1. – 10. Februar

Dienstag, 02.02.2016

Segeltour auf dem Lake Taupo- und ein platter Reifen….

Den Tag gestern lasse ich dann ruhig angehen, und daher fasse ich heute auch beide Tage zusammen, dann lohnt es sich jedenfalls. Dass ich so viel Zeit im Café verbracht habe, habe ich ja bereits geschienen. Die Zeit zum Schreiben und Ausruhen genutzt, eingekauft, getankt, im Schatten gesessen und einen Film geguckt (Wifi-Zelle war ganz dicht), gelesen- kurz: relaxt. So langsam bekomme ich wieder Energie und mache mich auf nach Taupo, einer kleinen Stadt am größten See Neuseelands (622 km2). Der Lake Taupo liegt im Krater eines Vulkans, der vor 300.000 Jahren zum ersten und im Jahr 180 n.C. um letzten Mal ausbrach. Die ganze Region hier ist noch vulkanisch aktiv, sichtbar an diversen heißen Quellen.

Direkt am Wasser nehme ich einen Cappuccino zu mir, genieße die Aussicht und suche mir anschließend einen Campingplatz.

Eigentlich möchte ich den Top10 wieder mal ansteuern, ich muss dringend Wäsche waschen, doch die wollen mehr als doppelt so viel Geld, wie ich sonst zahle. Oh nein, da gehe ich, wenn die anderen hier auch so teuer sind, lieber auf den kostenlosen, von dem ich aber nicht so viel Gutes gehört habe. Er soll laut sein, mit viel Feierei und Drogenverkauf. Der Vorteil der Kommentare im Internet.

Doch schon der nächste bietet mir einen Platz mit dem mir gewohnten Preis, liegt zentral und ist wunderbar! Saubere Anlagen, Duschen, Küche, Waschmaschinen –alles was ich brauche! Und ruhig ist er auch.

Als ich aussteige, gucke ich, warum auch immer, auf die Reifen – und sehe, dass ich einen Platten habe. Oh nein, nicht schon wieder etwas Neues mit dem Auto. Der soll mir doch bitte bis zum Ende treu sein, füttre ich ihn doch schon jeden Morgen mit frischem Wasser! Aber es nicht zu leugnen, und so mache ich mich erst einmal zu einer Tankstelle auf, um den Reifen wieder aufzupumpen. Natürlich sind hier die Geräte anders und die Maßeinheiten auch, aber wie immer in Neuseeland, und das wäre bei uns in Deutschland auch nicht anders, kommt jemand, in diesem Falle eine nette Maori-Frau, die mir hilft. Und mir auch gleich einen Reifenhandel nennt, zu dem ich zur Not morgen früh hinfahren kann.

Ob es das Zuviel an gekochtem Gemüse, oder die ganze Avocado im Salat war, oder einfach der Frust, dass ich mich morgen erst einmal wieder um das Auto kümmern muss, oder überhaupt: ich kann nicht einschlafen. Um 2:00, um 3:00, um halb vier bin ich immer noch wach. Zwischendurch weggenickt bin ich auch nicht, denn ich war einfach zu wach und habe dann gelesen. Und es zwischendurch immer wieder mit dem Einschlafen versucht. Keinen grünen Tee am Abend getrunken, keinen Kaffee, trotzdem, ich bin wach.

Und nach drei Stunden wache ich wieder auf, bleibe noch etwas liegen, bin aber gar nicht so müde, wie ich erwartet habe. Eine ausgiebige Dusche und ein schönes Frühstück lassen mich in den Tag kommen.

Mein Reifen ist erwartungsgemäß wieder fast platt, ich werde also aktiv werden. Zunächst geht es aber nur drei Straßen weiter, zur Wifi-Zelle, mit Bernd skypen. Nein, ich werde mich zusammenreißen und nicht wieder weinen, werde einfach schön mit ihm schnacken. Ich höre seine Stimme, und wie auf Kommando kommen mir die Tränen und lassen sich auch gar nicht aufhalten. Ich heule mein ganzes Elend heraus, wäre er doch hier, und überhaupt, ich weiß gar nicht, wie ich weitermachen soll und so weiter. Bernd hört zu, versteht und findet alles gar nicht so schlimm, und schon gar nicht, dass ich so fertig bin. Nach so einer Nacht ja auch verständlich. Nachdem der erste Schwall heraus ist, versiegt der Strom und es geht mir langsam besser. Während des Telefonats gehe ich kurz in den angrenzenden Coffeeshop (nicht im holländischen Sinne) und ordere einen großen Cappuccino! Währenddessen kommt ein kleines Auto angefahren, das auf der hinteren Seite einen großen Aufzieh-Schlüssel hat, der sich beim Fahren immerzu dreht, eine tolle Idee!

Ziemlich gestärkt fahre, nein schleiche ich erst einmal mit Warnblinker zum Reifenwechsel. Einen Wagen müsse er noch vorher abarbeiten, dann kümmere er sich um meinen, meint der nette junge Mann, dem ich mein Problem schildere. Ich könne vorne warten, kein Problem. Ich füge noch hinzu, dass der Reifen nur noch drei Wochen halten müsse! Auf hoch-englisch: neue teure sind nicht angebracht. Das sage ich aber nicht so explizit, aber er versteht mich. Vorne, wo ich warte, sitzt einer an der Kasse, entschuldigt sich, dass er nicht helfen könne, aber er habe es so im Rücken. Ich erzähle ihm, dass ich schon alles mit dem Kollegen geklärt habe, und schon wieder muss ich aufpassen, nicht einfach los zu weinen. Es gelingt mir, hurra!

Ich setze mich hin, und lese ein wenig. Nach ca. einer dreiviertel Stunde ist mein Auto fertig und ich zahle —- 30$, d.h. 18€! Für einen heilen Reifen! Ein Trinkgeld mag er gar nicht annehmen, doch als ich meine, da sei quasi ein Kaffee zwischendurch, ist es okay! Und ich bin so froh und glücklich!

In der Touri-Info werde ich anschließend von einer deutschen Frau in meinem Alter beraten, die mir gute Tipps für den Tag gibt, von denen ich einen wahrmache: eine Segeltour zu den Maori-Reliefs. Hierbei handelt es sich um 10 m hohe Reliefs, die in den späten 70er Jahre in einen Fels gemeißelt wurden und nur per Boot zu erreichen sind. Die Segeltour ist Entspannung pur! Frischer Wind, Sonne, eine nicht zu große Gruppe, ein netter Bootsführer.

Die Tour dauert 2,5 Stunden, mit viel Zeit zum Fotografieren, und schwimmen darf auch, wer möchte. Auf die Idee war ich gar nicht gekommen, und habe dementsprechend weder Badezeug noch Handtuch dabei, egal. Es ist einfach schön! Und die Reliefs sind beeindruckend. Sie zeigen den visionären Maori-Seefahrer Ngatoro-i-rangi, der vor 1000 Jahren zwei Stämme in die Taupo Region geführt hat. Zum Glück verweilen wir dort länger, so dass ich viele Bilder machen und auch die Zeichnungen auf mich wirken lassen kann.

Nach dieser Fahrt habe ich Hunger, fahre auf den Platz und koche mir etwas. Vielleicht sollte ich noch eine kleine Wanderung machen? Etwas Bewegung wäre ja auch nicht schlecht. Aber nein, heute ist ein Ruhetag, und so laufe ich nur einmal zum Wifi, um Bernd zumindest kurz zu sagen, dass es mir wieder gut geht und einen doch noch schönen Tag hatte.

