Freitag, 01.01.2016
Neujahr- auf nach Riverton
Das neue Jahr ist für mich also schon voll im Gange, als ich dann endlich um 12:00 mit meiner Familie anstoßen kann. Ich mit Wasser, die vier, Are ist zu Besuch, mit Sekt. Ich werde fast ein wenig melancholischer als Weihnachten, als ich sie so zu Hause bei Weihnachtsbeleuchtung mit ihren Gläsern stehen lasse. Schnell anstossen, dann müssen sie nach draussen, um ihr persönliches Feuerwerk zu starten. So hab ich meine Gefühlswallung schnell wieder im Griff, genehmige mir noch einen Te-Anau-Abschiedskaffee und fahre dann weiter.
Wie schon angekündigt geht es weiter in den Süden, Ziel ist Riverton, ein kleiner Ort, endlich wieder direkt an der Küste. Te Anau verabschiedet sich von mir mit seiner besten Seite: es ist an diesem Vormittag sehr ruhig: keine Motorboote, keine Flieger – oder der Wind steht günstig. Ich fahre natürlich mal wieder mit etwas Wehmut und wundere mich immer wieder, wie schnell ich durch etwas Vertrautheit an Sicherheit gewinne. Doch es warten weitere schöne Landschaften und Orte auf mich…
Die Sonne hat eine solche Kraft, dass ich mir im Auto ein Handtuch ans Seitenfenster hänge, sonst riskiere ich einen Sonnenbrand am Arm. Wieder einmal wechselt die Landschaft. Die Berge werden kleiner, die Flächen weiter. Eigentlich schade, die alpine Schönheit zu verlassen! Sie ist wirklich einmalig!
Kurz fahre ich von der ohnehin schon kleineren, recht einsamen „Scenic route“ ab, weil ein Feuchtgebiet in dieser ansonsten recht trockenen Landschaft ausgeschildert ist. Und wirklich, nach 1 km Schotterpiste komme ich in ein wunderschönes Sumpfgebiet, mit ausgewiesenen Wanderwegen und Aussichtspunkten. Sehr nett gemacht, doch die Sonne sticht und ich bin nicht auf eine Wanderung vorbereitet, jedenfalls nicht mental. So mache mich nur zu dem 1. Aussichtspunkt auf, der ein wenig höher liegt und genieße den Blick in die Natur. Auf Tafeln wird beschrieben, wie dieses Gebiet renaturiert wurde und gepflegt wird, welche Tiere, insbesondere Vögel, hier leben und welche Wandermöglichkeiten es hier gibt. Kleine eingeschweißte Karten liegen aus für die Rundwege mit der Bitte, sie zurückzulegen. Das finde ich viel besser, als die vielen Broschüren, die man überall bekommt, sie im besten Falle einmal nutzt und danach ebenfalls bestenfalls im Altpapier entsorgt. Insbesondere auf Rundwegen bietet sich doch diese Wiederverwertung an.
Doch ohne Sonnencreme und mit Flip-Flops ist ein weiterer Gang unmöglich und ich gehe zurück zum Auto. Inzwischen ist noch eine andere Familie angekommen, die ich von oben mit ihrem Picknickkorb sehe. Sie gehen aber in die andere Richtung. Heute ist ja Feiertag, das vergesse ich immer wieder. Ich bin ganz froh, dass ich nicht mehr alleine in dieser Einöde bin, denn ich hege ein paar ganz kleine Zweifel, ob ich mein Auto aus dem Steingewühle wieder herausbekomme. Ich hab mich ein wenig zu weit vorgetraut, weil ich so viel Schatten wie möglich haben wollte und bin dann schon mit einem etwas mulmigen Gefühl ausgestiegen… Habe schon überlegt, wie ich die Räder mit Fußmatten zum Laufen bringe oder dass ich zur Not wieder an die Straße laufen könnte, da kommt ja schon ab und zu ein Auto vorbei.
Aber mein treues Auto strengt sich an, ein Rad dreht kurz durch, fängt sich – alles ist gut! Immer mal wieder einen Blick in die Karte, weil ich noch einen weiteren Abstecher zu einer Höhle machen möchte, die als begehbar ausgeschildert ist. Doch ein Blick genügt für mich – da gehe ich nicht hinein, das ist mir zu eng. So weit bin ich dann doch noch nicht.
Eine eisig kalte Luft strömt heraus, und die würde mich nicht stören. Ich akzeptiere meine eigene Grenze, gerade alleine ist das eine Nummer zu hoch für mich, die immerhin Jahrzehnte lang unter einer absoluten Klaustrophobie (Angst vor engen Räumen) litt. Ich suche auch nach gar keinen Ausflüchten von wegen zu gefährlich alleine, wann würden sie meine Leiche finden (ziemlich schnell, weitere Touristen sind im Anmarsch!). Nein, ich akzeptiere, dass ich mich ohne eine mir vertraute Person nicht in die enge Höhle begeben möchte. Dafür, dass ich noch vor 10 Jahren alle Fahrstühle, Tunnel etc. gemieden habe, kann ich mir das zugestehen. Es werde noch weitere Höhlen kommen – vielleicht dann. Vielleicht.
Ich notiere innerlich einen weiteren Pluspunkt auf meiner Liste, weil ich mir keinen Stress damit mache, dass ich mich überwinden müsste!
Ein Blick auf meine Tankuhr zeigt mir, dass ich langsam eine Tankstelle finden sollte. Die Nadel steht zwar noch nicht im Minimum, rückt dem aber näher, und was das angeht, bin ich nun gar nicht risikofreudig! Das nächste Städtchen hat keine Tankstelle, aber Riverton ist nicht mehr weit und auf jeden Fall touristisch bekannt, und bis dorthin werde ich es schaffen. Gleich am Ortseingang werde ich fündig und ich bin erleichtert. Am Feiertag ist sie nicht personell besetzt, aber die Bezahlung mit Karte ist gut beschrieben. Nur: Der Automat akzeptiert meine Karten nicht, keine einzige. Ich versuche es hin und her – keine Chance. Ein weiteres Auto kommt. Es sind Einheimische, und ich frage nach, ob es noch eine weitere Möglichkeit zum Tanken gibt. Ja, hinten wäre noch eine, aber sicherlich auch geschlossen, weil es ja Feiertag sei, und da gäbe es keine Möglichkeit, mit der Karte zu bezahlen. Für mich macht das das derzeit keinen Unterschied…. Ich werde unruhig, überlege, dass ich sicherlich mit dem Sprit noch in die nächste Stadt käme, aber da will ich doch noch gar nicht hin.
Um auf die naheliegende Lösung zu kommen, muss ich erst einmal innerlich etwas herunterfahren, meine Unruhe zur Seite schieben: Ich kann doch wunderbar hier erst einmal eine Nacht bleiben – und morgen haben alle Tankstellen wieder geöffnet! Wo ist das Problem, außer in meinem Kopf? Oh Silke, Du hast ja so recht, wunderbar, so machen wir es! Ich laufe den einzigen Campground an, bin glücklich über den letzten Platz, und den bekomme ich auch nur, weil ein anderer Campingvan seinen nur halb ausnutzt. Bestens!
Glücklich und ausgesprochen zufrieden mache ich mich zu einem Gang ans Wasser auf, schlendere ein wenig über den Strand und stelle wieder einmal fest, welch eine angenehme Wirkung der Ozean mit seinen derzeit leichten Wellen auf mich hat. Die Seefahrertochter kommt eben doch immer wieder ans Tageslicht.
Überrascht bin ich auch hier von der Tatsache, wie viele Häuser zum Verkauf stehen. Ob es in Worpswede auch so aussehen würde, stände vor jedem angebotenem Hause ein „for sell“-Schild? In den 3-4 Straßen, die ich nur ablaufe, sehe ich 14! Ich habe mich hier ja schon einmal darüber ausgelassen, welches Gefühl das auslöst, von wegen, die gehen hier alle weg, was bleibt dann noch, wenn ich hier kaufen würde, wäre ich ja bald alleine hier…. Gruselig! Und die Häuser sind toll, Blick aufs Meer, hoch genug, dass das Meer einen nicht plötzlich besuchen kommt, teilweise modern, also noch gar nicht so alt. Eine echte Schrottbude sehe ich auch – die steht aber nicht zum Verkauf…
Wenn ich dann weiter denke: was gibt es für Arbeit hier? Schafzucht, ein klein wenig Fischerei, davon kann man bestimmt nicht leben, wenig Tourismus, denn dieser Ort ist schon ein wenig abseitig. Ohne Sven und dem Lonely Planet wäre auch ich hier nicht gelandet. Dabei ist es so schön– etwas mehr Infrastruktur, mehr Werbung – wer weiß? Nun gut, ich werde hier also kein Haus kaufen.
