halben zurück. Und irgendwann bin ich oben – und gucke runter. Meine Güte, ist das hoch, da soll ich auf dem Bauch, so machen es jedenfalls alle, runter düsen? Es sieht noch nicht mal einfach aus, auch wenn so einige Spaß daran zu haben scheinen. Bernd hat seine erste Rutsche bereits hinter sich und kommt wieder oben an. „Quite nice“ ist sein Urteil, eigentlich reiche einmal, aber er wolle mal sehen, ob es beim zweiten Mal mehr Spaß macht. Ich traue mich nicht so recht runter, nehme dann allen Mut zusammen, schwinge mich auf das Brett,… Nein das ist übertrieben, ich lege mich vorsichtig aufs Brett und komme trotzdem richtig in Fahrt. Bremse mit den Füßen, wie ich das bei anderen gesehen habe, lenken soll man so angeblich auch können, und brettere im wahrsten Sinne des Wortes unten zwar nicht mehr schnell aber immerhin in das Brett eines Mädels, die es mit Humor nimmt. Tja, steuern sollte ich noch lernen, müßte ich das noch einmal machen.
Aber ich bin mal wieder an meiner Grenze angekommen, nichts bringt mich noch einmal den Berg da hoch in der prallen Sonne! Und so versuche ich mich zu freuen, dass ich mich immerhin getraut habe, aber so recht will mir das nicht gelingen. Hätte ich es aber nicht gemacht, hätte ich es sicherlich bereut, also ist alles gut. Bernd reicht es auch und wir freuen uns, als wir wieder im Auto sitzen, die Fenster auf haben und uns frischer Fahrtwind ins Gesicht pustet.
Wir kommen an einer riesigen Schaffarm vorbei – und auf dem Hinweg sah es genau so aus wie jetzt – so viele Schafe sind eingepfercht in einem viel zu engem Raum. Ohne dass da etwas passiert. Worauf müssen die warten? Wir halten an, um ein paar Bilder zu machen, und schon diht am Gatter zähle ich vier Schafe, die ein Bein nicht bewegen. Erhängtes in der Luft. Im nächsten Gatter sehe ich gleich ein weiteres – sie tun mir so leid!
Inzwischen kommen uns auch die Busse entgegen, am Leuchtturm wird es nun voll werden.
Wir fahren nun in einem Rutsch wieder von der Halbinsel hinunter, und freuen uns auf einen Kaffee in der nächsten kleinen Stadt. Doch die ist dermaßen tot, dass da gar nichts auf hat. Alles wirkt ärmlich und baufällig. 8 km weiter befindet eine etwas größere, aber abgesehen von einem größeren modernen Hotel, einem Mac Donalds und einem Einkaufsladen ist es hier genauso tot. Wir finden zwar ein Kaffee, das nett aussieht und es ist erst halb drei, aber sie haben zu – seit 14:00 haben sie geschlossen, täglich! Allmählich wundert es mich nicht, dass Mac Donalds hier guten Zulauf hat – wir landen selbst hier, trinken einen schönen Cappuccino, das können sie hier jedenfalls, und teilen uns eine Pommes.
Übrigens ist es auch in Neuseeland erschreckend, wie viele übergewichtige Menschen, insbesondere dann auch schon Kinder, es gibt! Zum Glück auch sportliche, schlanke, aber ich habe das Gefühl, wesentlich mehr mit einem deutlich überhöhten BMI! Allerdings wenn ich mir die Einkaufsläden so ansehe…. Es wundert mich nicht!
Beim FastFood gucken wir uns unseren nächsten Campingplatz aus, der idyllisch liegt, nicht zu teuer ist und zu dem wir nicht mehr zu weit fahren müssen. Kurz kommt uns der Gedanke, doch jetzt schon wieder an die Ostküste zu fahren, aber den verwerfen wir wieder und erreichen nach einer schönen Strecke von ungefähr einer Stunde einen ganz versteckten kleinen Platz. Es haben maximal drei Camper eine Stellfläche, und es gibt auch nur eine Dusche und eine Toilette. Aber alles ist sehr liebevoll gemacht – und wir bleiben eh die einzigen. Wer verirrt sich schon in diese Gegend? Das sind nur Leute, die die guten Bewertungen dieses Platzes gelesen haben und sich darauf einlassen, dass es kein Wifi und keinen Strom, kein Telefon, kein TV und kein Radio gibt. Auf letzteres beides können wir gut verzichten, Telefon brauchen wir auch nicht, aber kein Wifi? Für eine Nacht in dieser Idylle völlig in Ordnung, aber länger? Der Besitzer begrüßt uns sehr, fast zu herzlich. Nimmt uns gleich in den Arm. Naja… Ansonsten ist er nett, nicht zu aufdringlich und zeigt uns das kleine Paradies. Um uns herum ist eine Weide mit einer Kuh, zwei Kälbern, ein Pferd und ein Schwein. Wie selten sieht man Schweine draußen. Neville erzählt, dass die Sau sich abends ihren Schlafplatz sucht, den ganzen Tag aber beim Pferd ist. Allerdings hat es nur noch drei Wochen – dann ist „Homekill“ angesagt. Armes Schwein!!
Als ersten duschen wir – allein das ist schon witzig. Man muß eine Gasflasche aufdrehen, dann geht ein Durchlauferhitzer an, und es wird erst richtig heiß, dann reguliert es sich. Da wir die einzigen sind, und das Häuschen ein wenig versteckt liegt, können wir sogar die Tür auflassen – man duscht also fast in der Natur!
Anschließend sitzen wir im Schatten und chillen, genießen die Aussicht, die im Übrigen auch im Schwarzwald sein könnte und freuen uns dass wir es so gut getroffen haben.