Mittwoch, 03.02.2016

und doch noch ein weiterer Tag in Taupo

Nach einer wunderbaren Nacht fühle ich mich erfrischt und gestärkt. Ein leichter Frühnebel lässt eine spätsommerliche Stimmung aufkommen, als ich mit geöffneter Tür noch etwas im „Bett“ liege.

Mein Weg führt heute zu den Huka-Falls, ein beeindruckender Wasserfall im längsten Fluss Neuseelands, dem Waikato-River, der vom Lake Taupo abgeht. Er ist nur 10 m hoch, beeindruckt durch die Wassermassen, die in eine enge Schlucht stürzen.

Auf meiner Wanderung dorthin komme ich an heißen Quellen vorbei, die in den Fluss münden. Glücklicherweise habe ich daran gedacht, Badezeug mitzunehmen und probiere den Effekt auch gleich aus: Es ist, als ob man in einer Badewanne voller kaltem Wasser den Heißwasserhahn aufdreht. Richtig warm wird das Wasser nicht, eher verschlagen, aber kommt man dichter an den Wasserstrahl, wird es zu heiß. Sobald ich mich wieder weiter entferne, wird es kalt bis eisig und wunderbar erfrischend.

Von hier aus geht nun der Wanderweg von ca. einer Stunde zu den Wasserfällen, herrlich zu laufen. Die Sonne scheint, der Weg ist nicht zu voll, gerade angenehm, mal hoch, mal runter und immer wieder wunderschöne Aussichten. Zwischendurch sehe auf der anderen Seite den beschriebenen kostenfreien Zeltplatz. Laute Musik, viel fröhliches Getummel – tol für die Jugend, momentan zu viel für mich! Ich bin froh, auf dem ruhigen Platz untergekommen zu sein!

Von dem Wasserfall kann ich gar nicht genug bekommen, dieses hellblaue rauschende Wasser ist einfach umwerfend. Dazu dieses saftige Sommergrün der Bäume, es gibt kaum eine schönere Farbkombination als grün und blau!

Hinzu kommt der unglaubliche Lärm des reißenden Wassers, die immer wechselnden Muster auf den Schaumkronen, die kalten vom Wasser kommenden Lüfte, die Gerüche nach klarem Wasser. Ich drehe Videos, mache Bilder, möchte alles in mich aufsaugen. So etwas kann keine Filmreportage, können keine Fotos übermitteln – das ist Erleben mit allen Sinnen!

Den Rückweg gehe ich größtenteils mit einem älteren Ehepaar. So komme ich zwar meinem Zeitplan nicht hinterher, aber habe es nett und gemütlich. Die beiden sind mit einem urigen kleinen Wohnwagen unterwegs, sie schliefen auf dem Campingplatz mir schräg gegenüber. Das bekommen wir aber erst im Gespräch mit, bewusst habe ich die beiden nicht wahrgenommen, nur dass es relativ alte Leute sind, die mit diesem Gefährt rumreisen. Ich bekomme auch sofort eine Einladung, sie zu besuchen, wenn sie wieder bei sich zu Hause sind, doch da bin ich schon auf dem Weg nach Deutschland. Trotzdem freue ich mich. Ihr Weg geht nun weiter in den Süden, während ich ja plane, heute noch eine Stunde nördlich zu fahren.

Ich werde alles langsam angehen und fahre zunächst wieder ins Zentrum, Ziel ist die Bücherei, um zu schreiben. Doch unterwegs komme ich an einem Japanischen Restaurant vorbei und genehmige mir ein Lunch, schön draußen sitzend und lecker!

Die „Aratiatia Rapids“ war einst ein richtig spektakulärer Teil des Waikato Rivers, bis die Regierung ein Wasserkraftwerk baute und damit die Strömung lahmlegte. Allerdings werden die Fluttore im Sommer viermal geöffnet, und da möchte ich die letzte um 16:00 nicht verpassen. So bleibt nur wenig Zeit in der Bibliothek, aber ich muss Prioritäten setzen….

Ich bin gut in meiner Zeit, kann mir noch aussuchen, von welchem Aussichtspunkt aus (es gibt derer zwei) ich das Spektakel beobachten möchte. Und pünktlich schießen die Wassermassen heraus und arbeiten sich Fluss-abwärts. Eben noch ein stilles Wässerchen, nun ein reißender Fluss, in dem ich nicht baden möchte. Diese Farben, dieses Aufwirbeln, dieser Krach, einfach unglaublich! Und weiterhin blauer Himmel und Sonnenschein! Das Ganze dauert eine Viertelstunde, dann ist alles wieder ruhig.

 

Inzwischen habe ich beschlossen, noch eine weitere Nacht in Taupo zu bleiben, das gute Wetter für einen kleinen Spaziergang und für ein Bad im See zu nutzen. Auf der Fahrt zu dem Staudamm sind mir ich die Ausschilderungen zu den „Craters of the Moon“ aufgefallen, letzter Einlass um 17:00 Uhr. Eine Minute vorher bin ich da und kann für 8$ den Rundweg um die dampfenden kleinen und großen Krater machen. Es ist wirklich beeindruckend, was die Erde da an Wärme, nein Hitze abgibt. Immer wieder stehen Warnschilder an den Wegen, dass der Boden überall unberechenbar ist und man auf keinen Fall die Wege verlassen soll, der Dampf kann einem schnell Verbrennungen zufügen. Dann und wann komme ich in den Genuss des Dampfes, dank des Windes, und er ist wirklich sehr warm bis heiß! Es ist auch ein toller Anblick, die dampfenden Felder überall verteilt.

       

Nach einer knappen Stunde bin ich am Ausgang und direkt hinter mir werden die Tore geschlossen.

Anschließend möchte ich mich im See abkühlen und finde eine schöne Bucht westlich der Stadt, in der ich ins Wasser springe. Es ist einfach nur herrlich! Ich schwimme eine ordentliche Runde und begebe mich dann auf den Campingplatz, um mich erneut einzuchecken.

Den älteren Herrn vom Spaziergang treffe ich beim Abwaschen wieder. Er erzählt mir, dass die beiden ebenfalls schwimmen waren- in der gleichen Bucht wie ich auch. Seine Frau hätte mein Auto auch gesehen, aber er hätte ihr nicht geglaubt, weil ich doch in Rotorua sei.

Der Tag war ganz nach meinem Geschmack und ich habe das Gefühl, er hat es geschafft, mich endlich mich mit dem Norden anzufreunden. Bisher fand ich alles schön und die Aussichten klasse, aber so begeistern wie der Süden, das schaffte diese Insel irgendwie noch nicht.

Heute komme ich an, anders kann ich es nicht ausdrücken. Ich bin wieder mehr bei mir selbst, komme mehr zur Ruhe.

Ich merke, dass dies Gefühl, was ich alles noch „schaffen“ möchte, nachlässt. Und denke darüber nach, wie ich das auch Zuhause abbauen kann. Wie oft möchte ich „was wegschaffen“, um Zeit einzusparen. Noch mal eben schnell…… Doch eigentlich nur, um danach das Gefühl zu haben, etwas gemacht zu haben, was ich mir anerkennen kann. So ein Quatsch! Ich weiß aber auch, dass die drei Monate nicht ausreichen, um alle Baustellen zu beseitigen, und so werde ich mich insbesondere in einem üben: Nachsicht mit mir selbst! Einige Baustellen habe ich schließlich in Angriff genommen, und wie ich finde, auch erfolgreich.