Ich gehe am Hafen vorbei, das Meer mündet hier nett ins Städtchen hinein!
Gedenken an den Gründer von Riverton
Auf dem Campingplatz mache ich mir einen Salat und verbringe den Abend mit einem netten Gespräch mit einem niederländischen Ehepaar, gerade verrentet, die ihren Campingvan direkt neben meinem stehen haben. Eigentlich wollte ich abends den Tag beim Schreiben Revue passieren lassen, doch so sitze ich nun wieder in einem schönen Café mit einer supertollen Atmosphäre und trinke schon den 2. Cappuccino, um den Platz hier nicht ganz ohne irgendwas zu besetzen.
Zwischendurch bringt mir die Bedienung sogar noch eine Flasche Wasser – das finde ich ausgesprochen zuvorkommend! (Die hab ich allerdings auch gleich leer). So werde ich mich nun aufmachen und einen Wifi-Zugang suchen….
Samstag, 02.01.2016
Zwei Museen, eine gute Tat und ein verlorener Becher

Zunächst aber mache ich in Riverton noch einen Gang die Straße hinunter, direkt ins Museum. Der Reiseführer hat es so angepriesen, und, obwohl ich nicht gerade eine gesegnete Museums-Gängerin bin, zahle ich den Eintritt und betrete die Hallen. Der Lonely Planet hat nicht untertrieben: selbst in einer großen Stadt wäre diese Ausstellung beachtenswert, in einer solch kleinen ist sie schon etwas sehr Besonderes. Als erstes wird ein netter Film von einer Viertelstunde gezeigt, in einer räumlichen Umgebung, die einem alten Holzschiff nachgestellt ist. Die Besiedelung der Südinsel wird nachgespielt. Anschließend gibt es einen Rundgang, in dem das Leben bildlich dargestellt wird. Also nicht einfach irgendwelche Fundstücke, die in Glaskästen ausgestellt sind, sondern das echte Leben mit lebensechten Figuren im Tun. Immer mal Beschreibungen, zwischendurch kleine Filme. Es hat sich wirklich gelohnt!



Aber es groß genug, dass ich gut einkaufen kann und einen Starbucks gibt es auch – da hab ich dann meinen gestrigen Teil ins Netz stellen können. Viel Lust auf Stadt habe ich sowieso nicht, und so erledige ich schnell die Einkäufe und suche das Visitor-Center auf. Das wiederum ist in einem modernen Museumsbau untergebracht, das Museum ist kostenlos und somit schnellt mein Jahresdurchschnitt an Kulturbesuchen enorm in die Höhe! Und das schon am 2. Januar!! Es gibt einige interessante Ecken, insbesondere die Echsen, die hier gehalten werden. Das meiste aber nehme ich ein wenig nebenbei mit. Einen Saal mit Malerei, einen über den ersten Weltkrieg, ein paar Tiere, schon interessanter, einen Technikbereich- sahen so wirklich die Handys 1990 aus?? Teilweise ist auch hier vieles nett gemacht, aber mir dann einfach zu viel.
Neben dem Museum schließt sich ein großer Park an, den ich nun noch ein wenig durchstreifen möchte. Doch auf dem Weg dorthin komme ich an einem Auto vorbei, in dem ein fünfjähriger Junge alleine auf der Rückbank hockt und bitterlich vor sich hin schluchzt. Oh, oh, da kann ich doch nicht einfach vorbei gehen. Sowieso nicht und dann noch bei den dunkelbraunen großen Knopfaugen? Ich bin sicher, seine Eltern kommen gleich, aber trotzdem.
Bei seinem asiatischen Aussehen bin ich mir nicht sicher, ob er überhaupt englisch versteht und bei der entsprechenden Frage schüttelt er den Kopf. Hm, also hat er ja was verstanden… Ich frage ihn also weiter nach seinem Namen und er antwortet. Durch das Schluchzen und zwei Finger im Mund verstehe ich zwar nichts, aber das ist ja auch nicht wichtig. Wir tasten uns langsam vor, mit kleinen Fragen und mit Hilfe seiner Kuscheltiere gewinne ich sein Vertrauen, wundere mich allmählich aber doch, dass seine Eltern nicht kommen. Er zeigt immer in eine Richtung, in der er meint, wo sie seien. Ich vermute sie eher am Info-Stand im Museum. Ich erkläre ihm, dass ich kurz zu dem Park gucke, und dann wiederkomme – ich mag ihn einfach nicht so lassen, gerade jetzt, woher sich beruhigt hat! Selbst die Finger sind wieder da, wo sie hingehören! Mitnehmen kann ihn aber ja auch nicht – was wäre, wenn die Eltern dann gerade kämen? Also wirklich nur den Eingang abgecheckt, die Ausmaße der Anlage und zurück zum Kleinen, der mir bereits entgegenkommt. Na gut, nun gehen wir gemeinsam zum Museum, er fasst meine Hand – und wir sind noch nicht ganz da, da kommt uns schon die Mutter entgegen. Wollte nach ihm sehen. Ich vermute, dass der Kleine geschlafen hat, als sie nur „kurz“ weggingen, habe aber nicht gefragt. Sie ist überrascht, als sie uns sieht, und bedankt sich sehr. Und der Kleine ist selig!
Fein, das ist meine gute Tat des Tages, nun noch ein wenig durch den Park, aber so richtig die Ruhe habe ich dafür gar nicht. Ich möchte lieber wieder raus in die Natur und begebe mich dementsprechend nach einem sehr kurzen Gang im Park in Richtung der Catlins.
Wieder einmal ändert sich das Aussehen der Umgebung gewaltig. Hier scheint Gott bei der Erschaffung unsicher gewesen zu sein, ob Berge oder Flachland besser seien – so sind seichte Hügel an der rauen See entstanden. Hügel, an denen am einfach runterkullern möchte, mit sattem Gras – und vielen Schafen. Hier sind sie nun endlich in den Mengen, wie ich sie schon immerzu suchte.
Gleich zu Beginn der Catlins gibt es eine Wiese direkt an einer Bucht, auf der man kostenlos campen darf. Ach wie schön, keine Suche! Mit Blick auf das Wasser mache ich mir etwas zu essen und einen heißen Tee und genieße die Aussichten. Anschließend nehme ich meinen Becher mit zu einem Spaziergang – ich möchte gerne die Bucht umrunden und einen Blick direkt aufs Meer werfen.
Mein Gang zum Wasser ist dann doch länger als gedacht, es geht auf einen Berg hoch, über den Golfplatz und dann bin ich an einer Steilküste mit einem kleinen Vogelfelsen. Und ich habe meine Kamera nicht dabei. Schade! Von ferne höre ich lautes Grollen, die Wolken deuten darauf hin, dass es aus nicht zu weiter Ferne ein Gewitter naht. Ich mache mich auf den Rückweg und stelle plötzlich fest, dass ich auf dem Hinweg noch meinen Becher Tee dabei hatte.
Wahrscheinlich habe ich ihn vor den Toiletten stehen lassen, der wird gleich noch da sein denn wer klaut schon einen Becher, gebraucht und gefüllt?! Offenbar jemand – denn er steht nicht mehr da. Mein Becher…. er hat mir so treue Dienste geleistet, hielt meinen Tee so wunderbar heiß – und er war aus Kanada. Schade, schade…. In der nächsten größeren Stadt werde ich mich auf die Suche nach einem neuen machen müssen…
Im Bus schreibe ich dieses hier noch, dann ist es dunkel. Endlich mal keine Campingplatz-beleuchtung, wunderbar!
Sonntag, 03.01.2016
der südlichste Punkt und Gelbaugenpinguine
Mein Selbstvertrauen wächst, oh ja! Ich bin noch um 20:45 Uhr ohne eine Idee von Übernachtungsmöglichkeit im Auto – und genieße die sagenhaft wunderschöne Umgebung der Catlins. Ich weiß einfach, dass ich etwas finden werde – und schon bald kommt ein Platz mit heißen Duschen und normalen Preisen. Also sitze ich nun frisch geduscht in meinem Schlafsack und fange schon mal mit dem Schreiben an:
In der letzten Nacht werde ich wach, weil der Bus im Sturm wackelt und es zu regnen begonnen hat. Ach, wie schön, dass ich sowohl sicher stehe als auch vor allem trocken liege, und so schlafe ich schnell weiter.
Ich wache dann wie gewohnt um 7:00 Uhr auf, alles ist bewölkt, rund um mein Auto ist alles klitschnass. Ich beschließe, gleich weiterzufahren und mir auf einem anderen Ausguck mein Frühstück zuzubereiten. Ich lande bei einem Leuchtturm, koche mir dort einen Tee und mache mir mein Müsli. Gerade habe ich alles fertig, da fängt es an zu gießen. Auf dem Fahrersitz schmeckt alles dann noch einmal so gut! Mein Blick geht zu einem Unterstand, in dem vier junge Leute ihre zwei Zelte zum Trocknen ausbreiten und sich dann ein Frühstück zubereiten. Sie sehen ziemlich erfroren aus – und ich freue mich wieder einmal mehr über mein Auto.
Der Regen wird langsam weniger, der eisige Sturm nicht. Ich ziehe so ziemlich alles an, was ich finde und mache mich auf an die Küste und zum Turm. Leider habe ich nicht an die Beine gedacht, die nun eisig kalt sind. Zum Glück ist es nicht so weit, Tiere gibt es nicht zu sehen, so dass ich nicht stehen bleiben muss, und so wärme ich mich im Auto schnell wieder auf.
Bei der nächsten Bucht, dem südlichsten Punkt der Insel, kommt dann meine neue wärmende Unterziehhose zum Einsatz und wie im tiefsten Winter mache ich auf. Das tosende Meer, die brechenden Wellen, alles in einem Farbton von tiefblau bis mittelgrün, die schwarzen Felsen und das alles an der Steilküste, es ist gigantisch – optisch und akustisch!
Das Wetter muss nicht immer nur gut sein, um eine solche Szenerie genießen zu können, vielleicht sogar im Gegenteil. Den kalten Wind zu spüren, dabei das tosende laute Meer zu hören und die sich brechenden Wellen zu beobachten, das ist das „Fühlen der Natur“ mit allen Sinnen – zumindest mit der entsprechenden Kleidung und der Möglichkeit, sich danach wieder umziehen und aufwärmen zu können.
Das Highlight dieses Tages soll eine Bucht sein, an der vier Paare der seltenen Gelbaugenpinguine brüten. Das Wetter hat sich inzwischen etwas aufgeklart, und ich kraxle über die Felsen – kein Pinguin weit und breit. Dabei ist es jetzt die Zeit des Jungen-Aufziehens, da bleibt immer ein Elternteil mit den Jungen im Nest. Aber ich finde sie nicht…- schade!
Nach dieser längeren Kraxelei und dem Ausweichen eines erst nicht gesehenen Seelöwen fahre ich in das nächste Café und gönne mir ein Mittagessen. Es begeistert mich immer wieder, dass man nichts zu trinken dazu bestellen muss – Leitungswasser ist auch hier selbstverständlich.
Gegen Nachmittag wird mir bewusst, dass ich heute genau vor 5 Wochen angekommen bin! Die Zeit ist nicht verflogen, gar nicht. Ich habe sie sehr intensiv erlebt und meine erste Hotelnacht scheint mir sehr viel länger her zu sein. Was hab ich inzwischen alles erlebt, welche Gedanken haben mich bewegt, welche Probleme und Problemchen habe ich gemeistert! Welche Gespräche unterschiedlichster Art habe ich geführt, und auch – was für ähnliche Themen kommen immer mal wieder auf den Tisch! Diese Themen bewegen sich meist um Gesundheit, alternative Medizin, Energien, neuste Möglichkeiten der Hirnforschung, Zusammenhänge zwischen Seele und Körper – Themen, die mich auch hier weiterhin faszinieren, und somit treffe ich auch immer wieder auf Gleichgesinnte.
Bei der Information erfahre ich, dass die Pinguine am späteren Nachmittag zum Füttern kommen, und dass man sie dann am ehesten sehen kann. Also mache ich mich sehr rechtzeitig auf den Weg, und komme mit meiner Autonachbarin ins Gespräch, ein 20-jähriges Mädel, das ebenfalls derzeit alleine durch die Gegend reist. Wir sind uns ad hoc sympathisch und gehen gemeinsam an die Küste, um zu warten. Zunächst erkunden wir noch ein wenig die Steine, dabei entdecken wir den ersten Pinguin: direkt neben einem Hobby-Fotografen kommt er aus dem Gebüsch, guckt verdutzt und verschwindet wieder, bevor wir die Kameras ausrichten können. Trotzdem – wir haben schon mal den ersten gesehen, und der denkt auch gar nicht daran, noch einmal aus seinem Versteck zu kommen… den zweiten entdecke ich auch eher aus Zufall, er ist weiter weg. Wir sitzen inzwischen auf einem Stein, um zu warten. Dabei führen wir so nette und intensive Gespräche, dass wir uns immer mal wieder daran erinnern müssen, warum wir hier sind. Den dritten bekommen wir dann richtig vor die Linse, eine große Menschenmenge erwartet ihn und der arme weiß schon fast nicht mehr wohin. Zum Glück ist ein Ranger anwesend, der einige der Besucher bittet, den Weg frei zu machen, denn wenn der Pinguin Angst bekommt, und es sind scheue Tiere, geht er zurück ins Meer- und seine Familie bekommt nichts zu fressen… das ist natürlich gerade für die Jungen katastrophal. Oben an den Tafeln kann man das alles nachlesen, aber das tun eben nicht alle.
Hannah, ebenfalls eine begeisterte Tierfreundin, und mir reichen zwar unsere Aufnahmen, aber unsere Gespräche noch nicht, und somit fahren wir einen Ort weiter und setzen sie bei einem weiteren Cappuccino fort. Es wird leider irgendwann kalt und wir fahren jede unserer Wege – sie nach Westen, ich nach Osten – aber nicht, ohne vorher unsere Kontakte um einen weiteren erweitert zu haben. Und somit bin heute spät auf der Straße….
Montag, 04.01.2016
noch mehr Highlights in den Catlins
Hier in Neuseeland ist alles anders! Die Autos fahren links, der Mond zeigt sich von der anderen Seite, dem meisten Kalt-Wasserhähne sind links (wie angenehm!!), die Schlösser schließen anders herum – selbst die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist nicht so, wie ich es mal gelernt habe! Das Thema hatte ich ja schon einmal, es kommt immer wieder. Heute: Wie wahrscheinlich ist es, dass man, wenn einem 2 Stunden kein Auto entgegengekommen ist, in der nächsten engen Kurve auf ein Fahrzeug trifft? Richtig: 99,9%! In den engsten Kurven, wo man wirklich nichts sehen kann – da warten sie förmlich! Darauf kann ich mich hier verlassen und gewöhne mir gar nicht erst an, Kurven zu schneiden…
Überhaupt die Straßen: sobald man eine Hauptstraße verlässt, gibt es Schotterstraßen. Sie stauben nicht nur, sondern sind auch meistens ziemlich rutschig. An einem Berg die Kontrolle über den Wagen zu verlieren, jagt einem dann doch mal das Adrenalin in die Blutbahnen, dabei bin ich doch gar nicht schnell. Gut, an den Abhängen liegen keine Autowracks, also wird so oft nichts passieren – oder die Neuseeländer sind überaus ordentlich…
Ab und an passiert es auch, dass eine Straße einfach in eine Schotterstraße übergeht, ohne dass du abgebogen bist… nun ja, mein Auto ist treu bisher und macht alles mit. Es rumpelt und pumpelt zwar überall, aber ich hoffe, die Achsen halten durch!
Dieser Tag gehört wieder einmal zu denen, an denen der Geist irgendwann nichts mehr aufnehmen kann. Ein Highlight jagt das nächste, am Abend bin ich restlos ausgepowert. Hätte ich zwischendurch kürzer treten können? Ich glaube nicht.
Gleich nach dem Aufstehen und einem kleinen Frühstück besuche ich die Mc. Lean Falls, die direkt hinter dem Campingplatz liegen. Schon der Weg (insgesamt nur ½ Stunde) zu den Wasserfällen ist ein Genuss: dieser unglaublich grüne Regenwald in seinen verschiedenen Farbtönen! An jedem Baum könnte ich stehenbleiben, seinen Stamm oder die urigen Wurzeln bewundern, doch ich habe viel vor heute und bin voller Energie – also halte ich mich nicht zu lange auf.
Die Bewegung tut gut, der Wasserfall ist wunderschön, und ich setze mich hiernach erst einmal in das Café vom Campingplatz, um meinen Blog von gestern mit Fotos zu versehen und ins Netz zu stellen.
Mein nächstes Ziel ist der Kaka-Point, aber bin dahin gibt es eben auch noch einiges zu sehen. So wandere ich zunächst zu dem Lake Wilkie, und halte mich dann lange in einem kuriosen Museum in Papatowai auf.