Natürlich gehen in meinem Kopf immer wieder Gedanken um, die sich damit beschäftigen, was ich machen möchte, wenn ich wieder zu Hause bin. Ich gebe das einfach mal so in Kladde wieder, denn bis es sortiert ist, dauert es vielleicht noch Wochen, abgesehen von der Unsicherheit, ob ich alles so ausführe

  1. Es hat mich in Wanganui beeindruckt, dass ich dort Yoga mitmachen konnte, zu einem mehr als fairen Preis, in einer gemütlichen Atmosphäre. Wäre eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin etwas für mich?
  2. Gleichzeitig habe ich aber auch immer wieder Spaß daran, meine Kenntnisse der modernen Technik weiterzugeben, meine Begeisterung darüber zu teilen. Was stört mich also an meiner derzeitigen Arbeit?
  3. Eine Idee ist, feste Zeiten anzubieten, in denen Leute einfach kommen können, Fragen stellen, Hilfe bekommen- und sich gegenseitig austauschen.
  4. Einen größeren Teil meiner Energie möchte ich darauf lenken, sowohl diesen Blog als auch das Wal-Tagebuch meines Großvaters zu veröffentlichen. Mein Leben lang habe ich gerne geschrieben und besonders auf dieser Reise merke ich immer wieder, wie gut es mir tut, und wie zufrieden es mich macht. Ich sollte doch daher mein Augenmerk auch darauf richten!
  5. Und dann ist da noch der ganze Gesundheitsbereich, das Miteinander von Körper, Seele, Geist, an dem ich so großes Interesse habe. Wie ich den einbauen kann, weiß ich noch gar nicht. Witzigerweise führe ich hier gerade auf dem Gebiet viele Gespräche, die mich inspirieren und die mir zeigen, wie groß das Interesse daran ist.

Es tut sich einiges in meinem Schädel, manches neu, manches wieder hervor geholt und neu sortiert. Was ich dann daraus mache, werden wir sehen. Es wird erst einmal weiter wachsen dürfen.

 

Donnerstag, 04.02.2016

Auf nach Rotorua

Nun geht es aber wirklich in den Norden. Ich verabschiede mich von dem netten Ehepaar, skype bei einem Cappuccino mit Bernd. Da hier das Wifi so gut ist, nutze ich die Zeit, um noch einen Blog-Teil hinein zu stellen und möchte dann losfahren. Hatte ich das Licht wirklich angestellt? Auf den Fall sagt meine Batterie mal wieder gar nichts. Mist! Ich spreche also jeden an, der mit dem Auto vorgefahren kommt, und es sind zum Glück einige, die mal eben einen Kaffee abgreifen oder zum Friseur, einem typischen Barbar – rein, mit der Maschine kurz rüber, fertig, 10$,fertig – gehen, doch alle ohne ein Überspielkabel im Auto oder in der Handtasche.

Dann habe ich endlich Glück: ein Mann hat gerade zu Weihnachten ein Erste-Hilfe-Set geschenkt bekommen und kann es bei mir testen: einen Akku mit Batteriekabel sowie Kabel für die moderne Elektronik, alles in einem kleinen Köfferchen. Es funktioniert einwandfrei, mein Motor startet sofort! Ich bin begeistert, bedanke mich und fahre zum nächsten „Ware Market“, um mir selbst so ein Teil zu kaufen. Da es dort nur recht schwere Varianten gibt, entscheide ich mich für ein einfaches Überspielkabel, einen hilfsbereiten Autofahrer werde ich immer finden. Leicht und günstig! Das Kabel, nicht der Autofahrer!

Nun ist es schon wieder fast Mittag. Ich verbringe noch eine Stunde in der Bibliothek und mache mich dann endlich auf.

An dem Damm, der vier Mal täglich geöffnet wird und den ich gestern schon besucht habe, mache ich meine Mittagspause. So kann ich von einem anderen Punkt, nämlich unten, die Wassermassen noch einmal bewundern, es ist bald 14:00. Ein Müsli und einen Tee bekomme ich rechtzeitig zustande, zwischendurch eine kleine Pause, weil ein Brite genaueres über mein Auto wissen möchte und mir erzählt, dass es doch gefährlich sei für eine Frau alleine. ??? Nö? Bisher nicht…

Erneut schieße ich diverse Bilder und drehe Videos vom reißenden Wasser – ich werde Wochen zu Hause brauchen, um alle Fotos zu sortieren und wahrscheinlich die Hälfte zu löschen!

Ich komme nun gut voran, die Straßen sind frei und relativ gerade, so dass die erlaubten 100 km/h auch fahrbar sind. 30 km vor Rotorua ist eine heiße Quelle ausgeschildert, zu der fahren möchte. Noch bevor ich sie erreiche, sehe ich ein paar parkende Autos, an denen sich zum Teil Leute gerade ihre Badesachen anziehen. Meine Neugierde ist geweckt! Ich bin an einer Badestelle gelandet, in der eine heiße und eine kalte Quelle zusammenfließen. Schnell in den Bikini geschlüpft und rein in das Badewannen-warme Wasser. Es ist wirklich ein Erlebnis! Mal weiter an der heißen Quelle, mal dichter an der kalten – so variiere ich die Temperatur. Das Becken ist klein, und wie selbstverständlich kommen die Besucher schnell ins Gespräch.

Ich plaudere länger mit einem jungen Schweden, der mir anschließend einen Wasserfall auf der Karte zeigen will. So folge ich ihm zu seiner Gruppe, bestehend aus seiner Freundin, einem jungen Israeliten und einer ebenfalls jungen Deutschen. Der Israelite bereitet gerade für alle einen Kaffee, und ich werde herzlich eingeladen. Das sind die Momente, in denen ich besonders froh bin, keinem Zeitplan folgen zu müssen! Wir sitzen noch gemütlich zusammen und verabreden uns für den Abend auf einem kostenlosen Campingplatz direkt an einem See. Und wieder einmal mache ich Erfahrung, wie toll es ist, verschiedene Nationen treffen zu können und dank des Englischen mit allen kommunizieren zu können.

Mein Weg führt über dampfende, spuckende Schlammlöcher, an denen ich immer mal wieder halte und Bilder mache. Diese murmelnden, dampfenden, blubbernden Löcher erinnern mich an die Harry Potter Filme. Irgendwie habe ich die ganze Zeit das Gefühl, da schlummert ein Ungeheuer, das Alpträume hat und schnauft. Leider kann ich hier keine Videos reinstellen….

 

Am See hat die kleine Gruppe bereits Mengen an Nudeln gekocht und ich werde wiederum dazu gebeten. Immerhin kann ich ein wenig Wein und geschnittene Paprika beisteuern. Wir haben es nett, bis das Jungvolk sich nochmals 26 km auf den Weg in die Stadt macht, um das Wifi zu nutzen. Ich bleibe lieber hier, gehe an den See, treffe neue Menschen, dieses Mal aus Frankreich und Italien, und gehe nicht so spät in meinen Schlafsack.

Freitag, 05.02.2016

Rotorua bei Regen….

Nachts um drei kommt doch glatt ein Auto, das zum See fällt, schnell das Licht ausmacht und dann höre ich das Geplappere von ein paar jungen Leuten. Das kommt mir sehr merkwürdig vor, das Kopfkino in seiner ganzen Fantasie schaltet sich ein, und ich bin ein wenig „scary“, ängstlich. Ein kurzer Gedanke schleicht sich an, einfach wegzufahren. Doch ich schließe mich von innen ein, das mache ich sonst nicht, und lausche auf die Stimmen. Klingen sie betrunken, oder womöglich aggressiv? Nein, weder, noch, und ich vernehme eine Frauenstimme. Blöderweise beruhigt mich das immer wieder. Wenn eine Frau dabei ist, kann es so schlimm nicht sein. Ich höre sie lachen, aber nicht böse oder gar bösartig. Und ca. 10 min später fahren sie wieder weg. Ich schlafe beruhigt wieder ein – und wundere mich zunächst am Morgen, dass ich nicht aus dem Auto komme – abgeschlossen….