Sind die Namen nicht schwer zu merken? „Museum“ beschreibt es auch nicht wirklich, das was ich vorfinde! Einen großen Bauwagen darf man kostenlos besichtigen und schon dort drin gibt es genügend zu staunen, auszuprobieren. Dem Künstler, der dies seit 17 Jahren macht, scheinen die Ideen an Witzigkeiten nicht auszugehen. Leider lassen sich die Effekte schwer beschreiben. Für den Garten ist ein Eintritt von 5$ fällig, und den ich würde schon bezahlen, auch ohne hineinzugehen. Wovon soll der arme Kerl denn sonst leben?
Mit Hetty, einer älteren Neuseeländerin, betrete ich den Garten, und wir bestaunen alles gemeinsam. Das innere Kind wird geweckt und immer wieder juchzen wir auf, weil wir wieder etwas Neues entdeckt haben. Und vieles kann uns soll man einfach ausprobieren, was wir begeistert machen. Was für ein Spaß! Dieses Terrain könnte ich so, wie es ist, nehmen und direkt nach Worpswede setzen! Mit Hetty trinke ich anschließend noch einen Kaffee, direkt vor dem Bauwagen, und bin wieder einmal fasziniert, wie das Leben bei manchen so spielt. Nein, nicht schlecht, nicht schlimm, einfach interessant, wie es läuft. So ist Hetty in Holland geboren und mit ihrer Familie, als sie 7 war – heute ist sie 68 -, nach Australien ausgewandert. Dort lernte sie dann einen Neuseeländer kennen, mit dem sie auch noch verheiratet ist. Die Sprachen, so erzählt sie, hat sie in manchen Dingen vermischt. Ihr Mann ist „boring, but I love him“. Hetty geht am Stock, kann einen Arm wenig bewegen – daher haben wir manches zu zweit gemacht – aber ihr Gesicht ist jung und voller Freude. Wenn ihr Mann langweilig ist, macht sie die Dinge eben allein, aber sie machen auch so einiges gemeinsam, wie derzeit ihr eigenes Land in einem ausgebauten Bus zu bereisen.
Für mich geht es weiter und ich besuche anschließend die Purakaunui-Falls – wieder ein schöner Regenwald-Weg. Die Wasserfälle sind nett, aber nicht so spektakulär, wie ich erwartet habe.
In der nächsten Bucht soll es Seelöwen geben, die kann ich ja nun auf keinen Fall auslassen. Auf dem Parkplatz nehme ich ein kleines Picknick ein – koche mir einen Tee und mache mir ein Müsli. Mit Blick auf den Pazifikstrand schmeckt es gleich doppelt so gut.
Das Wasser weicht immer weiter zurück. Ebbe und Flut machen sich in den Buchten sehr bemerkbar!
Nun bewaffne ich mich mit iPhone und Fotoapparat und beginne mit dem Strand-Wanderweg. Kaum habe ich ihn betreten, kommt ein Seelöwe, ja, wie soll ich das beschreiben? angejoggt, angerannt? Er läuft, stellt sich dann wieder in Fotografier-Pose, läuft weiter, noch weiter, er ist so dicht, dass ich nicht sicher bin, ob er nicht doch gleich auf ein paar Wanderer zu rennt. Sollten wir nicht lieber vom Wasser weg, so dass er einen Fluchtweg hat? Ich für meinen Teil mache das lieber, möchte nicht so gerne zum Beutemenschen werden. Aber der Seelöwe hat überhaupt kein Interesse daran. Immer wieder setzt er sich hin, guckt uns auffordernd an: „Bin ich nicht schön?“ Doch, ist er! Und dann läuft er wieder. Offenbar war er auch gerade im Wasser, denn er glänzt richtig. Irgendwann bewirft er sich mit Sand, da ist die Schönheit ein wenig im Eimer. Ich mache meine Scherze von wegen „gleich hält er die Pfote auf „one Dollar please!“ oder „Er wird von der Gemeinde bezahlt!“ und komme dadurch mit einem netten Ehepaar aus Kanada ins Gespräch.
Wir haben viel Spaß gemeinsam und machen einen 2-Stunden Spaziergang am Strand entlang. Auch für die Beiden ist Englisch eine Fremdsprache, denn sie leben in Quebec, die einzig französische sprechende Region Kanadas. Ein paar andere Seelöwen sehen und fotografieren wir noch – und wieder einmal ist es so nett und angenehm zu plaudern. Die beiden sind pensioniert und haben nach langer Überlegung alles verkauft, um reisen zu können. Für den Sommer haben sie ein riesiges Wohnmobil, so ein amerikanisches, in dem sie auf einem Campingplatz an einem See in den USA leben. Länger als 6 Monate dürfen sie nicht am Stück aus Kanada weg sein, sonst verfallen ihre Vorteile, wie z.B. Versicherung, Rente usw.
Unsere Wege trennen sich, weil ich noch ein Stück weiter möchte, doch wir tauschen unsere Email-Adressen. Nun bin ich ausgelaugt. Eigentlich wäre es besser gewesen, gleich einen Schlafplatz zu suchen. So lange in einer fremden Sprache zu reden, ist anstrengend. Und auch auf der Fahrt komme ich schwer zu Ruhe, mein Geist arbeitet einfach weiter. Im Reiseführer lese ich von einem Punkt, in dem ebenfalls Pinguine zu sehen sein sollen. Den steure ich als Schlusspunkt des Tages an und kann wirklich noch einige beobachten. Allerdings ist dieser Platz wesentlich Pinguin-freundlicher – der Mensch muss sich in einem Aussichtshäuschen verstecken und der Pinguin kann ungestört seine Jungen aufziehen. Den Strand darf man ab 15:00 nicht mehr betreten! Mein Naturschutz-Herz freut sich!
Uff, nun reicht es total. Ich kann nicht mehr, keinen Touristen-Meter fahre ich weiter und so lasse ich den Leuchtturm vom Nugget-Point weg. Der nächste Campground ist nicht weit und hat Platz, ist günstig – und hat WIFI, welch ein Glück!
Dienstag, 05.01.2016
100 km zurück um Delfine zu sehen
Morgens weiß ich immer noch nicht: links- oder rechtsrum, nach Dunedin und Umgebung oder noch einmal zurück zur Curio-Bay, wo ich keine Delfine gesehen habe, obwohl es dort so viele geben soll. Ich habe nicht so gut geschlafen, dann tue ich mich mit Entscheidungen besonders schwer. Aber Delfine sehen, das ist schon ein Traum von mir, also – ihr könnt es euch schon denken – gehe ich in dem Ort, in dem der Campingplatz liegt, erst einmal einen Cappuccino trinken, dieses Mal in Verbindung mit einem Scone, schreibe und entscheide mich mit dem Blick auf den Pazifik dabei, zu den Delfinen zu fahren, allerdings erst noch in die nächst größere Stadt, denn ich habe mein letztes Bargeld eben in dieses Frühstück investiert.
In Balclutha gehe ich dann noch schnell ein wenig einkaufen, möchte in der Bücherei das Internet nutzen und muss feststellen, dass es wahrscheinlich Neuseelands einzige Bibliothek ohne Wifi ist.
Und immer mal eine Erinnerung an Zuhause:-)
Nun geht es 100 km zurück in die Delfinbucht. 100 km, die sich so dermaßen lohnen! Eigentlich hatte ich es so verstanden, dass die Delfine da vorbeiziehen, wo ich auch die Pinguine gesehen habe und plane, mich dort hin zu setzten und zu warten und lesen, bis welche komme. Zum Glück führt mein Bauch mich in die Nebenbucht, denn Björn hatte auch etwas davon gesagt, dass er mit den Delfinen geschwommen ist, und das ist dort definitiv nicht möglich. Und an der anderen Bucht ist, abgesehen von einem Campingplatz, ein Strand und eine Surfschule. Dort im Office frage ich nach, wo ich denn am besten Delfine beobachten kann, und die Frau geht mit mir nach draußen, zeigt auf einen Surfer und meint „dort“! Oh, ich hätte sie fast umarmt! Eine Kolonie von schätzungsweise 20 Tieren schwimmt mitten im Trubel der Surfer oder Schwimmer.
Sie lassen sich wie die Wellenreiter mit den Wellen treiben, schmeißen sich richtig hinein. Immer wieder sehe ich erst ihre Rückenflossen, dann springt auch der ein oder andere, und dann sehe ich sie in Gruppen in den Wellen. Fotografieren ist sehr schwierig, bis ich sie im Bild scharf gestellt habe, sind sie schon wieder abgetaucht. Eine Deutsche neben mir hat allerdings viele Bilder gemacht und wird mir einige zumailen. Ich bin gespannt.