Noch im Trockenen frühstücke ich mit den anderen, dann fängt es bald an zu nieseln und wird auch den ganzen Tag nicht wieder aufhören. Bevor ich ganz nass bin, mache ich mich auf den Weg, nach Rotorua sind es nur 30 km. Und in der Wettervorhersage ist nur von Schauern die Rede! (Dass es dazwischen die ganze Zeit nieselt, wurde wahrscheinlich für die Touristen geflissentlich übersehen!)

In Rotorua gibt es eine Menge dieser Krater, aus denen Wasserdampf herauskommt oder zum Teil brodelt. Die ganze Stadt riecht nach Schwefel, aber man gewöhnt sich relativ schnell daran. So gibt es eben auch viele Parks oder auch Einrichtungen mit verschiedenen heißen und weniger heißen Becken, in denen man wandern und/oder entspannen und baden kann. Die Neuseeländer verstehen es, damit Geld zu verdienen, allerdings wäre es auch zu gefährlich, die Touristen unkontrolliert durch diese vielen heißen Quellen herumlaufen zu lassen. Die Quellen sind zum Teil kochend heiß! Und der Boden drum herum ist nicht immer sicher!

In der Regenjacke erkunde ich erst ein wenig die Stadt, trinke einen Kaffee, sitze in der Bücherei – und bekomme dolle Heimweh! So ganz einfach von hinten schleicht es sich an! Ich habe doch noch gerade geschrieben, dass ich nun hier auf der Nordinsel angekommen bin. Aber wenn ich auch so gar nicht weiß, was ich machen soll…. Ich schaffe aber, dieses nicht so schöne Gefühl hinzunehmen und zuzulassen, mache mir aktiv Gedanken, wie ich aus diesem Tief herauskomme, und beschließe, mich erst einmal um einen Campingplatz zu bemühen und danach eine Therme zu besuchen.

Der Top10 – Platz bietet mir einen Stellplatz zu einem normalen Preis und hat auf dem Gelände selbst zwei Thermalbecken. So muss ich gar nicht weiterziehen, sondern lege mich ganz entspannt dort hinein. Im Regen ist dies noch eine besondere Atmosphäre. Nun bin ich schon mal wieder entspannter und nach einer ausgiebigen Dusche auch richtig erfrischt.

In der Stadt möchte ich später eine kleine Mahlzeit zu mir nehmen, gucke herum und suche mir einen Inder aus. Gerade als der Kellner mich platzieren möchte, kommt jemand auf mich zugelaufen, sagt „Silke!“ – die Schweizerin….. Es ist doch nicht zu glauben, dass ich denen schon wieder über den Weg laufe. Sie holen mich an ihren Tisch und haben noch so viel übrig, in separaten Schalen, dass ich davon auch noch satt werde. Eine kostenlose, aber doch ziemlich anstrengende Mahlzeit. Denn Hilde redet, unterbricht ihren Mann und redet weiter. Am liebsten würde ich aufstehen, mich an einen separaten Tisch setzen und meine Ruhe genießen, doch da wartet noch viel Lernpotential auf mich, das bekomme ich einfach nicht hin. Im Gegenteil, sie fragen, ob ich noch mit auf ein Bier in die Kneipe komme, -und ich sage ja! Doch dort ist es mir zu laut, wir wechseln noch einmal die Stätte, bis ich dann den Mut habe, zu sagen, dass ich eigentlich lieber ein wenig mehr Ruhe haben möchte und mich alleine vom Acker mache. Ich wandere noch etwas durch die Stadt, sage meinem Mann „guten Morgen“ und setze mich in ein kleines unkonventionelles Restaurant, trinke einen Tee und esse eine kleine Pommes – ganz für mich alleine! Dabei schreibe ich das Meiste diesen Teils, den Rest gerade an einer Wifizelle im Auto. Hinter mir dröhnt laute Musik, Rotorua ist in Feierstimmung, es ist Wochenende, Freitagabend.

Bei dem ganzen Regen nur ein Foto….: ein Fahrradbaum

Samstag, 06.02.2016

und dann bleibt der Regen aus- oh wie schön ist Rotorua!

Wenn man das Schlechteste erwartet, kann es nur besser werden. Vor ca. 20 Jahren hatte ich eine Freundin, die nur nach diesem Prinzip lebte und negativ dachte. Das wollte ich nicht und möchte es auch in Zukunft nicht. Grundsätzlich sind mir positive Gedanken einfach lieber.

Heute aber…. Ich rechnete nach der Vorhersage mit dem schlechtesten Wetter! Es sollte noch schlimmer als gestern den ganzen Tag regnen, und ich stellte mich darauf ein, viel Zeit in der Bücherei – zum Glück hat sie am Samstag hier geöffnet – und in Cafés zu verbringen und aufzupassen, mich nicht frusten zu lassen. Statt dessen….

Der Campingplatz steht ziemlich unter Wasser, so viel hat es in der Nacht geregnet. Auch weiterhin nieselt es leicht vor sich hin, aber das ist ja auch so angesagt. Auf jeden Fall möchte ich, egal bei welchem Wetter, einen Park besuchen, in dem es viele heiße Quellen gibt. Nach dem obligatorischen Skype mit Zuhause parke ich das Auto direkt am Parkrand und werde von hier aus das erkunden, was ich erkunden möchte, und noch mehr.

S

Schnell merke ich, wie sich wieder eine Traurigkeit anschleicht, doch heute setzte ich mich durch: „Hey, sammele deine Gedanken und lasse sie nicht so dahin gleiten! Pass auf, was du denkst, du kannst sie umlenken, das weißt du! Lebe den Tag bewusst und lass es nicht zu, dass so was wie Heimweh die Oberhand bekommt. Du hast noch fast drei Wochen, das sind für andere ganze Ferien! Und nutze sie gefälligst!“

Oh, ich bin richtig ein wenig streng mit mir, und das ist gut. Es gibt einen inneren Rutsch zur richtigen Seite. Ich richte mich auf, strecke meinen Rücken und gehe mit erhobenem Kopf weiter. Genau so, Silke!

Und plötzlich: Es hört auf zu regnen, und es scheint ein wenig heller zu werden. Und es wird noch viel heller, die Sonne kommt durch! Wenn das keine Belohnung ist!

Im Park bewundere ich die heißen Quellen, es sind wirklich sehr viele, die meisten von ihnen eingezäunt, damit es nicht zu Unfällen kommt. Allerdings sind die Holzzäune sehr niedrig, sehen damit gut aus – bieten aber keinen echten Schutz. Ein holländisches Ehepaar, das hier seit vielen Jahren lebt, erzählt mir an einem dampfenden Wasser, dass im letzten Sommer ein 9-jähriger Junge in eine Quelle fiel und dabei ums Leben kam. Was für ein schrecklicher Gedanke!

Nach meiner Runde komme dann zu einem Wochenmarkt. Die Hälfte der Stände bietet Gemüse an, die andere Hälfte Fastfood. Nahezu jeder, der mir begegnet, hat etwas zu essen in der Hand, und das nicht vom Gemüsestand. (Und sie sehen nicht so aus, als es Ihnen gut tut….) Ich bin zum Glück noch vom Frühstück satt, aber auch ansonsten würden mich die ganzen Spieße nicht ansprechen.

Mein Weg setzt sich in die Stadt fort, es ist allmählich Zeit für meinen Cappuccino.

Ich setze mich in das „fat dog“, wo ich gestern Abend meine Pommes aß, und genieße draußen meine Portion Koffein und einen Scone. Zum Nachtisch gibt es im dänischen Eisladen ein Lakritzeis – davon habe ich heute Morgen zum Glück noch von Sven erfahren. Mit meinem Eis schlendere ich zum See. Ach, ich freue mich, dass es nicht mehr nässt!

Von hier aus spaziere ich weiter zu einem Maori-Dorf. Man darf einfach so durchwandern, es gibt einen kleinen Laden und eine Kirche, die ich gegen eine Spende geöffnet ist.

Im Laden möchte ich mir eine kleine Kette kaufen und komme mit der Frau sofort ins Gespräch. Sie ist so offen und nett! Als sie erfährt, was ich zu Hause beruflich mache, erzählt sie mir von ihrem neuen Smartphone und dass sie damit gar nicht zurechtkommt. Ich lasse sie es holen- und dann verbringen wir bestimmt eine ¾ Stunde damit, ihr neue Sachen zu zeigen und einiges einzurichten. Es ist so eine Freude zu sehen, wie ihre Begeisterung wächst. Als sie es holte, meint sie, dass sie es eigentlich gar nicht bräuchte, weil sie zu Hause doch ihren Computer habe, aber nach einer halben Stunde bereits hat sie Sterne in den Augen und würde am liebsten den Laden schließen, damit sie in Ruhe alles ausprobieren kann. Manchmal muss sie nach vorne, weil neue Kunden den Laden betreten. Es dauert aber nie lange. Dauernd ruft sie aus: „oh my gosh!“ Was auch immer das heißen mag, das muss ich noch Googeln, es ist Begeisterung pur. Meine Kette bekomme ich geschenkt….

Glücklich, mal wieder jemanden mit meiner Begeisterung angesteckt zu haben, gucke ich mir noch den Rest des ganz regulär von Maori bewohnten Dorfes an und begebe mich anschließend in Richtung Park, an dem irgendwo mein Auto steht, natürlich am anderen Ende. Es kommen noch unzählige heiße Quellen, einige direkt in den Gärten, manchmal ganze Teiche. Ich werde von einer geführten Fahrradgruppe überholt und erfahre dabei, dass ein ehemals kalter Froschteich von der daneben liegenden heißen Quelle „überschüttet“ wurde, seitdem gibt es hier nun keine Frösche mehr…..

Eine hier lebendes holländisches älteres Ehepaar erzählt mir an einem dampfenden Wasser, dass hier im letzten Jahr ein neunjähriger Junge hineingefallen ist- er hat es nicht überlebt. Was für ein grausiger Gedanke!
Durch meine ganze Lauferei bin ich ziemlich verschwitzt und habe die gute Idee, in ein Thermalbad zu gehen Es gibt eines, das mit 11$ sehr günstig ist. Vorher werde ich aber noch Pflichten erledigen: Eis für meine Kühlbox kaufen, tanken und Wasser auffüllen. Als ich den Einkauf erledigt habe, gießt es in Strömen! Wie passend!
Die Therme ist ein kleines nettes Bad im Innenhof, mit zwei heißen Pools. Und von oben Regen, wunderbar! Es ist herrlich, zwischen dem relativ normaltemperierten und den heißen Pools hin und her zu wechseln, ein wenig zu schwimmen, dann wieder zu sitzen.

Durch meine ganze Lauferei bin ich ziemlich verschwitzt und habe die gute Idee, in ein Thermalbad zu gehen Es gibt eines, das mit 11$ sehr günstig ist. Vorher werde ich aber noch Pflichten erledigen: Eis für meine Kühlbox kaufen, tanken und Wasser auffüllen. Als ich den Einkauf erledigt habe, gießt es in Strömen! Wie passend!

Die Therme ist ein kleines nettes Bad im Innenhof, mit zwei heißen Pools. Und von oben Regen, wunderbar! Es ist herrlich, zwischen dem relativ normaltemperierten und den heißen Pools hin und her zu wechseln, ein wenig zu schwimmen, dann wieder zu sitzen.

Ich finde, es ist ein sehr gelungener Tag, den ich mit einem Burger, ebenfalls im fat dog, abschließen werde. Dort beginne ich mit dem Schreiben, das ich nun im am neuen Campingplatz angrenzenden Mc. Donalds bei einem Pfefferminztee und mit dessen Wifi beende.

 

Sonntag, 07.02.2016

Redwood Forest und Whakatane

Ich bin ziemlich früh wach, die Sonne scheint, und ich mache mich recht schnell auf den Weg zu Mc. Donalds, wo ich heute mein Frühstück einnehmen werde – Erinnerungen an unseren letzten Urlaub in den USA! Vor allem aber WIFI! Das Frühstück ist allen Ländern unterschiedlich und da passt sich Mc. Donalds auch immer an. Somit fällt mir die Auswahl nicht schwer, ich nehme einen Pie mit Rührei. Das einzige für mich Essbare….

Es ist für mich unfassbar, was sich viele Neuseeländer hier morgens reinhauen: fett, fetter, am fettesten! Speck, Eier ganz viele, Röstis, noch mehr Speck…. Das Ganze auf Labbertoast.

Foto bei Mc. Donalds

Nachdem ich nicht so ausführlich wie sonst mit Bernd telefonieren konnte – die Fastfood-Kette bietet nicht unendlich Wifi -, fahre ich noch einmal zum Campingplatz zurück, um zu bezahlen. Gestern Abend hatte die Anmeldung schon zu, und ich gestehe, ein kurzer Gedanke war da, die Zeche zu prellen, aber irgendwie hab ich das Gefühl, so was kommt irgendwann in irgendeiner Form zurück…

Am Rande von Rotorua ist der Redwood-Forest, in dem ich heute eine Wanderung machen möchte. 10 min Anfahrt, schon bin ich da, und um diese Uhrzeit sind nur noch ein paar Jogger unterwegs. Es ist Sonntag und gerade mal kurz nach neun.

Gleich zu Beginn gibt es einen 12 m hohen Weg durch die Bäume, Kosten 25$, was ich wahrlich übertrieben finde.

Ich lasse mich im Visitor-Center beraten. Der junge Mann schlägt mir die gelbe Route vor, die meiner Zeitvorstellung entspricht und ich beginne, sie abzuwandern. 7,5 km in 2 Stunden, so sind durchaus meine Wünsche für heute Morgen. Doch der Weg führt schnell aus diesem wunderschönen Wald hinaus, hoch auf einen Hügel, mitten in die Sonne, kein schöner Waldboden mehr. Nein, das will ich nicht, ich will zurück! Das ist doof hier! Meine Suppe ess ich nicht, ich esse meine Suppe nicht! So schnell kann die gute Laune umschlagen.

Und ich kehre um, ab in den Wald zurück! Nun gehe ich die grüne Route, die zwar nur 1,5 Stunden dauern soll, aber wunderschön durch eben diesen Forest läuft. Ich bin wieder glücklich und zufrieden, so möchte ich das. Es geht an den dicken riesigen Bäumen vorbei, mal hoch, wieder runter, Palmen und Farne zwischendurch. Immer mal wieder kreuzen sich die Wege, alle bis auf den gelben! Es ist für jeden Geschmack und jedes Fitness-Level etwas dabei.

Ich würde gerne an einem dieser wunderbaren Bäume meditieren- aber ich trau mich nicht. Zu oft kommen Leute vorbei, und so cool bin ich heute nicht. Immerhin will ich mich nicht einfach nur hinstellen, den Baum umarmen – oh ich sehe euer Grinsen!- dann möchte ich auch an nichts denken und nicht darauf achten, ob jemand kommt oder nicht. Ganz frei bin ich davon nicht, was die Leute von mir denken.

Nach insgesamt 1,5 Stunden bin ich wieder am Anfangspunkt, und sehr erstaunt, wie voll es inzwischen geworden ist. Nicht nur Autos, ganze Busse stehen auf dem Parkplatz. Am Kaffeestand ist eine richtige Schlange. Ich esse eine Kleinigkeit am Auto und fahre ein Stück weiter, bis ich einen Blick auf weitere zwei große Seen habe, und drehe um.