Es ist richtig ergreifend, diese tollen Tiere in natura zu sehen! Ohne Neopren-Anzug ist mir ein Besuch im Wasser zu kalt, und so genieße ich sie vom Strand aus. Irgendwann beschließe ich, dass es reicht und ich mache noch einen kurzen Abstecher in die Nebenbucht, um zu sehen, ob schon Pinguine da sind. Aber es ist noch zu früh. Und warten möchte ich nicht, die Zeit ist mir zu schade. Ich habe genug gesehen und werde sicherlich noch weitere bei Dunedin beobachten können. Ich bin einfach glücklich und mache mich auf den Weg zurück.
Eine Pause lege ich auf dem Campground ein, in dem ich vorgestern übernachtet habe. Das Restaurant ist gut und ich genehmige mir eine Kleinigkeit zu essen. Die Küche öffnet erst um 17:00, also trinke ich zur Überbrückung naja, was wohl, und kann dank Wifi nun auch wieder am Blog arbeiten. Eine Stunde später, kurz nach halb sechs mache ich mich auf, wohl wissend, dass die Cathedral Cove, eine sehr hohe Höhle, die man nur bei Ebbe besuchen kann, nun geöffnet haben muss. Ich fahre hinein, bestätige, dass ich verstanden habe, dass ich nass werden werde und alles auf eigene Verantwortung mache, zahle 5$ und gehe ca. 20 min einen wunderschönen Regenwald-Wanderweg hinunter an den Strand – und was für einen Strand.
Der alleine ist ja schon so wunderschön, weicher Sand, grünes, wellenreiches Meer, etwas viele Menschen, die meisten allerdings bewegen sich mir entgegen – und sie sind wirklich ziemlich nass. Ich habe mir auf Anraten eine kurze Hose angezogen, und das ist gut, wenn auch etwas kalt.
Um in die Grotte zu kommen, muss ich nämlich durch den Pazifik stapfen – und Ebbe hin oder her, der schlägt noch recht hohe Wellen. Das angekündigte Knietief reicht selbst bei meinen doch eher langen Beinen nicht aus, ich habe das Gefühl, das Meer hat richtig Spaß daran, ordentlich Wasser anzuspülen. „Wenn du schon etwas Tolles sehen willst, musst du mich überwinden, jawoll!“
Selbst schwimmen wäre gerechtfertigt gewesen, denn so etwas Überwältigendes sieht man auch in Neuseeland nicht alle Tage! Es ist sicher noch herausragender für mich, weil ich eh aufgeregt war bei dem Gedanken, in eine Höhle zu gehen. 200 m lang, sehr hoch und unglaublich vom Meer geformt. Es geht einmal um eine enge Kurve, etwa 300°, da ist es sogar ein wenig dunkel.
Und prompt kommt ein hoher Bogen, der direkt ins Meer führt. Ich kann mich gar nicht satt sehen, bleibe, bis alle anderen bis auf eine Frau weg sind. Wir fotografieren uns gegenseitig, schwärmen und gehen dann gemeinsam zurück.
Dort, wo die Kurve ist, befindet sich an der Seite eine Stelle, die aus größeren Steinen besteht. Sieht ein wenig aus wie ein Altar, vielleicht daher und durch die Höhe auch der Name Cathedral Cove. Als wir daran vorbei gehen, bewegt sich dort etwas: ein kleiner Pinguin hüpft hinauf. Ich bin hingerissen, das nun auch noch! Es ist einfach schlichtweg unglaublich, unbelievable!
Man muss schon genau hingucken, um den dunklen Stein als Pinguin zu identifizieren!
Durch das Erzählen mit Erica aus Kalifornien ist der Rückweg, der nun steil bergauf geht, schnell gemacht – und schon trennen sich unsere Wege wieder. Die meisten Bekanntschaften kommen und gehen, eigentlich schade, aber anders gar nicht realisierbar…
Einige Kilometer fahre ich noch und bleibe dann nicht zu spät auf einem DOC Campground, also Naturcampingplatz, in dem Ort mit dem kuriosen kleinen Museum. Nach einer schönen Mahlzeit, heute zum ersten Mal Gemüse gekocht, gehe ich bald in meinen Van und mache es mir mit dem iPad hier gemütlich.
Ist es zu fassen, dass ich nach einem solchen Tag plötzlich ein wenig Heimweh bekomme? Ich fühle mich nicht alleine, das ist es nicht, bin nur einfach so etwas traurig und wünsche mir meinen Mann zum Anlehnen. Ene, mene, mei, ich wünsche mir den Bernd herbei- hex, hex…. Klappt nicht. Zum Glück eben nur etwas traurig und nicht ganz doll.
Draußen ist es nun fast dunkel, es ist halb elf, und ich werde mich ins Traumland bewegen.
Mittwoch, 06.01.2016
Dunedin
Worpswede ist überall! Es ist nicht zu glauben, wie viele Menschen ich treffe, die mich an irgendjemanden erinnern. Meistens weiß ich an wen und finde das mal mehr, mal weniger gut. Ha, der hat einen Mund wie…, die sieht aus wie…, der geht wie…, usw. Witzig war es dann, als ich das Mädel traf, das ich auch schon kurz erwähnte, ich wartete mit ihr auf die Ankunft der Pinguine. Sie hat den Vornamen meiner einen Freundin und den Nachnamen meiner anderen.
Es ist ein ruhiger Tag heute. Ich verlasse den Campground zügig, bin weiterhin unruhig und möchte auf jeden Fall noch skypen, bevor es in Deutschland zu spät ist. Immerhin weiß ich, dass ich in 56 km Wifi habe, und so fahre ich los. Ich muss dazu schreiben, dass ich schon die zweite Nacht Migräne hatte und dann eben nachts aufwache, nicht gut weiterschlafe und morgens logischerweise nicht so fit bin. Womit mache ich mir Stress? Eine Migräne kommt bei mir ja nie von ungefähr. Zum einen sind es sicherlich die sehr viele Eindrücke, die mich nicht zur Ruhe kommen lassen, zum anderen macht mir eine dicker werdende Stelle am Zahn Sorgen. Und Angst ist bekanntlich ein schlechter Begleiter…. Ich fürchte, dass eine Zahnwurzel dabei ist, sich zu entzünden, leichter Druckschmerz, leichte Schwellung, alles noch erträglich –aber… Ich habe in meinem Leben wahrhaftig so manche „Zahn-Odysseen“ hinter mir und dementsprechend absolut Respekt davor, dass sich hier etwas Unangenehmes entwickeln könnte. Das Blödeste dabei ist, dass sich das Ganze unter einem neu überkronten Zahn abspielt. Also werde ich morgen wohl einen Zahnarzt aufsuchen müssen und mir vorher aus dem Wörterbuch alle wichtigen Wörter holen. Ich gestehe, dass mir das Angst und Stress bereitet. Verständnisloses Ausgeliefert-Sein, na super! Vielleicht hat der Zahnarzt ja in Deutschland studiert? Vielleicht beruhigt sich das Innenleben ja auch wieder? Naja, seit ca. 5 Tagen brodelt das in mir…. Nun gut, aber das ist morgen!
Heute bin ich dann bis Dunedin gefahren, das liegt an der Ostküste ziemlich weit im Süden. Mittags bin ich da, nein so weit war das nicht, eine lange Pause zum Skypen sowie eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall gab es zwischendurch.
Dunedin ist nun zur Abwechslung mal wieder eine richtige Stadt mit echtem Stadtleben, in der man nicht nur Touristen trifft. Ich gucke mir ein wenig das Zentrum an, den Bahnhof, zwei Kirchen, die Bibliothek, richtig nett.
links der Bahnhof, rechts eine Ausstellungspuppe in einer Kirche mit dem Vermerkt: „don’t touch!“ – meine Bemerkung dazu: „ich berühre niemals fremde Männer!“
Mein Mittagessen: Kartoffelecken
Den Schlafplatz suche ich mir auf der darunter liegenden Halbinsel. Denn von dort kann ich morgen direkt noch mal in die Stadt, aber auch hier zu den Pinguinen und Albatrossen. Und es ist ruhig, und so hab ich mich gleich für zwei Nächte eingemietet. Und – in diesem kleinen Feriendorf gibt es eine Sparks-Zelle- also Wifi, sobald ich die Straße hinuntergehe, und zwar gar nicht weit!
Auf dem Weg hierher passierte dann, was immer und überall passierten kann und doch nicht passieren sollte: Fast hätte ich einen Fahrradfahrer angefahren. Ich habe ihn zum Glück die ganze Zeit fest im Blick und will ihn gerade mit viel Platz überholen – als er auf die andere Straßenseite fährt. Er blickt sich weder um, noch scheint er mich überhaupt zu bemerken. Ich steige ordentlich in die Eisen und streife ihn dadurch nur wenig. Er nimmt seine Kopfhörer ab, als er mit mir spricht….. Nein, er sei okay, es sei nichts passiert, alles in Ordnung. Ob an meinem Auto was sei… Mein Auto??? Das ist jawohl so was von egal, Hauptsache, er ist okay! Gut, das ist er und so trennen sich unsere Wege. Wie konnte es dazu kommen? Wieso hat er nicht die Hand rausstreckt? Ich war erst echt wütend, denn ob Schuld oder nicht, es wäre übel gewesen, wäre mehr passiert. Und dann noch mit Musik in den Ohren! Und kein Handzeichen gemacht! Erwachsen genug war er, bestimmt Ende zwanzig! Ich könnte jetzt noch umdrehen und ihm den Hintern versohlen!
Ich lasse alles noch mal vor meinem geistigen Auge ablaufen: Gerade als ich hinter ihm fahre, kommt ihm auf der anderen Seite eine Fahrradfahrerin entgegen, die er grüßt. Ich berechne, dass ich sehr gut mit viel Abstand an beiden vorbeikomme und hole aus – weiträumig. Da biegt er ab! Als ich mir das noch mal durch den Kopf gehen lasse, fällt mir auf: Er hat gar nicht die Fahrradfahrerin gegrüßt, das war das Handzeichen. Und weil das ja jeder sehen muss, braucht er sich auch gar nicht mehr umzudrehen. Was bin ich froh, dass meine Bremsen gut funktionieren und dass ich nichts weiter passiert ist. Der Typ war dabei so gelassen, als erlebte er so etwas öfter…Dass sich mein ganzer „Kleiderschrank“ auf mein Bett verteilte, lasse ich mal unerwähnt…
Auf dem Campingplatz bekomme ich zum Glück einen Platz, auch ohne angemeldet zu sein. Ich stehe wunderbar, mache mir noch etwas zu essen und gehe frühzeitig in meinen geliebten Schlafsack.
Mit Wein!
Donnerstag, 07.01.2016
ein weiterer Tag in Dunedin und Umgebung
Wo ich schon auf dieser Halbinsel bin, mache ich mich morgens gleich auf in den Norden und hoffe, etwas Wildlife zu sehen, jedenfalls Albatrosse. Doch es gibt nur geführte Touren, anders kommt man hier nicht an die Tiere heran. Immerhin erfreuen ein paar Seehunde und Möwen unser Touristen-Herz!
Meine Zeltnachbarin treffe ich auch ganz oben, wir trinken gemeinsam einen Kaffee, genießen die Aussicht und gehen dann wieder jede unsere eigenen Wege. Meiner führt noch einmal nach Dunedin.
Ich habe gestern ja nur einen Bruchteil gesehen und weiß auch nicht so recht, was ich wirklich mit dem heutigen Tag anfangen soll.
Und das Beste, wenn man unschlüssig in einer Stadt weilt und schon einen Cappuccino hatte ist: ein Museum. Riesig groß, toll aufgebaut, von der Siedlerzeit bis heute – und kostenlos, dabei alles andere als umsonst. Es bringt mir großen Spaß, mich durch die Ausstellung zu bewegen, mir kleine Filme anzusehen und das ein oder andere durchzulesen. Wieder gibt es viel zum Ausprobieren, einen großen Raum, in dem sich Kinder mit altem Spielzeug betätigen dürfen (eine Mutter hockt mit ihrem Sohn auf dem Fußboden und baut eine Farm aus Holzteilen, ich weiß nicht, wer vertiefter ist..), alte Räder oder Straßenbahnwaggons dürfen betreten werden.
Ich bin ganz beseelt, als ich hinauskomme, mache noch ein paar Einkäufe und fahre dann zurück auf den Campgound. Dort mache ich mir etwas zu essen und überlege, was ich mit dem Rest des Abends anfangen möchte. Eigentlich hatte ich geplant, eine geführte Tour zu den Pinguins mit zu machen, doch ein Telefonat bestätigt, was die Frau im Office vermutete: Es ist komplett ausgebucht.
Ich frage meinen Bauch! Also gut, er sagt als erstes: „Gehe in den Shop und kauf dir einen Schokoladenriegel, gefüllt mit Karamell!“ alles klar, mache ich! Lecker! Dann: „Steig in dein Auto und fahre los!“ „Jetzt? Es ist halb acht!“ „Jetzt!“ Gut, ich höre auf meinen Bauch, steige ein und fahre in Richtung der östlichen Küste dieser Halbinsel, auf der ich gerade weile, zur Sandflies Bay. Meine Zeltnachbarin hat gesagt, man kommt nicht hin, weil die Straße kurz vorher gesperrt ist, aber vielleicht kann ich ja den Rest laufen. Ich werde sehen. Eine ziemlich enge, immerhin geteerte Passstraße geht den Berg rauf und runter, enge Kurven, und ich hoffe immerzu, dass mir kein Auto entgegenkommt. Ein Auto kommt auch nicht – es ist ein Bus. Uff, ganz dicht an den Berg geschmiegt, und es klappt. Ich bin froh über den Linksverkehr, sonst hätte ich nämlich außen gestanden:-).
Die Straßensperrung wird angekündigt, ich verlasse mich aber darauf, dass ich dann dort noch irgendwie zur Not drehen kann. Und genau vor der Sperre geht eine Abzweigung zur Sandflies-Bay! Danke, Bauch! Wie gut, dass ich nicht auf die Nachbarin gehört habe! Bald komme ich auf den Parkplatz und wandere los. Es geht durch einen unglaublich feinen Sand hinunter zum Strand. Ich mache mir lieber noch keine Gedanken darüber, wie ich hier wieder hoch kommen soll. Steil hinunter durch den Sand, ich rutsche eher, als dass ich laufe. Was mich dann unten erwartet, nimmt mir fast wieder einmal den Atem. Eine farbenreiche Dünenlandschaft, in der Ferne eine kleines Wasser, an dem sich Albatrosse aufhalten, links und rechts riesige Felsen und dann zwischendrin dieser Strand.
ein kranker Kormoran und Albatrosse
Zunächst bin ich noch alleine, dann sehe ich noch ein Pärchen. So gerne ich alleine in der Natur bin, so ein, zwei Menschen in der Ferne hat etwas Beruhigendes. Am Ende des Strandes treffe ich dann mal wieder auf einen Seelöwen, den ich fast übersehe, so fügt er sich ins Bild mit den Steinen ein. Wie ein großer sandiger Fels liegt er da und stört sich nicht daran, dass er als Fotomodell fungiert. Ich gehe zurück und sehe auf der letzten Düne sich etwas bewegen. Das kann eigentlich nur ein Pinguin sein. Ich eile, denn ich möchte ihn gern fotografieren, bevor er in seinem Versteck verschwunden ist. Es ist wieder ein Gelbaugenpinguin, ich hätte ja lieber einen blauen gesehen. Nichtsdestotrotz, es ist immer wieder ergreifend, diese goldigen Tiere zu sehen!
Ich bleibe auf Abstand und begebe mich danach wieder zu meinem Auto. Oh ja, der Weg ist anstrengend – ich gehe bergauf im weichen Sand – 50 cm hoch, rutsche 30 cm wieder runter. Doch irgendwann komme ich an, zwischendurch viele Pause und eine Überraschung: da liegt in einer Dünenhöhle direkt neben dem Weg ein kleiner Seehund.
Wie ist der hier hoch gekommen?
Völlig beglückt mache ich mich auf den Rückweg zum Campingplatz, inzwischen ist es schon sehr dämmrig.
Freitag, 08.01.2016
What a day, what a day, what a day!
Es gibt Tage, die sind klasse, es gibt welche, die sind super und dann solche wie heute – einfach unglaublich! (Die, die nicht so klasse sind, erwähne ich einfach nicht…)
Weil ich gestern Abend erfuhr, dass die runden Steine, die Moeraki Boulders nur bei Ebbe richtig zu sehen sind, stellte ich mir am Abend den Wecker, um rechtzeitig hier loszufahren. Fahrzeit eine Stunde, Ebbe um 9:00, vorher noch den Tunnel Beach ansehen, also halb acht hier spätestens los. Wenn ich etwas später bei den Steinen bin, ist es ja nicht schlimm, denn bis zur Flut dauert es immerhin 6 Stunden. Schon vor sieben bin ich wach und ausgeschlafen, dusche rasch und mache mir nur ein kleines Frühstück. Es ist relativ grau, aber immerhin trocken. Schnell noch die Wasserflaschen aufgefüllt und los geht es. Der Tunnel Beach liegt direkt bei Dunedin, der Weg dahin spannend. Während die Straße ja erst nur an der Küste von meiner Halbinsel wegführt, geht es gleich danach nur noch bergauf, recht steil und immer durch Wohngebiete. Unglaublich, dass solche Gefälle beim Bauen überwunden werden können! Schon bald bin ich da, inzwischen regnet es und so wirklich aussteigen mag ich gar nicht. Kalt und nass, nicht gerade das Traum-Strand-Wetter. Aber wenn nicht jetzt, dann nie, und das geht nun gar nicht.