Meine Route führt mich weiter in den Osten. Das nächste Ziel liegt 75 km entfernt, die ich auch relativ zügig durchfahre. In Whakatane mache ich zunächst eine längere Essenspause. Ich koche mir einen Tee und setze mich mit einem Müsli auf eine Picknickbank, Blick auf das Wasser. Wunderschön! Und das ganze bei Sonne! Anschließend lasse ich mich in der Information beraten und freue mich auf eine kleine Wanderung durch ein Gebiet, das wieder reich an Vögeln sein soll. Ich bin gespannt.

Doch bevor ich dort ankomme, fahre ich an einem Maori-Versammlungshaus vorbei, an dem groß „Open“ steht. Ich parke den Wagen und gehe hinein. Es ist wunderschön gemacht. Das Versammlungshaus selbst ist abgeschlossen. Täglich kann man Führungen buchen, heute aber nicht mehr.

     

Daneben ist ein modernes Ausstellungsgebäude, in dem ich mir einen kurzen Film über die Geschichte des Versammlungshauses ansehe. Das ist nämlich quer durch die Welt gereist, immer wieder ab- und dann wieder aufgebaut worden. Das Mädel, das dort arbeitet, macht mich auf die Tafeln aufmerksam, auf denen noch weitere Maori-Stätten des Ortes beschrieben sind, die ich dann noch besuchen werde. Durch den Film und das Gespräch wird mir klar, dass in dieser Gegend die Maori erst vor 140 Jahren „missioniert“ worden sind. Deswegen haben sie ihre heilige Stätte auch erst einmal nach Sydney geschafft. Vor 140 Jahren haben sie hier noch ganz nach ihren eigenen Ritualen gelebt! Ein Neuseeländer hat mir bei meinem Müsli erzählt, dass die Maori hier viel Geld von der Regierung bekommen haben, um hier wieder ganz gut leben zu können und auch ihre Rituale abhalten zu können. Dazu gehörte dann auch, das Haus zurück zu holen.

Auf jeden Fall bin ich nach dem Gespräch sehr beeindruckt und fahre zunächst durch den Ort, um mir die anderen Stätten anzusehen. Es ist großartig, das so zu erleben! Die Maori sind hier so selbstverständlich, es leben viele in diesem Ort.

Nun geht es zu dem Vogel-Wald. Die Wanderung fällt mir gar nicht so leicht, dachte eigentlich, ich bin fitter. Es geht gar nicht so steil bergauf, aber über viele Treppenstufen – ich komme ganz schön ins Schwitzen. Aber mein Schweinehund hält seine Klappe und ich mich wacker. Es ist auch wirklich ein wunderschöner Weg, so durch die Bäume, langsam weg von der Straße – nur die versprochenen Vögel halten sich bedeckt. Ich höre wohl einige, aber auch das nicht so viel wie erwartet. Plötzlich zeigt sich ein kleiner, und der ist offenbart darauf trainiert, Touristen zu verwirren. Er fliegt nicht weg, jedenfalls nicht weit, kommt immer wieder nahe ran und lässt sich auch von Joggern nicht vertreiben. Sobald ich jedoch den Auslöser drücke, ist er ein Stückchen weiter oder näher geflogen, hat sich auf jeden Fall bewegt. Ich bekomme kein scharfes Bild. Als ich aufgebe, bleibt er sitzen und lässt sich zum Abschluss noch mal ablichten. Ich sehe förmlich sein Grinsen und habe meinen Spaß!

Das letzte Stück geht an der Straße entlang und ist durch den Mangel an Schatten anstrengend. So bin ich froh, als ich an meinem Auto bin, das zum Glück noch im Schatten steht.

20 km entfernt liegt ein DOC-Campingplatz (Naturcamping), den ich ansteuere. Ich möchte mal wieder ein paar Dollar sparen, und außerdem sind sie immer so schön in der Natur und ruhig. Als ich ihn erreiche, traue ich meinen Augen kaum: dieser ist ziemlich groß, sehr gut besucht, und abends gibt es Live-Musik von einem Alleinunterhalter. Er ist nicht schlecht, zum Glück, trotzdem würde ich das Wellenrauschen vorziehen…. Und ein Durchhaltevermögen hat der Kerl, das ist schon fast bewundernswert. Ich denke mal, dass morgen wieder ein Feiertag hier ist, irgend so etwas hab ich am Rande mitbekommen, und dementsprechend sind hier viele aus der Region auf dem Platz.

Zwei kleine Mädels besuchen mich an meinem Auto, sie sind erstaunt, dass ich im Auto schlafe. Sie kommen aus der Stadt, in die ich morgen fahren werde, also echte „Locals“. und sind sehr beeindruckt, das ich so umherreise. Ich bekomme mit, wie sie ihren Eltern, die gerade des Weges kommen, erzählen, dass ich so durch die ganze Welt reise, jeden Tag weiter! Ich werfe ein, dass Neuseeland ja nun noch nicht so ganz die ganze Welt sei … Ich freue mich immer besonders, wenn ich mich mit Kindern unterhalten kann – und sie mich verstehen!

Dienstag, 09.02.2016

Waihi-Beach und weiter zum Hot Water Beach- ein doofer und ein toller Tag

So, heute werde ich wieder einmal für zwei Tage schreiben. Den gestrigen könnte ich eigentlich auch gleich in die Tonne treten, der war nicht so wirklich toll. Aber auch solche gibt es immer wieder, und ich habe das Gefühl, zum Ende hin häufen die sich. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass mich nun langsam die Probleme oder/und Gedanken, die ich zu Hause hatte, und die einfach in mir drin sind, hier einholen. Und das bezieht sich nicht nur auf das „Was mache ich“, sondern einfach auf viel Traurigkeit, dass mein Leben sich derzeit verändert. Und wenn da das Wort „einfach“ in seiner ursprünglichen Bedeutung wäre… Aber im Gegenteil, es ist gar nicht einfach…. Und schon gar nicht, wenn man Silke Zacharias heißt.

Eigentlich fängt der Tag gar nicht so schlecht an. Mein Weg führt mich zunächst nach Mt. Manganui, einer kleiner Stadt kurz vor der größeren Tauranga. Den Berg, der dem Ort gibt, möchte ich gerne hoch wandern. Was mir gar nicht klar ist, dass es ein ziemlicher Touristenort ist mit einem Schiffsanleger für Kreuzfahrtschiffe, und dementsprechend ist der Trubel! Und dann ist auch noch Feiertag! Oh weih, ich fühle mich fürchterlich unwohl, gehe auf einem kleinen Felsen etwas spazieren, habe keine Lust mehr auf den Berg, auf dem sich Massen bewegen, gucke mir das große Schiff an – und würde am liebsten einsteigen. Hallo? Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff hab ich eigentlich für mich abgeschrieben, doch der Wunsch kommt sofort, als ich es sehe.

Nein, diesen Stein gebe ich nicht wieder her!

Da Tauranga noch größer ist, fahre ich da schnell vorbei und komme bis Waihi, einer kleinen Stadt, die heute am Feiertag und um diese Uhrzeit sehr verloren wirkt. Im Visitor-Center erfahre ich, dass auch heute noch hier Gold abgebaut wird. Ich aber möchte schnell weiter. Unterwegs hierher wurde ich so traurig, dass ich am liebsten sofort den Flug nach Hause vorverlegen möchte. Diese Traurigkeiten kenne ich gut, sie kommen immer mal wieder, warum also nicht hier… Ich nenne sie für mich „Opa ist tot-Traurigkeit“, auf Gut-Deutsch: Weinen auf Knopfdruck. Was im Einzelnen in mir abgeht, weiß ich dann auch nur zum Teil. Zuhause hilft da eine schöne Tasse Tee auf einem gemütlichen Sofa- hier ein guter Campingplatz!

In Waihi-Beach, 10 km von dem Städtchen entfernt, finde ich einen von Top10, der zwar teuer ist, doch das ist es mir heute wert. Und der Platz ist es wert! Toller Pool, prima Küche und sanitäre Einrichtungen, alles sehr ansprechend gemacht mit viel Grün und noch mehr Platz! Ich dusche erst einmal ausgiebig, gehe dann in den Pool und fühle mich langsam besser. Eine Pizza sowie das Frühstücksskypen mit Bernd hilft mir dann endgültig, aus meinem Tief wieder rauszukommen. Und so blicke ich zuversichtlich auf den nächsten Tag.

Relativ zeitig gehe ich in meinen Schlafsack und bin dementsprechend heut morgen gut ausgeruht. Der Tag kann beginnen und meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass meistens nach einem Tag wie gestern eine netter kommt. Und so ist es auch!

Weil ich weiß, wie gut mir immer die Bewegung tut, werde ich einige wenige Kilometer ins Innenland fahren, in eine Schlucht, die Karangahake Gorge, in der ein netter historischer Wanderweg sein soll. Dort wurden über lange Zeit Quarzerze abgebaut, und die Eisenbahnstrecke, die durch z.T. lange dunkle Tunnel führt, ist längst stillgelegt und als Wanderweg umfunktioniert. Schon die Fahrt dorthin ist wunderschön und gar nicht lang. Unterwegs gibt es einen kleinen Abstecher zu einem Wasserfall und dann beginne ich mit der Wanderung. Es macht wirklich Spaß! Und: ich durchlaufe die finsteren Tunnel, als hätte ich niemals etwas anderes getan. Okay, mit ein wenig Herzklopfen. Schon vorher weisen Schilder darauf hin, dass man eine Taschenlampe benötigt, und das ist in der Tat so. Vor 10 Jahren wär ich umgedreht, da wäre ich keinen Schritt weitergegangen, wo ich nicht mal das Ende oder sonst was sehen konnte. Und heute? Hinein! Juhu! Ich traue mich!! Oh, was bin ich stolz! Ganz alleine und ohne andere Touristen! (Für die, die mich nicht so kennen: lange, lange, mussten wir den Elbtunnel umfahren, weil ich es nicht konnte…..man nennt es Klaustrophobie… )

Ich gehe zwei Rundwege, jeweils mit Tunneln (der eine ist 1000 m lang und hat einen wunderschönen Klang!) und danach im ehemaligen Bahnhof einen Tee trinken. Ja, der Tag fängt gut an heute, absolut!

Weil ich noch einkaufen muss, mache ich auf der Rückfahrt noch einmal einen Abstecher in die kleine Stadt Waihi. Und siehe da, mit besserer Laune und ohne Feiertag ist sie belebter und ansprechend. Ich wandere noch einmal kurz zu einer Ruine hoch und bin sehr erstaunt, als ich in ein riesiges Abbaugebiet blicke. Das hatte ich nun gar nicht erwartet. Man könnte ganz drum rum wandern, doch ich gehe nur einen kleinen Teil.

Und manchmal verschätze ich mich immer noch beim Einparken mit der Länge…..

Anschließend kaufe ich ein, fülle Wasser auf und trinke noch einen Cappuccino, bevor die Fahrt weitergeht. Außerdem versuche ich noch Geld abzuheben, mein Bargeld neigt sich dem Ende und wer weiß, wann ich wieder einen Automaten finde. (Ach ja, das kam gestern auch dazu: der Bankautomat gab mir kein Geld, meinte, meine Karte sei ungültig. Da ich gerade an einer Wifizelle stand, konnte ich überprüfen, dass auf dem Konto auf jeden Fall genügend war. Vielleicht lag es am Automaten?) Nun, der hier gab auch nichts raus. Die Bank hatte noch geöffnet, konnte mir aber auch nicht weiterhelfen, allerdings, nachdem ich meinen Pass geholt habe, mir jedenfalls mit der Kreditkarte Bares auszahlen.

Mein nächstes Ziel ist wiederum ein Wanderweg, der zu Wasserfällen führt. Es dauert etwas, bis ich den Ausgangspunkt finde, und vorher muss ich noch durch einen „Ford“, immer wieder eine echte Überwindung! Fahren durch richtig hohes Wasser….

Ein Ford: tiefes Wasser, durch das man fahren muss….

Doch dann ist der Parkplatz plötzlich da und der Weg beginnt. Angesetzt sind 1,5 Stunden hoch und eine runter, doch munter wie ich bin, und der Weg ist nicht schwer, bin ich nach 1,5 Stunden wieder am Auto. (Oder hat man mit einer 90-jährigen Gruppe die Zeit gemessen? Am Krückstock? Oder mit Rollator?)

Wieder einmal kommen und gehen die Gedanken. Wie wird es sein, wenn ich wieder zuhause bin? Wie komme ich wieder in den Alltag? Habe ich mich verändert? Bestimmt, denn drei Monate Auszeit machen etwas mit einem. Und da ich immer schon immer Angst vor der eigenen Veränderung hatte, ist die dementsprechend auch da. Trotzdem freue ich mich, bin gespannt, alle wiederzusehen! Es ist komisch, dass bei denen die Zeit ja auch nicht stehen geblieben ist. Ich freue mich auf diverse Gespräche, bin neugierig, was so passiert ist. Es ist eigentlich kein wirkliches Heimweh, das ich habe, außer in Momenten wie gestern. Heimweh kenne ich von früher viel zu gut. Das Gefühl war gemischt mit Ängsten, dass ich weg sein musste, dass etwas passieren könnte und ich nicht mehr nach Hause kann. Alleine sein muss! Klar, kein wirklich realistischer Gedanke – aber seit wann sind solche Ängste schon realistisch? Und wieder einmal mache ich mir innerlich eine Notiz, dass ich der Schmerzklinik noch einmal danken möchte! Diese Traurigkeiten sind im Vergleich zu den früheren Ängsten nichts, lächerlich und gut erträglich. Denn darüber kann ich reden, weinen – aber erzähle mal jemandem in deiner Not, Du hättest Angst, nicht mehr nach Hause zu dürfen, weil da vielleicht gerade die Pest ausgebrochen ist oder hier der Krieg gegen keine Ahnung wen ausgebrochen ist und nun sind alle Grenzen dicht sind. Noch weiß ich nicht, wie die psychiatrischen Kliniken in Neuseeland aussehen, und ich möchte und brauche es auch gar nicht auszuprobieren. Dagegen die Traurigkeit, da hilft schon manchmal ein Tränenschwall, wenn das Leid der Welt über mich kommt. Genug jetzt, denn mir geht es ja wieder gut!

Den Campingplatz habe ich zwischendurch telefonisch gebucht und kann so in Ruhe die Stunde Fahrt dahin genießen. Die Straße führt bergauf und wieder runter, wunderschöne Aussichten, obwohl es recht grau ist. Und dann bin ich bei den „Hot Pools“, dort, wo man sich bei Ebbe am Strand ein Loch graben kann und auf bestenfalls nicht zu heißen Wasser stößt. Ebbe ist aber erst morgen Nachmittag und so werde ich den Vormittag noch anders verbringen – Besichtigung der Cathedral Cove, einer Höhle. Am Morgen oder am späten Abend soll es am schönsten sein, weil dann nicht die Menschenmengen unterwegs sind, also werde ich mir den Wecker auf 6:00 stellen. Ich bin gespannt und guter Dinge!