Also kleide ich mich regenfest ein, ziehe die Wanderschuhe an und los geht es, erst einmal wie im Reiseführer beschrieben, steil bergab. Je weiter ich nach unten komme, desto großartiger die Aussichten, trotz der Wolkendecke. Hellbraune Felsen im Meer, vom Wasser mittig ausgewaschen. Erst denke ich, dass daher der Name kommt. Dabei hatte ich schon gelesen, dass irgendein Adeliger hier einen Tunnel gebaut hat, um an den Sandstrand zu kommen.
Den finde ich dann, also nicht den Adeligen, sondern den Tunnel, als ich mich, unten angekommen, umsehe. Ein Gang noch weiter nach unten, ein Tunnel mit Treppenstufen, die offenbar sich an dem vornehmen Getrippel ausrichteten, so eng sind die Stufen. Schwer zu schätzen, ich denke eine Länge von vielleicht 20 m, dann bin ich an einem echten Sandstrand, klein und mit Felsen, aber fein. Nun verstehe ich auch, warum man das eigentlich Interessante eben nur bei Ebbe sehen kann. Ich verweile kurz, genieße auch wieder hier die Einsamkeit und bin froh, dass es noch so früh ist.
Der Rückweg ist dementsprechend anstrengend, aber glücklich bin ich wieder an meinem Auto. Schneller als gedacht, trotz Gucken und Bilder machen
Nun fahre ich also weiter zu den Moeraki Boulders. Halt, will ich das wirklich? Nun mit Stress gleich an den nächsten Ort fahren? Abarbeiten? Nein! Ich werde mir erst einmal ein kleines Frühstück in der City von Dunedin gönnen, es mir dann in der Bibliothek bequem machen und anschließend losfahren. Falls mir nicht noch etwas anderes einfällt. Genauso mache ich es.
In einem vegetarischen Restaurant (Öffnungszeiten: 9:00-15:00, als Restaurant!) nehme ich Toast mit Eiern zu mir, dann gehe ich in die Bibliothek, schreibe meinen Blog zu Ende, setze ihn hinein und lade die Geräte auf. Währenddessen erreicht mich eine Mail der beiden netten Menschen aus Kanada, mit denen ich vor wenigen Tagen am Strand bei den Seelöwen wandern war. Sie seien grade in Dunedin, nächstes Ziel sei Moeraki Boulders, und vielleicht könnten wir ja noch einmal einen Strandspaziergang machen? Anbei die Handynummer, so schicke ich gleich eine SMS mit meinen Plänen und freue mich auf die Aussicht, die beiden noch einmal zu treffen. Erst überlege ich noch, ein weiteres Museum anzusehen, aber dann beschließe ich, dass es erst einmal an Kultur reicht, wir wollen es ja mal nicht übertreiben.
Ich lasse mich von Mrs. Google aus der Stadt leiten, werde bald unfolgsam, weil ich die Scenic-Route an der Küste vorziehe – mit wieder wunderschönen Aussichten, zumal die Sonne sich allmählich blicken lässt! Zum Schluss bin ich dann die letzten Kilometer wieder auf der Hauptstraße und erreiche die kugeligen Steine, bisher aber noch bei Flut. Sie sind trotzdem gut erreichbar, liegen im Wasser, so dass man sie nicht vollständig sieht. Witzig sind sie trotzdem, wie sie so rund im Pazifik liegen, der ansonsten ja nur recht unförmige Felsen beherbergt. Auch ich ziehe bald meine Schuhe aus und gehe durchs Wasser, teilweise durch glitschigen Schlick und passe auf, dass ich nicht ausrutsche. Weiter im Wasser steht ein junger Mann, der seine Hose noch besonders nass macht. Er reibt drauf herum, ich vermute, er wurde von einer Möwe getroffen, nicht ganz selten in dieser Gegend. Oder er braucht eine Erfrischung, ich werde es wohl nicht erfahren.
Trotz mehrerer SMS treffe ich meine beiden Kanadier noch nicht, na gut, so gehe ich meinen Weg weiter. Eigentlich muss ich die Steine gar nicht noch bei Ebbe sehen. Ich werde mich aufmachen, in die nächste Stadt, wohl eher Städtchen, in denen die Zwergpinguine zu beobachten sein sollen.
Fünf Kilometer bin ich von den Steinen entfernt, da erreicht mich eine Nachricht von den beiden, dass sie direkt im Dorf hinter mir sind und einen netten Campground gefunden haben. Ich entscheide mich umzudrehen, fahre vier km zurück, checke ein und stelle meinen Wagen direkt neben ihren. Sie staunen nicht schlecht und freuen sich. Gemeinsam trinken wir in ihrem Van einen Kaffee und machen uns dann auf zur Pinguinbucht, von der uns der Schweizer Campingplatzbetreuer erzählt und vorgeschwärmt hat.
Von einem Leuchtturm aus gehen zwei Pfade zu zwei Aussichtspunkten. Im ersten sehen wir drei von den seltenen Gelbaugenpinguinen, und freuen uns schon total. Dann gehen wir weiter – und nun kommen wir aus der Begeisterung gar nicht mehr raus. Drei Pinguine stehen so dicht an einem Zaun, der die Besucher abhalten soll, diese doch so scheuen Tiere zu stören, dass wir nicht einmal einen Zoom brauchen. Weitere sind auch nicht weit weg, ein Junges lässt sich gerade von seiner Mutter liebkosen. Übrigens wieder einmal ein Beweis der absoluten Mutterliebe: das Junge ist noch ziemlich hässlich, die Mutter aber liebt es trotzdem. Faul auf den Steinen drum herum liegen diverse Seelöwen, die einfach nur genießen, was auch immer. Ich sollte dabei erwähnen, dass wir inzwischen einen blauen Himmel haben, die Sonne scheint, es ist einfach perfekt! Neben dem eingezäunten Gebiet kann man noch weiterwandern, und selbst dort sind die Pinguine recht nah.
Einer schreit immerzu, und ich bitte zwei indische Fotografen, dass sie doch bitte sich woanders hinsetzen, weil ich vermute, dass die Jungen sich eventuell in den Höhlen befinden, wo wir, insbesondere die beiden, sich aufhalten und daher so schreien. Auch andere Passanten räumen sofort das Feld, das leuchtet allen ein. Wir beziehen also etwas entfernt unsere Beobachtungsposten und kommen dabei mit den beiden jungen indischen Männern ins Gespräch. Sie arbeiten in Wellington, haben nun noch Weihnachtsurlaub und der eine, ein großer Hobby-Fotograf, wollte die ganze Zeit Pinguine sehen, aber es hätte bisher nicht geklappt. Und nun so etwas! Inzwischen kommt der kleine Schreihals-Pinguin nach oben gewatschelt, einfach so, als würde er gucken wollen, wo wir geblieben sind. Ein Junges haben wir nicht gesehen, er geht dann auch wieder runter. Zu fünft laufen wir langsam zurück zum Parkplatz, bleiben immer wieder stehen, um weitere Bilder zu machen. Am Auto der beiden Inder hängt eine Hose, zum Trocknen, er sei bei den Steinen im Matsch ausgerutscht. Mir fällt es wie Schuppen von den Augen: er ist derjenige, der sich die Hose ausgewaschen hat. Und nun weiß ich warum! Wie klein ist die Welt, wie witzig manchmal die Zufälle. Ich erzähle, dass ich ihn dabei gesehen und überlegt hätte, ob ihm noch nicht kalt genug sei. Und dass es so witzig ausgesehen hatte, wie er seine Hose ohne einen mir ersichtlichen Grund immer weiter nass machte.
Nun fahren wir wieder zum Campingplatz, ich mache mir noch ein schönes Abendessen und gehe anschließend mit Pierre und Lorraine noch einmal an den Strand, 20 m vom Auto entfernt. Ich möchte auch noch unbedingt Fotos mit den beiden machen und so starten wir eine regelrechte Foto-Session. Was für ein Tag!!!!
Samstag, 09.01.2016
Oamaru mit kleinen Pinguinen
Eigentlich habe ich vor, gleich nach dem Frühstück aufzubrechen, Beginn der Inlandroute. Aber nein, die Sonne scheint so schön, da möchte ich doch nicht nur im Auto sitzen. Und ich möchte auch weiterhin mich daran halten – keinen Stress! Also wandere ich mit meinen beiden neuen Freunden noch einmal zu den runden Steinen, die wirklich bei Ebbe noch beeindruckender sind als gestern. Dieses Mal ist es leicht, dorthin zu kommen, ungleich länger als von der anderen Seite, durch die Ebbe aber alles gut zu erwandern.