Der mir zugewiesene Platz beinhaltet eine wunderschöne Rasenfläche, die ich gleich nutze, um meine Yogamatte auszurollen und ein paar Übungen zu machen. Ich habe Videos auf meinem iPad, das ich neben mich stelle. Es ist daher schon fast dunkel, als ich mir ebenfalls auf meinem Platz Nudeln mit Olivenöl koche und esse. Mit einem Becherchen Wein. Ach, was habe ich es gut! Gestern? Liegt weit weg!

Mittwoch, 10.02.2016

Hot Water Beach

Was für ein schöner Tag heute! Ich stehe ganz früh auf, viertel vor sechs und mache mir ein kleines Frühstück. Noch ist es ziemlich dunkel, aber ich möchte nun mal ganz früh an der Cathedrale Cove sein, ganz ohne den Massentourismus. Es ist etwas bewölkt, aber das  macht nichts.

Es stehen nur zwei weitere Autos auf dem Parkplatz, und ich frage mich wirklich wie der am Tage ausreichen soll. Strenge Verbotsschilder am Straßenrand, dass man da auf keinen Fall halten darf. Und einige Haushalte, die das gleich ausnutzen und ihre Vorgärten für 10$ anbieten. Nun ja, für mich ist Platz genug. Langsam geht die Sonne auf, sie ist allerdings bisher nur zu vermuten.

Der Weg zur Höhle beträgt angeblich 45 min, es geht fast nur bergab, also bin ich schnell da.

Ein riesiger Tunnel durch einen Fels, es ist schon sagenhaft, was die Natur so zustande bringt – aber durch die Cathedral Cove auf der Südinsel habe ich noch mehr erwartet. Ich suche erst einmal noch einen Eingang zur Höhle, doch es ist wirklich der Tunnel, um den es hier geht. Auch gut, er ist schon ein Naturwunder, nur eben nicht so ein tolles wie ich erwartet habe. Das macht aber gar nichts. Ein junges Pärchen sitzt gemütlich am Meer und betrachtet den Sonnenaufgang. Wir machen von uns gegenseitig Fotos, ansonsten ist keiner von uns in wirklich kommunikativer Laune. Ich wandere noch ein wenig in dieser Bucht auf und ab, erfreue mich an der Stille und wandere dann in aller Ruhe zurück.

   

Auf dem Campingplatz nehme ich dann ein zweites Frühstück zu mir. Der Tag ist noch lang, entspannend, denn ich habe beschlossen, eine weitere Nacht hier zu verbringen. Und so schreibe ich, lese, trinke Cappuccino – dieser Campingplatz hat einen wunderbaren Kaffeeautomaten in der Küche! Für 3 $ bekomme ich einen leckeren Becher! Die Sonne scheint, es ist herrlich warm. Das Entspannen, einfach nichts zu tun, das tut mir gut. Mir ist schon klar, dass ich das in der letzten Zeit vermisst habe, wusste nur nie, wo ich wirklich mal zwei Tage bleiben wollte. Hier bietet es sich nun an, weil ich die eigentliche Attraktion des Ortes, nämlich die Hot Water Quellen am Strand, erst heute Nachmittag bei Ebbe wahrnehmen kann. Und danach möchte ich dann nicht weiter fahren und mir wieder überlegen, wo ich die Nacht verbringe. Es ist genau richtig so.

So gibt es bis nachmittags nichts weiter zu berichten, keine tiefen Gedanken, keine Wanderungen, einfach nur „Gar nichts“, und davon viel.

Gegen 13:30 mache mich dann auf den Weg zum Strand. Von Campingplatz ist es ein 10 Minuten-Gang, das Auto kann ich also wunderbar hier lassen. Ich rüste mich mit einer Schaufel aus, die ich mir hier leihen kann. Dort angekommen, ist die Region schnell zu finden: Menschenmengen buddeln überall oder wälzen sich in Sandkuhlen. Ich beginne mit dem Suchen einer warmen Quelle, die ersten Stiche sind Fehlversuche – kaltes Wasser. Hm, also weiter suchen. Nächster Versuch: kochend heißes Wasser! Auch nicht zu gebrauchen, aber immens beeindruckend! Noch ist nicht ganz Ebbe, und so kommen einige Wellen noch sehr dicht und überschwemmen mal eben die mühsam gegrabenen Mulden. Es folgen kollektive Aufschreie, weil das Wasser so kalt ist, daraufhin kollektives Gelächter, weil alle aufgeschrien haben. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung. Bald habe ich auch mein warmes Loch und genieße die Badewannen-Temperatur mit ab und an Zuspülungen aus dem Meer.

Der Strand wird die ganze Zeit von zwei jungen Männern bewacht, die im Notfall erste Hilfe leisten. Vorwiegend geht deren Blick aber aufs Meer, denn dort kühlen sich viele ab und die Wellen des Ozeans schlagen hoch und sind kräftig, ganz abgesehen von den Felsen, die ebenfalls gefährlich werden können. Zu meinem Glück passiert die ganze Zeit nichts. Zwischendurch stellen die beiden an einem Teil des Strandes, der sich durch die sich weiter entwickelnde Ebbe vergrößert, ein Schild auf: „Vorsicht, heißes Wasser“. Selbst über diesen Sand kann ich nicht laufen, ohne mir die Füße zu verbrennen. Ich bin nicht die einzige, die das ausprobiert. Es ist absolut beeindruckend, diese heißen Quellen direkt am Strand. Die meistens vom kalten Wasser verdeckt sind, es aber trotzdem wärmen.

   

Auch ich kühle mich in den Wellen ab und bin wieder einmal von der Kraft der Wellen fasziniert. Teilweise kann ich ihnen nicht standhalten.

Nach ca. 2 Stunden mache ich mich wieder auf zum Campingplatz, dusche und mache da weiter, wo ich vorher aufgehört habe: Cappuccino und Lesen.

Nach meinem schnell gekochten Abendessen sitze ich noch draußen vor der Küche. Zwei Jungs, deutsch, setzen sich zu mir und wir kommen schnell ins Gespräch. Und wieder zeigt sich, wie klein die Welt ist. Auf die Frage, von wo ich komme, erwähne ich Worpswede. Daraufhin fragt mich der eine, ob ich eine Familie xxx kenne. Klar, die Tochter ist mit meinem Sohn im Kindergarten gewesen. Die Eltern kenne ich auch ganz gut, und witzigerweise habe ich erst vor wenigen Tagen an die beiden gedacht. Seine Freundin wohne mit eben dieser Tochter zusammen, aber nicht in Bremen, nein in Holland. Ist die Welt klein! Die beiden kommen übrigens aus Gütersloh, also keinen weiteren Kontakt zu meiner Heimat. Und dass Worpswede „doch das Dorf ist, in dem der Edeka auch sonntags geöffnet hat“, das hat ihn so beeindruckt, dass er sich das gemerkt hatte. Ich füge hinzu, „nicht nur der Edeka…“

Als es schon dämmert, gehe ich noch eine kleine Runde an den Strand und dementsprechend im Dunkeln zurück.

  

Wieder einmal stelle ich fest, wie mutig ich (für meine Verhältnisse) geworden bin – früher hätte ich mich bei den dunklen Wegen, alleine wie ich gerade bin, ganz schön beeilt und immerzu Angst oder ungute Gefühle gehabt. Nun gar nicht, im Gegenteil. Ich finde es spannend, denn wer soll mir denn was tun, wenn doch keiner da ist…. Und ich bleibe sogar in der Einsamkeit ein wenig stehen, um Sterne mit meiner Sterne-App zu beobachten.

  

(Sky Guide)

 

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