Nach genügenden Fotos verabschiede ich mich und trete den Rückweg an, es waren 3 km, das hab ich beim Schnacken mal wieder gar nicht gemerkt. Gleich wieder ein komisches Gefühl, nun erneut alleine zu laufen und dann auch weiterzureisen. An der Wifi-Zelle möchte ich mit Bernd skypen, eile deshalb auch ein wenig mehr, er möchte schließlich ins Bett. Doch die funktioniert leider nicht, und so mache ich mich ein wenig gefrustet auf den zum Glück recht kurzen Weg. Mein nächster Anlaufpunkt Oamaru ist nur eine halbe Stunde entfernt. Hier möchte ich eigentlich nur einkaufen, einen Kaffee trinken und dann weiterfahren. Mein Bauch ist dagegen und führt mich postwendend in die Altstadt!
Ist die schön, alles noch im Original-Viktorianischen Stil, mit kleinen Museen oder Liebhaber-Geschäften drin. Das alles bei Sonne, wunderschön! Ich beschließe, eine Nacht zu bleiben. Das hat dann auch den Vorteil, dass ich abends sicherlich Zwergpinguine beobachten kann.
Mein Unruhe legt sich nicht, heute ist wieder mal ein Tag, an dem ich meine Familie gerne um mich hätte und jeden beneide, der mit Mann und halbwüchsigen Kindern daherkommt. Ich scheine in dieser Stadt die einzige zu sein, die alleine unterwegs ist. Ein wenig Selbstmitleid tut auch mal gut, wird mit einem Cappuccino betäubt und der Einkauf fällt dann auch ein wenig größer aus. Manchmal muss das einfach sein. Immerhin hab ich nun auch eine Wifi-Zelle entdeckt, die ich dann heute Abend nutzen kann. Ich habe sie auch gleich ausprobiert – sie funktioniert!
Mein Schlafplatz liegt direkt am Hafen, und ich erfahre gleich an der Rezeption, dass am späten Abend die Pinguine direkt auf den Platz kommen und eine Zeit lang laut werden. Ich freue mich, denn in der Touristen-Information hat die nette Frau mir erzählt, dass man sie nur innerhalb einer Führung sehen kann. Kosten: 28$ für ein „normales Sehen“, 40$, wenn man dichter heran möchte. (Gar nichts, wenn man campen geht, aber das sagt sie eben nicht.)
Nachdem mein Auto gut steht, alle Formalitäten erledigt sind, das geht ja immer schnell, erkunde ich die Straße bis zu eben diesem Pinguin-Zentrum. Das ist wirklich nur touristisch. Pinguine in allen Variationen kann man dort kaufen, vom Kuscheltier über die Trinkflasche bis zur Handcreme-Dose. Und natürlich vieles, vieles mehr, in Pinguin-Form! Fotos machen ist generell verboten, damit sind sie nun komplett bei mir unten durch!
Ich setze mich eine Weile auf die Pier, beobachte mit viel Freude erst einen, bald zwei sich treiben lassende Seehunde und einen Seelöwen, den ich erst übersehe, dabei ist er gar nicht weit weg. Von einer Touristin wurde ich vor einigen Tagen gefragt, ob Seelöwen Pinguine fressen – nein, sie leben richtig friedlich nebeneinander her.
Kormorankolonie
Suchbild
Alleine da zu sitzen, die tosende Brandung, die in den Wellen kullernden Tiere, der träge Seelöwe – das alles trägt gut zu meinem Wohlbefinden bei, ich werde langsam wieder ruhiger. Kann mein Heimweh dann auch besser einfach annehmen. Natürlich weiß ich, dass es normal ist, trotzdem….
Als ich mich wieder zum Campingplatz aufmachen will, komme ich mit zwei Deutschen ins Gespräch, die schon einen Tag länger hier sind. Sie berichten, dass man abends auf der Straße die Pinguine sehen kann, Ranger seien dabei, um die Touristen daran zu hindern, den scheuen Tieren im Wege zu stehen oder womöglich mit Blitzlicht zu fotografieren. Prima, ich freue mich auf den Abend!
Nach einer kleinen Mahlzeit mache ich mich in der Dämmerung auf den Weg – gemeinsam mit sehr vielen Menschen, die aber alle im Gegensatz zu mir zu der Pinguin-Führung wollen. Autos über Autos. Fast bin ich ein wenig versucht, mich der Mehrheit anzupassen und mich dem anzuschließen. Hier gewinnt dann mein Kopf! Nix da mit Gruppenzwang! Ich wandere fein alleine die Straße rauf und runter, noch ist nichts zu sehen, es ist noch zu hell. Zwei Einheimische sperren einen Teil der Straße ab, damit dort keine Autos parken. Sie setzen sich dann an alte Gleise und warten – offenbar auf die Pinguine. Und richtig, sie erweisen sich als zwei Volontäre, die uns nachher in einer supernetten Art und Weise Bescheid geben, als die Pinguine kommen und doch immer wieder irgendwelche Leute im Weg stehen. Oh, die Ruhe der Beiden möchte ich haben, sie machen einen tollen Job.
Inzwischen bin ich da auch nicht mehr alleine, es hat sich herumgesprochen. Wir müssen aber noch eine ganze Zeit warten, bis sich plötzlich drei kleine flinke Gestalten vom Meer auf die Bootsrampe bewegen. Einmal schütteln, umsehen, schnell unter einen Unterstand. Sie sind unglaublich niedlich! Weitere kommen, stellen sich dazu, bis sie etwa 10 sind, dann wandern die gemeinsam an die Straße. Immer wieder werden wir angewiesen, bis wohin wir stehen dürfen, und ab wann wir uns auch nicht mehr bewegen sollen, damit die Kleinen über die Straße zu ihren Nestern können.
Auf der Straße dürfen wir nicht stehen, sie ist privat – gehört bestimmt dem Pinguin-Zentrum, die keinerlei Interesse daran haben, dass Menschen diese süßen Tiere kostenlos sehen. Wir brauchen sehr viel Geduld, inzwischen ist es fast ganz dunkel, und das Fotografieren wird schwer, denn Blitzlichter sind natürlich streng verboten. Nach und nach kommen die Autos vom Zentrum wieder – dass die hier nun fahren dürfen, dass die beiden die Straße nicht absperren dürfen, finde nicht nur ich unmöglich und Tier-unfreundlich. Die wollen die Straße überqueren, und die Autos fahren dann (verständlicherweise) ganz langsam, halten an, um sie sehen zu können – aber das ist eben völlig kontraproduktiv.
Irgendwann habe ich genug gesehen und mache mich auf den Rückweg, bedanke mich noch vorher bei der einen netten Ehrenamtlichen. Zwei Abende in der Woche mache sie das, erfahre ich, und nein, leicht sei das nicht! Ich ärgere mich im Nachhinein, dass ich ihr kein Geld gegeben habe, für diese tolle Arbeit und zum Schutz der Pinguine. Ich werde mich nachher noch mal darum kümmern. Sie verrät mir auch, dass ich auf dem Rückweg die Augen offen halten solle, es werden noch überall welche zu sehen sein. Und wirklich, immer wieder sehe ich diese kleinen Wesen, meistens zu zweit, einmal zu viert, bleibe erst stehen und gucke und mache dann einen weiten Bogen, damit sie in Ruhe weitergehen können.
Spät ist es geworden, doch mit meinem Auto fahre ich noch einmal in die Innenstadt und kann so in Ruhe mit Bernd schnacken. Wieder einmal genieße ich mein Auto, denn während ich noch warte, dass er von seinem Spaziergang zurückkommt, mache ich es mir hinten bequem und sehe einen Teil eines Filmes über die Mediathek.
In der Nacht wird es sehr stürmisch, mein Auto wackelt hin und her und ich liege wie in einer Wiege. Ach wie gemütlich. Kurz kommt mir der Gedanke, welche Ängste das früher bei mir ausgelöst hätte, wie sehr sich meine Fantasie verselbständigt hätte. Ich werde diese Ängste nie vergessen, schon um weiterhin dankbar zu sein, solange sie nicht da sind. Sollten sie dennoch eines Tages so wie früher wiederkommen…. oh nein, dann vergesse ich die Alternativmedizin und nehme wieder eine Zeitlang die Tabletten, bis sie wieder weg sind. Schon durch diese Androhung trauen sie sich hoffentlich nicht wieder an mich ran!
Inzwischen haben alle Tische um mich herum mindestens einmal gewechselt, ich sollte diesen auch mal freimachen.